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Früherer Ephesos-Grabungsleiter Friedrich Krinzinger wird 85

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Seit 130 Jahren forschen heimische Wissenschafter in der Westtürkei
©APA, ÖAW-ÖAI, NIKI GAIL, JUDITH WURZER
In der letzten Woche der heurigen Kampagne der traditionsreichen österreichischen Grabungen in Ephesos möchte Friedrich Krinzinger seiner langjährigen Wirkungsstätte nach längerer Zeit wieder einen Besuch abstatten. Seit 130 Jahren forschen heimische Wissenschafter in der Westtürkei, der Archäologe, der am Mittwoch (6. August) seinen 85. Geburtstag feiert, nimmt das zum Anlass für eine Rückkehr, wie er der APA erzählte.

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Krinzinger, früher als Chef des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI) auch Ephesos-Grabungsleiter, lädt seine Familie im September auf einen Besuch der zu den wichtigsten archäologischen Grabungen weltweit zählenden Stätte ein. "Sozusagen als Ersatz für die vielen Monate, die ich dort in den Sommern verbracht habe", sagte der Archäologe: "Ich möchte auch die 130 Jahre Ephesos-Grabungen so feiern."

Krinzinger, geboren am 6. August 1940 in Sipbachzell (Bezirk Wels) in Oberösterreich, absolvierte ein Studium der Klassischen Archäologie und Klassischen Philologie an den Universitäten Wien und Innsbruck. Im Jahr seiner Habilitation (1979) wurde er zum Leiter der "Magna Graecia-Forschungsstelle" am Institut für Klassische Archäologie der Uni Innsbruck bestellt, 1985 ebendort zum außerordentlichen Uni-Professor ernannt. Ein Jahr später erhielt Krinzinger die Grabungskonzession für Velia (griechisch Elea) in der italienischen Provinz Salerno.

1989 wurde er ordentlicher Professor für Klassische Archäologie an der Universität Wien, 1992 Mitglied des ÖAI und 1994 schließlich dessen Direktor. Im gleichen Jahr übernahm er die Forschungsstelle Archäologie an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), aus der im Jahr 2000 das Institut für Kulturgeschichte der Antike hervorging. Wenige Jahre nach der Übernahme der ÖAI-Leitung - das Institut gehört heute zur ÖAW - wurde Krinzinger auch Chef der österreichischen Ausgrabungen in Ephesos und Carnuntum (NÖ). 2001 wurde der Forscher mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse, 2004 mit dem Ehrendoktorat der Universität Bologna ausgezeichnet. Seit 2006 ist er "Wirkliches Mitglied der philosophisch-historischen Klasse" der ÖAW.

In seine Amtszeit als ÖAI-Chef fiel u.a. ein Paradigmenwechsel bei den Arbeiten in Ephesos weg von neuen großflächigen Ausgrabungen hin zur Konservierung und Publikationstätigkeit. Zudem zeichnete der Forscher für die Überdachung der sogenannten Hanghäuser mitverantwortlich. Dieses Schutzgebäude wurde im Jahr 2000 eröffnet, um die bestens erhaltenen antiken Luxus-Appartements zu konservieren und in der Folge auch der Allgemeinheit zugänglich zu machen.

Das Projekt war "eine der großen Fragen", die es in seiner Amtszeit um die alljährlich von Millionen Touristen besuchte archäologische Stätte zu lösen galt - es sollte letztlich indirekt aber auch zum Ende von Krinzingers Arbeiten in Ephesos beitragen. Die herausfordernde Überdachung wurde teurer als ursprünglich veranschlagt, die Kosten für das Wissenschaftsministerium stiegen an, Sponsorengelder blieben aus. Ein Rechnungshofbericht wies 2007 auf die Überschuldung des ÖAI hin und kritisierte den Umgang mit dem Defizit. Krinzinger legte zuerst das ÖAI-Direktorat und nach der Grabungssaison 2007 auch seine Funktion als Grabungsleiter zurück. Aus heutiger Sicht habe er eine "große Gewissheit, dass ich damals keinen Fehler gemacht habe", so Krinzinger in der Rückschau.

In der Folge ging er zurück an die Uni Wien und nahm vor allem seine Arbeiten in Velia und zur italienischen Archäologie insgesamt wieder auf. Zuletzt erschien 2022 unter seiner Mitwirkung eine Publikation zur 50-jährigen Forschungstätigkeit in Velia.

An Ephesos blieb Krinzinger freilich weiter interessiert. Die mannigfaltigen Arbeiten unter seinen Nachfolgern als Grabungsleiter, Sabine Ladstätter (1968-2024) und Martin Steskal, hätten das wechselvolle Bild der rund 9.000 Jahre zurückgehenden Besiedlungsgeschichte des heutigen antiken Ruinenfeldes auf erstaunliche Weise weitergezeichnet. "Ich bin einfach froh, dass das ohne Bruch weiter geht", sagte Krinzinger.

Dass das ÖAI heute an der Akademie der Wissenschaften verankert ist, ist für den Archäologen eine "großartige" Entwicklung. Die Konstruktion biete viele Möglichkeiten für institutionsübergreifende Kooperationen mit Expertinnen und Experten in verschiedenen Bereichen neuer naturwissenschaftlicher Analyse- und Datierungsmethoden, die aus der modernen Archäologie nicht mehr wegzudenken sind. "Das gibt uns unheimliche Möglichkeiten", mehr darüber zu erfahren, wie der Mensch einst gelebt hat, so Krinzinger.

EPHESOS - TÜRKEI: FOTO: APA/APA/ÖAW-ÖAI/NIKI GAIL,JUDITH WURZER

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