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Die beim Landesgericht eingebrachte Anklage der Staatsanwaltschaft Wien zeichnet ein schockierendes Bild. Sie zeigt, dass der Schüler, der erst vor wenigen Wochen seinen 15. Geburtstag gefeiert hat, seine terroristischen Absichten offenbar weit intensiver verfolgt haben dürfte, als bisher öffentlich bekannt war. Demnach soll er sich bereits seit August 2024 eingehend mit dem IS auseinandergesetzt und entsprechendes Propagandamaterial bezogen und weitergeleitet haben. Ab Herbst begann er sich dann für Sprengmittel und Sprengsätze zu interessieren. Er soll sich im Internet entsprechende Baupläne beschafft und heruntergeladen haben. Über Telegram-Kanäle versuchte der damals 14-Jährige sich "fortzubilden", indem er sich nach Online-Tutorials zur Herstellung von explosiven Stoffen erkundigte. Wie die Auswertung seines Handys ergab, dürfte der IS-Teenie solche Videos auch konsumiert haben.
Nach dem Jahreswechsel soll der damals 14-Jährige über eine Messenger-App wiederholt in Kontakt mit einem IS-Verbindungsmann gestanden sein. Laut Anklage sicherte er diesem zwischen 5. und 7. Februar zu, einen Schwur auf den IS abzulegen und im Sommer 2025 einen Anschlag "mit Sprengstoff, Schuss- oder Stichwaffen" in Wien zu begehen. Gerichtet waren die Anschlagspläne gegen "Ungläubige und Polizisten", auch eine Geiselnahme war angedacht.
Losgelöst davon soll der damals 14-Jährige zwischen 24. Jänner und 9. Februar Vorbereitungshandlungen in Richtung eines Verbrechens durch Sprengmittel (§ 175 StGB) getroffen haben. Darauf deuten aus Sicht der Strafverfolgungsbehörde im Kellerabteil der elterlichen Wohnung sichergestellte Aluminiumrohre und Tischbeine hin, die zur Herstellung einer Rohrbombe gedacht waren.
Der damals 14-Jährige wurde am 10. Februar an seinem Wohnsitz in Währing festgenommen. Auf die Spur des laut Anklage gewalt- und anschlagbereiten IS-Teenies war man aufgrund eines Hinweises des deutschen Bundeskriminalamts gekommen. Die deutschen Ermittler hatten ein besorgniserregendes TikTok-Profil mit radikalislamistischen Inhalten entdeckt. Dieses Profil konnte dem Angeklagten zugeordnet werden. Daraufhin wurde die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) informiert, die weiter ermittelte und den Burschen mit Hilfe des Wiener Landesamts Staatsschutz und Terrorismusbekämpfung (LSE) und Kräften der WEGA aus dem Verkehr zog.
Der schmächtige, fast noch kindlich wirkende Jugendliche lebte bis zu seiner Festnahme bei seinen Eltern und wollte im Herbst eine Lehre beginnen. Beide Elternteile - sie haben türkische Wurzeln - sollen eine liberale gesellschaftliche Einstellung haben und keine strenge Auslegung des Islam praktizieren. Bei einer gerichtlich genehmigten Hausdurchsuchung wurden im Kinderzimmer des Angeklagten bzw. im Kellerabteil auch mehrere Messer und Propagandamaterial gefunden, das eine IS-Anhängerschaft des Burschen belegte. Sichergestellt wurden vor allem auch vom Tatverdächtigen angefertigte Zeichnungen der U6-Station am Westbahnhof. Abgebildet waren Züge, Geleise und Strichmännchen, wobei eine der Figuren mit einem Messer bzw. einer Machete auf andere einsticht. Die Opfer sind mit dem Wort "Kuffar" ("Ungläubige") bezeichnet, einem im Islam gebräuchlichen Ausdruck für Menschen, die Angehörige anderer Religionen sind oder nicht dem Islam angehören.
Konkret vorgeworfen werden dem 15-Jährigen die Vorbereitung einer terroristischen Straftat - nämlich ein Verbrechen mit Sprengmitteln - im Sinne des § 278c StGB, terroristische Vereinigung, die versuchte Ausbildung für terroristische Zwecke, die Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat und das Verbrechen der kriminellen Organisation. Er soll sich nach seiner Einlieferung in die Justizanstalt (JA) Josefstadt zu den Terror-Vorwürfen tatsachengeständig gezeigt haben.
Vor Gericht wird es allerdings auch um eine Körperverletzung und eine gefährliche Drohung gehen. Der 15-Jährige soll am 23. Mai eine tätliche Auseinandersetzung mit einem Mithäftling gehabt und diesen dabei verletzt haben. Nach dem Streit soll er sich dem Mithäftling gegenüber dahingehend geäußert haben, er werde nach seiner Enthaftung den Klassenlehrer "schlachten".