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Ärztekammer Wien gegen Parallelstrukturen bei Telemedizin

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++ ARCHIVBILD ++ ÖGK und ÄK wollen Telemedizin auf unterschiedlichem Wege ausbauen
©APA, dpa, Monika Skolimowska
Die Ärztekammer (ÄK) Wien stemmt sich gegen Parallelstrukturen bei der Telemedizin. Eine Ausschreibung der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zur Umsetzung eines telemedizinischen Erstversorgungsangebots haben deshalb sowohl die ÄK Wien als auch die ÄK Steiermark rechtlich angefochten, sagte ÄK-Wien-Vizepräsidentin Naghme Kamaleyan-Schmied zur APA. Die ÖGK kann das nicht nachvollziehen und betonte, das Angebot stelle keinen Gegensatz zur ärztlichen Versorgung dar.

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"Wir kritisieren nicht die Technik per se", sagte Ärztekammer-Wien-Präsident Johannes Steinhart am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Telemedizin könne schließlich die Gesundheitsversorgung verbessern und sei "schon längst in der Medizin integriert". So würde der Anteil telemedizinischer Leistungen in der Psychiatrie beispielsweise bei 31,5 Prozent und in der Inneren Medizin bei 9,8 Prozent liegen. In der Allgemeinmedizin, Dermatologie, Neurologie und Pädiatrie wird Telemedizin im Bereich von fünf bis acht Prozent genutzt. Das Angebot müsse weiterhin in der vorhandenen Versorgungsstruktur integriert bleiben. Eine "Parallelstruktur" sei nicht sinnvoll, betonten Steinhart und Kamaleyan-Schmied - vor allem nicht in Zeiten, in denen aufgrund des Defizits der ÖGK gespart werden muss.

Die Gesundheitskasse will ihren Versicherten einen raschen Zugang zu medizinischer Erstberatung durch Allgemeinmediziner und -medizinerinnen via Videotelefonie über eine sichere Plattform ermöglichen, hieß es in einer Pressemitteilung. Richten soll sich das Angebot besonders an Personen mit leichten Beschwerden, bei denen eine Einschätzung auch ohne physischen Kontakt zum Arzt möglich ist. Das Angebot soll österreichweit verfügbar sein und über die Gesundheitshotline 1450 angesteuert werden. Eine notwendige persönliche Untersuchung könne die Telemedizin aber nicht ersetzen, betonte die Kasse.

Ist die Klage erfolgreich, könne man erreichen, dass die Ausschreibung nichtig sei oder die Rahmenbedingungen angepasst werden müssen, so Kamaleyan-Schmied. Das Konzept sei noch nicht so weit, "dass es stabil auf beiden Füßen stehen kann". Es soll keine anonymen Konsultationen und keine Medikamentenverordnung geben, wenn der Patient oder die Patientin nicht bekannt ist. Es bestehe die Gefahr, dass der "Blick aufs Ganze" fehle und Erkrankungen übersehen werden, so die Allgemeinmedizinerin, die in ihrer eigenen Praxis selbst Telemedizin anbietet. Diese müsse in den Händen der Vertrauensärzte bleiben, betonte sie. In Wien gebe es mit dem Ärztefunkdienst für Randzeiten außerdem bereits ein gut funktionierendes Modell.

Luft nach oben gebe es bei der Telemedizin allerdings, meinte Steinhart. In österreichischen Hausarztpraxen lag die Nutzung von Videosprechstunden während der Corona-Pandemie bei etwa 25 Prozent, zitierte Kamaleyan-Schmied eine in 38 europäischen Ländern durchgeführte Befragung. Der Schnitt lag bei 47,5 Prozent. Kathryn Hoffmann von der MedUni Wien, die an der Studie mitgearbeitet hat, leitet daraus laut einem Pressetext zwei Empfehlungen ab. So sollten Ärztinnen und Ärzte in die Entwicklung technischer Lösungen eingebunden werden. Auch seien Videokonsultationen nur sinnvoll, wenn sie in eine kontinuierliche Betreuung durch Vertrauensärzte eingebettet sind.

Bereits vor der Pressekonferenz der Ärztekammer hatte die ÖGK in einer Aussendung festgestellt, deren "Blockade" nicht nachvollziehen zu können. Die Telemedizin sei schließlich kein Gegensatz zur ärztlichen Versorgung, sondern ein "sinnvolles zusätzliches Instrument, das Patient*innen rasch und zielgerichtet Orientierung bietet und bestehende Versorgungsstrukturen gezielt entlasten kann." Vorteile wie der Wegfall von Anfahrtswegen und Wartezeiten, wovon auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität und Betreuungspflichten profitieren, würden auf der Hand liegen.

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