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Betroffene von Diabetes wissen oft nichts von Krankheit

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Rund zehn Prozent der Bevölkerung leidet darunter
©DANIEL SORABJI, AFP, APA
Etwa zehn Prozent der österreichischen Bevölkerung leidet an Diabetes mellitus. Das ist allerdings nur eine Schätzung, wie die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) am Dienstag bei einer Pressekonferenz bekannt gab. Denn davon seien nur 70 Prozent diagnostiziert, weitere 30 Prozent dürften darunter leiden, ohne es zu wissen. Das seien 800.000 Menschen, sagte ÖDG-Präsident Peter Fasching. Er wünscht sich routinemäßige HbA1c-Bestimmungen etwa bei Gesundenuntersuchungen.

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Auch bei Krankenhausaufnahmen kann sich der Internist die verpflichtende Bestimmung des Langzeitzuckers vorstellen. Er präsentierte erschreckende Daten, etwa aus oberösterreichischen Krankenhäusern. Bei 3.000 aufgenommenen Patientinnen und Patienten zeigte sich in einer aktuellen Screening-Studie mittels HbA1c-Messung, dass mehr als jede zweite Person (51,5 Prozent) eine Störung des Glukosestoffwechsels hatte - entweder Diabetes oder Prädiabetes. Die Krankheit und ihre Vorstufen würden viel häufiger auftreten, als vielen bewusst ist, betonte Fasching.

Weltweit sehen die Zahlen noch schlechter aus, nahezu die Hälfte der Betroffenen kennt ihre Erkrankung nicht. Vor allem in Ländern, wo der Zugang zu Diagnostik und Therapie eingeschränkt ist, leben drei Viertel aller Menschen mit Diabetes.

Wichtig wäre auch, der Bevölkerung eine flächendeckende, präventive Lebensstilberatung anzubieten. "Zu wissen, was hält mich gesund und was macht mich krank", sagte Fasching im Vorfeld des Weltdiabetestages am 14. November. Vor allem bei Menschen ab einem Alter von 40, 50 Jahren, mit Übergewicht oder mit einer genetischen Vorbelastung sollte der Blutzuckerhaushalt regelmäßig angeschaut werden. Da die Nüchternblutzuckermessung nicht immer verlässlich ist, plädierte der Mediziner eben auch auf die Messung des Langzeitwertes HbA1c. Leider werde oft "der Sparstift angesetzt", sodass dieser Wert bei den Laborleistungen bzw. bei der Spitalsaufnahme nicht gemessen werde.

Dabei gebe es bei der modernen Diabetestherapie enorme Fortschritte, wie etwa die Spritzen zum Abnehmen und zur Behandlung von Typ-2-Diabetes. Bereits beim Einsatz von Prädiabetes kann man mehr als fünf Jahre lang den manifesten Diabetes verhindern, so Fasching. "Die heute in den Leitlinien etablierten SGLT2-Hemmer und Incretinmimetika bieten Betroffenen nicht nur einen umfassenden Organ- und Gefäßschutz, sondern ermöglichen ein Leben mit deutlich weniger Einschränkungen im Alltag." Erhöhter Blutzuckerspiegel, häufige Blutzuckermessungen, starre Essenszeiten oder Gewichtszunahmen seien so für viele nicht mehr alltägliche Belastungen.

Aber auch moderne Technologien helfen Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 und insulinbehandelten Typ 2 bei ihrer Therapie. Kontinuierliche Glukosemessungen mit Predictive-Algorithmen oder aber auch Automated Insulin Delivery (AID) Systeme ermöglichen eine präzise, automatisierte Diabeteseinstellung, reduzieren Risiken und steigern die Lebensqualität, sagte Julia Mader vom ÖDG-Vorstand. Gerade eben wurde ein neuer Sensor getestet, der eine gute Performance im Vergleich zu kapillären Werten lieferte und der auch den Glukosewert in den nächsten zwei Stunden oder in der Nacht voraussagen kann, um Unterzuckerungen zu vermeiden.

Wermutstropfen ist aber auch, dass nicht alle fünf AID-Systeme in Österreich zur Verfügung stehen, so Mader. Zwei gibt es hierzulande, wobei ein System bald vor dem Aus stehen könnte, da die Finanzierung durch die Österreichische Gesundheitskasse für die Zukunft nicht sicher sei. Zu kämpfen hat auch Maria Fritsch, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde in Graz, mit dem Pilotprojekt DiAB-Kids zur mobilen Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus Typ 1, dem ein Stopp droht. "Das ist eine Katastrophe", sagte Fritsch. Gerade Familien mit sehr kleinen Kindern, die an Typ 1 erkrankt sind, wurde hier eine gute Starthilfe gegeben.

Der Weltdiabetestag steht heuer im Zeichen der Krankheit am Arbeitsplatz. Die International Diabetes Federation (IDF) will die Arbeitswelt als relevanten Lebensbereich stärker in den Blick nehmen. Sieben von zehn Menschen mit Diabetes sind im erwerbsfähigen Alter, so Gersina Rega-Kaun, Erste Sekretärin der ÖDG. "Millionen Menschen mit Diabetes stehen täglich vor Herausforderungen am Arbeitsplatz - von Vorurteilen und Diskriminierung bis hin zu psychischen Belastungen. Um ihre Krankheit zu managen, brauchen diese Menschen flexible Pausen, Privatsphäre für die Insulingabe und Verständnis bei Ausfällen.

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