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Die analysierten Daten stammen aus der "SHARE"-Befragung, die europaweit alle zwei Jahre Informationen von Personen über 50 Jahren erhebt, u. a. zu ihrer gesundheitlichen und sozialen Situation. Fast 54.000 solcher Interviews aus 21 europäischen Ländern wurden für die kürzlich im Fachjournal "Social Indicators Research" veröffentlichte Studie ausgewertet.
Um die soziale Integration zu messen, haben die Forschenden sowohl enge Beziehungen wie Partner- und Freundschaften, als auch weiter gefasste Kontakte, etwa Vereinsaktivitäten oder Ehrenämter, berücksichtigt. Der dafür verwendete Index wurde aus dem US-amerikanischen Kontext übernommen und angepasst.
Die Länder wurden im Rahmen der Analyse in vier Gruppen sogenannter Pflegeregime eingeteilt. Sie unterscheiden sich nach dem jeweiligen Ausmaß der Familienorientiertheit, also inwiefern der Staat Angebote zur Betreuung von Kindern und zur Altenpflege macht. Österreich gilt demnach als ein sehr familienorientiertes Land mit einem gewissen Maß an staatlicher bzw. institutioneller Unterstützung, erklärte Wagner. Noch stärker familienorientiert seien nur die Länder in Süd- und Osteuropa.
Für die Studie wurden Daten der aktuellen SHARE-Befragung analysiert, der Index steht mittlerweile auch für zwei frühere Befragungen zur Verfügung. "Da gibt es noch viel Potenzial für andere Forschende", merkte Wagner an.
Generell zeigte sich: Je familienorientierter ein Land ist, desto niedriger ist die soziale Integration von Frauen über 50. Dementsprechend sind Frauen auch in Österreich noch eher an ihre familiäre Rolle gebunden und können weniger an der Gesellschaft teilhaben als Männer. In skandinavischen Ländern sei die soziale Integration hingegen bei über 50-Jährigen insgesamt höher und gleichmäßiger zwischen den Geschlechtern verteilt. Dort engagieren sich Männer öfter und alle werden vom Staat stärker unterstützt, so Wagner. So sei es auch üblich, dass schon sehr junge Kinder in den Kindergarten gehen und ältere Menschen professionell betreut werden.
"Eine kausale Analyse konnten wir nicht durchführen - doch die Vermutung liegt nahe, dass die Rahmenbedingungen von Pflege- und Betreuungsarbeit eine Rolle spielen", so Wagner weiter. "Zwar sind die Effekte, die wir gefunden haben, recht klein, aber wichtig, weil sie jeden betreffen." Außerdem zeige die Forschung, dass es für Frauen normalerweise leichter und wichtiger ist, soziale Kontakte zu knüpfen, was die Ergebnisse laut der Forscherin darüber hinaus bemerkenswert macht.
Ein Verbesserungsansatz wäre die Veränderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für Pflegearbeit und eine besser ausgebaute Kinderbetreuung, wie Wagner erklärte. Daneben könnten Angebote für soziales Engagement - wie Nachbarschaftshilfen oder Freiwilligenarbeit - helfen. "Zudem wäre eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten für Frauen hilfreich, da diese dann länger im Berufsleben bleiben können, wo sich Freundschaften und Netzwerke bilden", so die Forscherin.
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ARCHIV - 07.03.2019, Niedersachsen, Hannover: ILLUSTRATION - Eine Frau saugt in einer Wohnung einen Teppich mit einem Staubsauger (Aufnahme mit Fisheye-Objektiv). (zu dpa: «Studie: Viele Frauen denken wegen Hausarbeit an Trennung») Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa +++ dpa-Bildfunk +++