T.C, Boyle furioser Blick auf Amerika, Salman Ruhdies Rückkehr in die Literatur und eine Aufforderung zum Nachdenken von Gerhard Ruiss
von

No Way Home: Roman. Deutsche Ausgabe
Zwei Männer lieben dieselbe Frau. Der eine, Terry ist ein junger Arzt aus Los Angeles. Der andere, Jesse, wäre gern Schriftsteller, bringt es jedoch nur zum Englischlehrer. In der Wüste von Nevada lauern sie einander auf, der Rivale soll ins Verderben gestürzt werden. Das Setting von T. C. Boyles jüngstem Roman „No Way Home“ mutet auf einen ersten Blick wie eine Dreiecksgeschichte mit Thriller-Faktor an. Wer solche Geschichten, garniert mit furiosen Action-Szenen schätzt, wird bei diesem Roman auf seine Rechnung kommen. Doch wer da glaubt, der amerikanische Meistererzähler gäbe sich mit herkömmlichen Stoffen zufrieden, irrt. Denn Boyles Romanfiguren repräsentieren die beiden Welten der heutigen USA. Die aufgeschlossene, demokratische und jene, wo Männer der MAGA-Bewegung den Ton angeben. Eine fulminante Bestandsaufnahme des gespaltenen Amerika.

Die elfte Stunde: Erzählungen
Das noch immer Unfassbare geschah tatsächlich am 22. August 2022 um 10.45 Uhr, auf offener Bühne während einer Literaturveranstaltung in der Nähe von New York. Salman Rushdie wurde von einem Islamisten angegriffen. Die Tat und sein Ringen ums Überleben schilderte er sachlich im Band „Knife“. Jetzt kehrt er mit fünf furiosen Erzählungen in die Welt der Literatur zurück. Sie alle führt an die der Orte seines Lebens. In allen erzählt er vom Tod. Doch Rushdie legt keine düstere Abrechnung vor. Pointiert leuchtet die Abgründe menschlicher Seelen aus und spielt mit surrealen Elementen. In Interviews betont er immer wieder, dass man sich einmal an seine Bücher erinnern solle und nicht daran, was ihm Leben widerfahren ist. Die besten Voraussetzungen schuf er sich mit der Erzählung „Der Mann auf der Piazza“ selbst. Die Sprache, eine elegante Dame, hat Angst zu verkommen. Sie schreit um Hilfe, doch niemand hört sie. Dann ist sie plötzlich weg und die Menschen verstummt.

Fortschreibungen: Verschollene Themen und Texte (tandem:essay)
Als Streiter für die Rechte jener, die eine literarische Stimme haben, aber keine, wenn es darum geht, sich im außerkünstlerischen Leben Gehör zu verschaffen, ist Gerhard Ruiss seit Jahrzehnten unverzichtbar. Mit welcher Eloquenz er seine Plädoyers für bessere Zustände formuliert, ist im Band mit dem Titel „Fortschreibungen“ nachzulesen. Darin sammelt der Gründer der IG Autorinnen Autoren „Verschollene Themen und Texte“, die er für Bücher geschrieben hat, die nie erschienen sind. Gut, dass sie jetzt da sind. Denn sie rücken zentrale Fragen in den Vordergrund. Etwa jene, wie soll sich die Demokratie gegenüber jenen verhalten, die vorhaben, die Demokratie mit den Mitteln der Demokratie zu beseitigen? Absolut lesenswerte Plädoyers zum Nachdenken.
Abonnieren Sie jetzt den monatlichen Literatur Newsletter
Susanne Zobls beste Seiten







