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80. Jahrestag - Die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki

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Die Explosion zerstörte etwa 90 Prozent der Stadt
©APA, THE NATIONAL ARCHIVES
Am 6. und 9. August 1945 kam es zu den weltweit ersten und bisher einzigen kriegerischen Atombombenabwürfen. Sie erfolgten am Ende des Zweiten Weltkriegs durch die USA auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki. Bis Dezember 1945 starben dabei geschätzt mehr als 200.000 Menschen. Doch noch immer sterben jährlich Menschen an den Spätfolgen der Strahlung.

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Jedes Jahr findet am 6. August in Hiroshima eine jährliche Friedenszeremonie im Gedenken an die Opfer, die durch die Bombe ums Leben kamen, statt. Um 8.15 Uhr - dem Zeitpunkt der Explosion - läutet eine Friedensglocke den Beginn eines stillen Gebetes ein. Am Abend ist jedes Mal ein Laternenfest angesetzt. Auch im rund 300 Kilometer entfernten Nagasaki, das drei Tage später Opfer eines Atomschlags wurde, wird jährlich der Opfer gedacht.

Am 6. August 1945 setzten die Amerikaner erstmals eine im Atombombe militärisch ein. Der Pilot Paul Tibbets bestieg den nach seiner Mutter benannten B-29-Bomber "Enola Gay" und nahm vom US-Stützpunkt Tinian im Süd-Pazifik aus Kurs auf das rund 2.500 Kilometer nord-westlich liegende Hiroshima. Eskortiert von Begleitflugzeugen, klinkte die Bordbesatzung um 8.15 Uhr die auf den zynischen Namen "Little Boy" getaufte Uranbombe 9.450 Meter über der Innenstadt aus. Anschließend flog der Bomber ein Wendemanöver, um nicht von der Druckwelle der viereinhalb halb Tonnen schweren Bombe erfasst zu werden. 576 Meter über dem Shima-Krankenhaus detonierte die Bombe schließlich mit einer Sprengkraft von 12.500 Tonnen.

Die Explosion zerstörte etwa 90 Prozent der Stadt und tötete auf einen Schlag schätzungsweise mehr als 70.000 Menschen. Bis Ende des Jahres 1945 sollen rund 140.000 Menschen gestorben sein. Hiroshima wurde aufgrund des militärischen Hauptquartiers der kaiserlichen Armee für Westjapan als Abwurfziel gewählt.

Anders als in Hiroshima war Nagasaki nicht als Ziel vorgesehen. Die zweite Bombe sollte eigentlich über der Stadt Kokura detonieren, da sie über mehr Industriegebiete als Nagasaki verfügte. Aufgrund einer dicken Wolkendecke war ein Abwurf über Kokura jedoch nicht möglich. Die zweite und letzte jemals in einem Krieg gezündete Atombombe bekam den Namen "Fat Man" und war anders als "Little Boy" mit Plutonium bestückt. Um 11.02 Uhr explodierte die Bombe, 500 Meter über einer Waffenfabrik. Ihr Sprengsatz entsprach der Sprengkraft von 22.000 Tonnen des herkömmlichen Sprengstoffs TNT und war somit deutlich stärker als ihre Vorgängerin. Bis zum Ende des Jahres 1945 sollen durch den Atomschlag in Nagasaki etwa 75.000 Menschen ums Leben gekommen sein.

Einige Tage nach den zwei verheerenden Atomangriffen endete der Zweite Weltkrieg auch in Asien mit der Kapitulation Japans. US-Militärstrategen und Politiker stellten die nukleare Kriegsführung lange Zeit als einzigen Ausweg aus dem Weltkrieg dar. Noch Jahre später hatte der damalige US-Präsident Harry S. Truman erklärt, die Bombe hätte ihn nicht um seinen Schlaf gebracht.

Die Explosion in Hiroshima verursachte eine Druckwelle, die mit einer Anfangsstärke von 35 Tonnen pro Quadratmeter und mit einer Geschwindigkeit von 440 Metern pro Sekunde Gebäude und Menschen niederwalzte. Die Lungen der Menschen hielten dem Druck nicht Stand und kollabierten. Viele wurden meterweit durch die Luft geschleudert oder von herumfliegenden Trümmern und Glassplittern tödlich verletzt. Im Umkreis von 500 Metern um den "Ground Zero" waren fast alle Menschen sofort tot. Die Temperatur erreichte eine Sekunde lang zwischen 3.000 und 4.000 Grad Celsius.

Erste Symptome der akuten Strahlenkrankheit traten durch Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auf. Die Überlebenden des Bombenabwurfs, genannt "Hibakushas", litten an ständigen Kopfschmerzen, Haarausfall und Infektionen. Exakte Angaben können weder über die Zahl der Todesopfer noch über jene der Verletzten und Überlebenden gemacht werden. Schätzungen zufolge sollen bis Ende 1945 200.000 Menschen an den direkten Folgen der zwei Atombomben gestorben sein. Die Spätfolgen der radioaktiven Verseuchung zeigen sich bis heute in Form von Schilddrüsen-, Lungen-, und Brustkrebs oder Leukämie. Das japanische Gesundheitsministerium gibt die Zahl der Strahlentoten mit bis zu 300.000 an. Die japanisch-amerikanische Radiation Effects Research Foundation spricht von 150.000 bis 240.000 Toten.

Im vergangenen Jahr wurde Nihon Hidankyo, eine Organisation von Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki, die sich für ein Verbot von Atomwaffen einsetzt, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Das norwegische Nobelkomitee hatte im Oktober 2024 bekanntgegeben, die 1956 gegründete Organisation für ihre Bemühungen um eine atomwaffenfreie Welt sowie dafür zu ehren, durch Zeitzeugenaussagen zu demonstrieren, dass Atomwaffen nie wieder eingesetzt werden sollten.

Dass es sich um eine Atombombe handelte, erfuhren die Betroffenen lange gar nicht. Daher wusste man auch nichts von einer möglichen Verstrahlung. Der Bürgermeister von Hiroshima, Matsui Kazumi, erzählte, dass es lange verpönt war, über seine Erfahrung mit der Bombe oder die der Familie zu reden. Man schämte sich ob möglicher vererbter Gendefekte oder anderer Krankheiten, und es sei stigmatisierend gewesen. Überlebende wurden sogar diskriminiert. "Von meiner Mutter habe ich erst erfahren, als ich 15 war, dass sie zu den Überlebenden gehört hat", erzählt der Bürgermeister. Mit 48 starb sie an den Spätfolgen der Atombombe.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs gab sich Japan eine pazifistische Verfassung und wurde ein Verbündeter der USA. In Artikel 9 schwört Japan "für alle Zeit" dem Krieg als ein souveränes Recht ab und verzichtet auf die Androhung oder Ausübung von Gewalt als Mittel zur Beilegung internationaler Streitigkeiten. Trotz Artikel 9 verfügt Japan längst über hochmoderne Streitkräfte.

Und auch in Japan mehren sich inzwischen Stimmen, die angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und des Machtstrebens Chinas eine nukleare Bewaffnung des eigenen Landes fordern. Die politische Führung hält zwar weiter an den Prinzipien fest, wonach Japan weder Atomwaffen produziert noch besitzt oder auf eigenem Boden erlaubt. Zugleich ist Japan aber auf den atomaren Schutzschild seines heutigen Verbündeten USA angewiesen.

(FILES) This file photo from the US National Archives taken August 6, 1945 shows smoke billowing 20,000 feet above Hiroshima while smoke from the burst of the first atomic bomb had spread over 10,000 feet on the target at the base of the rising column. The US nuclear bombing of Hiroshima on August 6, 1945 left around 140,000 people dead. It was followed days later by the bombing of Nagasaki on August 9 that killed around 74,000 people. The twin bombings dealt the final blow to imperial Japan, which surrendered on August 15, 1945, bringing an end to World War II. (Photo by THE NATIONAL ARCHIVES / AFP) / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / US NATIONAL ARCHIVES " - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS

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