von
Bei der modernen Präzisionsmedizin werden in der Onkologie zum Beispiel aufgrund von genetischen Untersuchungen ganz exakte Zielstrukturen auf Krebszellen identifiziert. Immer mehr Therapeutika werden entwickelt, die ausschließlich in diesen Fällen wirken. Das entspricht einer starken Individualisierung der Behandlung. Umgekehrt kann man aber auch über die Austestung von Krebsmedikamenten im Labor an bösartigen Zellen der Betroffenen versuchen, Erfolg versprechende Therapeutika zu finden.
Jetzt liegen die Ergebnisse einer bereits im vergangenen Jahr in der Wissenschaftszeitschrift "Nature" im Voraus als wahrscheinlich "wegweisend" bezeichneten Untersuchung vor. Im Rahmen der sogenannten EXALT-2-Studie verglichen Hämatologen um Lukas Kazianka und Philipp Staber (MedUni Wien/AKH), von anderen österreichischen Universitätskliniken (Salzburg, Linz, Innsbruck) sowie von deutschen Zentren (z.B. Berliner Universitätsklinik Charité) und von der Grossman School of Medicine (New York) die beiden Wege zur Auswahl der jeweils richtigen Mittel einer gezielten Therapie von Blutkrebs. Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift "HemaSphere" publiziert (DOI: 10.1002/hem3.70129).
Bei 54 Patientinnen und Patienten (98 Prozent), bei denen eine Behandlung bereits fehlgeschlagen war oder die einen Rückfall erlitten hatten, konnten sowohl die genetischen Untersuchungen als auch die Tests im Labor mit möglichen Therapeutika durchgeführt werden. "Das führte für 42 Patienten (76 Prozent) zu Behandlungsempfehlungen. 29 (69 Prozent) bekamen die empfohlenen individualisierten Therapien", schrieben die Wissenschafter.
Exakte Ziele für die Präzisionsmedizin konnten bei 65 Prozent der genetischen Analysen und bei 80 Prozent der funktionellen Labortests (Austestung von möglichen Therapeutika durch zwei verschiedene Strategien; Anm.) identifiziert werden. Die Ergebnisse der genetischen und der funktionellen Untersuchungen überlappten sich in 60 Prozent der Fälle. "Sowohl Genom-basierte als auch Screening-Tests mit Therapeutika können wirksam in die klinische Routine integriert werden und die Entscheidungen in der Behandlung der Mehrheit der Patienten leiten", stellten die Wissenschafter fest.
"Das wird eine sehr aussagekräftige Studie sein, die wahrscheinlich den Nutzen dieser funktionellen Tests bestätigen wird", sagte Anthony Letai, Hämatologe am Dana-Farber Cancer Institute in Boston (US-Bundesstaat Massachusetts) und Präsident der Society for Functional Precision Medicine, zu der Untersuchung bereits bei Anlaufen der wissenschaftlichen Untersuchung im vergangenen Jahr. "Es ist die erste randomisierte (auf Zufallsprinzip basierende; Anm.) Studie, die genetische und funktionelle Drug-Screening-Methoden head-to-head (im direkten Vergleich; Anm.) in der Therapieführung vergleicht. Ergebnisse erwarten wir bis Ende 2025", kündigte Staber damals in einer Aussendung der MedUni Wien an. Jetzt liegen mit der Veröffentlichung die ersten Ergebnisse zur Machbarkeit solcher Tests in der täglichen Praxis vor.
ZU APA-TEXT BD - Mit einer "Exact"-Studie mit rund 50 Patienten soll am Comprehensive Cancer Center (CCC) der MedUni Wien und des AKH erstmals in Österreich ein System zur individualisierten Krebsmedizin etabliert werden. Im Bild: Eine Laborkraft bereitet am Montag, 15. April 2013, Proben zur Untersuchung vor. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH