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Neuauflage von Rot-Pink in Wien: Das steht im Regierungsprogramm

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Vizebürgermeisterin Bettina Emmerling (Neos) und Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ)

©Imago/ SEPA.Media

Aus der „Fortschrittskoalition“ wird eine „Aufschwungskoalition“. Die Vorhaben und Absichtserklärungen wurden auf 191 Seiten festgehalten.

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In Wien ist am Dienstag das Programm der SPÖ-NEOS-Koalition präsentiert worden. Die beiden Parteien setzen ihre seit 2020 laufende Zusammenarbeit fort. Aus der „Fortschrittskoalition“ wird die „Aufschwungskoalition“. Vorhaben und Absichtserklärungen wurden auf insgesamt 191 Seiten ausgebreitet. Den beschworenen Aufschwung will man als Wirtschaftsstandort, aber auch in Bildung, bei Klimaschutz und im sozialen Bereich erreichen.

Das Programm steht unter dem Gesichtspunkt der angespannten Budgetsituation. Angehen will man die Konsolidierung laut Regierungsprogramm mit strukturellen Reformen, der Evaluierung der Förderungen und einer Gegenfinanzierungspflicht neuer Maßnahmen. Wo bei Förderungen der Rotstift angesetzt werden könnte, wird aber nicht näher ausgeführt. „Konsolidierung darf nicht Kürzung ohne qualitative Betrachtung bedeuten – sondern Priorisierung und Effizienz“, wird zumindest versichert.

Mehr Dividenden von Beteiligungen

In die Pflicht werden städtische Beteiligungen genommen. Sie sollen mehr Dividenden ausschütten. Außerdem wird nach Synergien gesucht: „In Bereichen, in denen mehrere Gesellschaften vergleichbare Aufgaben erfüllen, soll die gemeinsame Organisation von Betrieb, Verwaltung und Steuerung geprüft und – wo sinnvoll – umgesetzt werden.“

Parallel soll trotz Sparzwang auch investiert werden, also etwa in die Infrastruktur. „Wir wollen Wien zum führenden Standort für Digitalisierung und Spitzentechnologie machen“, heißt es. Konkret genannt wird die Evaluierung eines Ausbaus des AI Life Science Center, die Förderung von Digitalisierung mit Schwerpunkt auf Künstlicher Intelligenz und Machine Learning in der Forschung, den Aufbau eines Kompetenzzentrums zu Cyber-Sicherheit und Cyber Defense sowie die Bewerbung für die Ansiedelung einer „AI Gigafactory“. Zugleich sollen aber auch Grätzelinitiativen gefördert werden.

Im Umweltbereich bekräftigt man das Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden. Der Ausbau der Fernwärme wird dazu etwa weiter vorangetrieben, genauso wie Aktivitäten im Bereich Tiefengeothermie. Die Nutzung von Photovoltaik wird forciert. Dazu gehört auch ein neuer „Wiener-Erneuerbaren-Plan“. In Sachen Öffis sind unter anderem Teststrecken für autonomes Fahren geplant. Die U-Bahn soll bis 2034 nach Rothneusiedl fahren. Die Koalition hofft, sich mit dem Bund auch für diese Ausbauphase auf eine „ausgewogene Finanzierung“ zu einigen.

Ringstraße wird umgestaltet

Auch die Radwegoffensive soll fortgeführt werden. 20.000 Bäume will man ebenfalls in den kommenden Jahren pflanzen und die Ringstraße umgestalten. Versprochen wird dort eine Entflechtung von Fuß- und Radverkehr, wobei die „Potenziale der Nebenfahrbahnen“ herangezogen werden sollen. Details zur Neugestaltung gibt es noch nicht. Voraussetzung für die Maßnahme ist aber die Umsetzung der geplanten Einfahrtsbeschränkungen in die Wiener City, wie festgehalten wird. Keine Erwähnung findet hingegen der Lobau-Tunnel bzw. die Nordostumfahrung.

Dafür wird sogar möglichen Seilbahnprojekten ein Abschnitt gewidmet. „Wir stehen Seilbahnverbindungen als Teil zukunftsorientierter Mobilität offen gegenüber“, heißt es da. Wo sie „verkehrlich sinnvoll“ sind, kann man sich das vorstellen. Das einzige Vorhaben, das aktuell konkret ventiliert wird, fällt jedoch offenbar nicht darunter. „Eine Seilbahn auf den Kahlenberg schließen wir weiterhin aus“, wird klargestellt. Auch zum UNESCO-Weltkulturerbe bekennt man sich. Zugleich hält man fest, dass Hochhäuser einen Beitrag zur Reduktion der Bodenversiegelung leisten können.

Auch an auf den ersten Blick kleineren Schrauben wird gedreht. Man verspricht, den Ausbau öffentlicher Toiletten zu forcieren. Außerdem wird ein Kooperationsmodell mit der Gastronomie erarbeitet. Die Aktion „nette Toilette“ soll die Nutzung des stillen Örtchens ohne Konsumzwang ermöglichen.

Bewerbung für den Songcontest

Auch eine ganz aktuelle Entwicklung findet im Programm Niederschlag: Die Stadt bewirbt sich als Austragungsort für den 70. Eurovision Song Contest nächstes Jahr in Österreich: „Wir sehen darin abermals die Chance, Wien als lebenswerteste Stadt der Welt zu präsentieren.“ In „enger Abstimmung“ mit dem ORF sollen jedoch Budgetkonsolidierung und „effiziente Ressourcennutzung“ im Fokus stehen, um einen „wirtschaftlichen und organisatorisch guten Rahmen“ für die Austragung zu schaffen.

Als Herausforderung sieht die künftige Stadtregierung den Fachkräftemangel im Bildungsbereich. Daher hat man sich zum Ziel gesetzt, den Personalstand bedarfsgerecht auszubauen. Die Elementarpädagogik sieht man als „Fundament“ des Bildungssystems, daher soll der „Stufenplan Elementarpädagogik“ fortgesetzt werden. Quereinsteigern soll der Einstieg in die Elementarpädagogik ermöglicht, der Betreuungsschlüssel verbessert, Vorbereitungszeiten gesetzlich verankert und ausgebaut sowie die Stunden für Assistentinnen erhöht werden. Ein verstärkter Fokus wird auch auf die Sprachförderung gelegt, indem die Besuchspflicht für diese Kinder im verpflichtenden Kindergartenjahr von 20 auf 30 Stunden ausgeweitet wird.

Vorantreiben will man in Zusammenarbeit mit dem Bund die „Gemeinsame Schule der 6- bis 14-Jährigen“. Auch bekennt man sich dazu, die Schulsozialarbeit und die „School Nurses“ auszubauen sowie zu einer Stärkung der Schulautonomie und dem Ausbau der Ganztagsschulen. Null Toleranz möchte man gegen Gewalt an Schulen zeigen. Ausgebaut werden soll auch der Bereich der Erwachsenenbildung.

Wiener Integrationskodex

Ausgearbeitet werden soll ein „Wiener Integrationskodex“, in dem die Prinzipien des Zusammenlebens festgeschrieben werden. Die vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass Integration auch „eingefordert“ werden müsse, heißt es in dem Koalitionspakt. Jährlich will man einen Integrationsbericht erstellen, der klare Indikatoren für die Integration festlegt und misst. Zudem sollen Deutschförderangebote ausgebaut und Projekte wie die „Community Kommunikatoren“ fortgesetzt werden. Vom Bund erwartet man sich eine Residenzpflicht für Asylwerber und subsidiär Schutzberechtigte.

Festgehalten wird unter der Überschrift „Gemeinsam gut leben“, dass Wien sich als „Menschenrechtsstadt“ versteht. Daher soll nicht nur am vor zehn Jahren eingerichteten Menschenrechtsbüro als „integraler Bestandteil der Stadtverwaltung“ festgehalten, sondern Menschenrechte als Querschnittsmaterie verankert werden, inklusive Schulung der Mitarbeiter. Weiter proklamiert wird Wien als „Regenbogenhauptstadt“ Österreichs, sichtbares Zeichen dafür bleibt die „Vienna Pride“ und die Regenbogenparade. Fortgesetzt wird der Kampf gegen Hasskriminalität, Antisemitismus und Rassismus. Vorantreiben will man die Gleichstellung von Mädchen und Frauen, dafür sollen etwa der 24-Stunden-Frauennotruf, der Verein Wiener Frauenhäuser und das Frauengesundheitszentrum FEM MED weitergeführt werden. Auch sollen Frauen gezielt am Arbeitsmarkt gefördert und der Schwerpunkt Gewaltschutz fortgesetzt werden.

Jugendliche Straftäter außerhalb Wiens unterbringen

Auch dem Kampf gegen Kinder- und Jugendkriminalität will sich die künftige Stadtregierung annehmen. Dafür sollen „Orientierungshelfer“ für diese Jugendlichen eingesetzt werden. Als „Ultima Ratio“ sieht man eine „geschlossene sozialpädagogische Einrichtung außerhalb Wiens für strafunmündige Intensivtäter“ als erforderlich an. Die dafür rechtlichen Rahmenbedingungen müssen freilich auf Bundesebene geschaffen werden.

Im Bereich Gesundheit sollen ambulante Angebote und regionale Gesundheitszentren ausgebaut sowie Erstversorgungsambulanzen evaluiert und entwickelt werden. Zudem soll die digitale Transformation im Gesundheitswesen fortgesetzt und die Telemedizin weiterentwickelt werden, mit der „Gesundheitsberatung 1450“ als zentraler Anlaufstelle und „Wien gesund“ als digitalem Einstiegsort in das Gesundheitssystem. Ferner sollen Maßnahmen für die Gesundheitsförderung und Vorsorge ausgebaut werden.

Im Bereich der Pflege soll an der „Pflegestrategie 2030“ festgehalten und die Angebote nachhaltig verbessert werden. Auch will man die Barrieren zwischen dem Gesundheits- und dem Sozialsystem überwinden. Der Fonds Soziales Wien soll weiter die zentrale Anlaufstelle für Betroffene bieten. Und mit dem Programm „Pflege.Zukunft.Wien“ will man weiter langfristig den Personalbedarf in diesem Bereich sichern.

Reform der Mindestsicherung geplant

Evaluieren will die rot-pinke Regierung die Treffsicherheit der Wiener Mindestsicherung. Gemeinsam mit der Kinder- und Jugendhilfe soll die Lebenssituation von Mehrkindfamilien, die Mindestsicherung beziehen, überprüft werden. Dabei sollen auch die Wechselwirkungen zu Leistungen des Bundes wie Familienbeihilfe, Familienbonus Plus und Leistungen nach dem Unterhaltsrecht untersucht werden. Ziel ist eine Reform der Mindestsicherung, insbesondere für Familien mit Kindern und Personen, die in Wohngemeinschaften leben. Unterstützung soll es auch für die Bestrebung geben, die Sozialhilfe und die Mindestsicherung bundeseinheitlich weiter zu entwickeln.

International will sich Wien unter anderem in der Ukraine engagieren. Man wolle einen Beitrag zum Wiederaufbau ukrainischer Städte leisten, wird versprochen. Weitergabe von Know-how im Bereich Stadtplanung steht hier etwa auf der Agenda. Zu diesem Zweck strebt man auch Städtepartnerschaften mit ukrainischen Kommunen an. Außerdem wird Wien der „Europäischen Allianz der Städte und Regionen für den Wiederaufbau der Ukraine“ des Ausschusses der Regionen beitreten.

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