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In den Jahren 2016 bis 2018 gab es zunächst aus Sondertöpfen zusätzliche Mittel für die Schulen. Die Deutschförderung lief vorerst weiter in "Sprachförderkursen" parallel zum Unterricht ab. Ab Herbst 2016 gab es zusätzlich separate schulstufen-, schul- oder schulartübergreifende "Sprachstartgruppen". Die Sprachförderung wurde außerdem auf AHS-Oberstufen, Berufsbildende mittlere und höhere Schulen (BMHS) und Berufsschulen ausgeweitet. Um jugendlichen Geflüchteten mit geringen Deutschkenntnissen den Einstieg in eine berufsbildende Schule, Lehre bzw. später auch AHS zu ermöglichen, wurden sogenannte Übergangslehrgänge geschaffen.
Ganz rund gelaufen sind die Unterstützungsmaßnahmen laut einem Bericht des Rechnungshofs von 2019 damals allerdings nicht. Die Prüfer konnten etwa nicht die definitive Zahl der Schüler feststellen, die mit der Flüchtlingsbewegung ab 2015 überhaupt nach Österreich gekommen waren. Das Bildungsministerium war zu Beginn des Schuljahrs 2015/16 von 5.000 Kindern und Jugendlichen ausgegangen, im Sommer 2016 waren es schließlich über 14.000.
Außerdem hatte mehr als ein Fünftel des Lehrpersonals in der Sprachförderung keine einschlägige Ausbildung. In der Schulsozialarbeit, bei den interkulturellen Teams und den begleitenden pädagogischen Integrationsmaßnahmen konnten damals nicht alle Stellen besetzt werden, ein Teil der Sondermittel konnte deshalb gar nicht abgerufen werden.
Außerdem gab es zunächst keine einheitlichen Tests, mit denen über die Zuweisung der Schüler zur Sprachförderung entschieden bzw. deren Fortschritte erhoben wurden. 2018/19 wurde dann komplett auf das heutige System der Deutschförderklassen bzw. -gruppen umgestellt, in denen die Schüler maximal zwei Jahre lang bis zu 20 Stunden pro Woche in eigenen Deutschförderklassen bzw. sechs Stunden in -förderkursen unterrichtet werden. Nur Fächer wie Werken, Musik oder Turnen verbringen sie mit ihrer Stammklasse. Die Ergebnisse einer Evaluierung der Sprachförderung wurden dafür - anders als ursprünglich angekündigt - nicht mehr abgewartet, bemängelte der RH.
Das neue Modell steht bis heute in der Kritik. Die Schulen wollen selbst entscheiden, ob sie die Deutschförderung in separaten Gruppen anbieten, so der Tenor in einer 2022 veröffentlichten Evaluierungsstudie. Derzeit sind ab acht betroffenen Schülern am Standort separate Klassen bzw. Gruppen Pflicht. Bildungsminister Christoph Wiederkehr (NEOS) will den Schulen hier künftig wieder mehr Autonomie geben, im Regierungsprogramm ist auch eine Überarbeitung des viel kritisierten Einstufungstests MIKA-D angekündigt.
Bereits nachgebessert wurde bei der Dauer der Deutschförderung. Lange konnten Schüler maximal zwei Jahre als außerordentliche Schüler geführt und in einer Deutschförderklasse bzw. einem -kurs gezielt beim Lernen der Unterrichtssprache unterstützt werden. Seit Herbst 2022 ist das an den Volksschulen auch danach weiter möglich.
Vor allem in Wien brachte der Familiennachzug aus Syrien ab Anfang 2023 die Schulen ein weiteres Mal unter Druck. Eineinhalb Jahre lang kamen jeden Monat 300 Kinder neu an Wiens Schulen. Zuletzt hatte in der Bundeshauptstadt ein Drittel der fast 20.000 Pflichtschüler im außerordentlichen Status Arabisch als Erstsprache.
Das Gros der über den Familiennachzug zugewanderten Kinder hat laut Stadt davor jahrelang in Flüchtlingslagern in der Türkei oder dem Libanon gelebt und keine Vorerfahrung mit Kindergarten oder Schule. Mit Frühjahr 2024 hat der damalige Bildungsstadtrat Wiederkehr deshalb für diese Gruppe eigene Orientierungsklassen eingerichtet, wo ihnen bis zu sechs Monate lang erste Deutschkenntnisse und Grundfertigkeiten für den Schulbesuch vermittelt werden. Für zusätzliche Aufregung sorgte damals, dass wegen der vielen zusätzlichen Kinder an bestehenden Schulstandorten mobile Klassen aufgebaut werden mussten.
Seit Anfang Juli gilt in Österreich ein Stopp des Familiennachzugs, Anträge von Angehörigen von Asyl-und subsidiär Schutzberechtigten werden für ein halbes Jahr nicht behandelt. Gegenüber der EU-Kommission wurde das damit begründet, dass vor allem das Schulsystem vor einer weiteren Überlastung geschützt werden müsse. Schon davor ist der Familiennachzug freilich de facto zum Erliegen gekommen, im Mai gab es unter diesem Titel nur 74 Einreisen. Unabhängig von der derzeitigen Pause bei der Familienzusammenführung lässt Wiederkehr in seiner neuen Rolle als Bildungsminister die Orientierungsklassen ab Herbst bundesweit ausrollen. Das Thema betreffe schließlich alle Ballungsräume im Land.
WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT