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USA greifen iranische Atomanlagen an – Trump spricht von „vollständiger Zerstörung“

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Donald Trump mit JD Vance, Marco Rubio und Pete Hegseth

©IMAGO / ZUMA Press Wire

Die Vereinigten Staaten haben sich mit Luftschlägen auf mehrere iranische Atomanlagen offiziell in den Konflikt zwischen Israel und dem Iran eingeschaltet. US-Präsident Donald Trump erklärte am Wochenende, die Angriffe hätten zentrale Urananreicherungsanlagen „vollständig zerstört“. Betroffen waren laut Trump die unterirdischen Anlagen in Fordo sowie die Standorte Natanz und Isfahan.

Die Luftschläge wurden nach Angaben US-amerikanischer Medien von Tarnkappenbombern vom Typ B-2 und von U-Booten aus mit bunkerbrechenden Bomben und Marschflugkörpern durchgeführt. Der Iran bestätigte Schäden an den Anlagen, wies jedoch auf eine „ruhige Lage“ in den betroffenen Gebieten hin und betonte, dass keine Gefahr für die Bevölkerung bestehe.

Die Angriffe erfolgen vor dem Hintergrund einer wochenlangen Eskalation. Israel hatte am 13. Juni einen umfassenden Angriff auf iranische Ziele gestartet und seither zahlreiche militärische und nukleare Einrichtungen bombardiert. Der Iran antwortete mit Raketen- und Drohnenangriffen auf Israel. Auch am Sonntag feuerten die Revolutionsgarden erneut Dutzende Raketen ab. In Israel wurden laut Angaben des Rettungsdienstes 16 Menschen verletzt.

USA warnen vor Vergeltung – Iran kündigt Konsequenzen an

Trump warnte den Iran vor weiteren Vergeltungsschlägen gegen US-Stützpunkte in der Region. „Wenn der Frieden nicht schnell kommt, werden wir weitere Ziele mit Präzision angreifen“, so der US-Präsident. Auf US-Stützpunkten im Nahen Osten befinden sich derzeit rund 40.000 Soldaten.

Irans Außenminister Abbas Araqchi bezeichnete die US-Angriffe als „ungeheuerlich“ und kündigte an, dass sie „dauerhafte Konsequenzen“ haben würden. Die iranische UN-Vertretung forderte eine Sondersitzung des Sicherheitsrates.

Internationale Reaktionen: Diplomatie statt Eskalation

UNO-Generalsekretär António Guterres zeigte sich „zutiefst beunruhigt“ und warnte vor katastrophalen Folgen für die Weltordnung. „Der einzige Weg nach vorne ist Diplomatie“, sagte er. Auch EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas forderte, dass alle Parteien an den Verhandlungstisch zurückkehren müssten.

Nach Ansicht von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kann der Konkflikt nur am Verhandlungstisch gelöst werden. „Der Iran darf niemals in den Besitz der Bombe gelangen“, schrieb sie am Sonntag auf der Plattform X. Sie mahnte angesichts der Spannungen in Nahost, dass Stabilität und die Wahrung des Völkerrechts Vorrang haben müssten. „Jetzt ist der Moment für den Iran gekommen, sich auf eine glaubwürdige diplomatische Lösung einzulassen“, fügt sie hinzu.

Österreichische Politiker rufen nach Deeskalation

Die österreichische Regierung beobachtet die Entwicklung im Nahen Osten „mit großer Sorge“. Es sei nun nötig, jetzt wieder zur Deeskalation beizutragen, so Landwirtschaftminister Norbert Totschnig (ÖVP) kurz nach den US-Angriffen auf iranische Atomanlagen am Sonntag in der ORF-Pressestunde. Man müsse nun vor allem an die Zivilbevölkerung in den betroffenen Staaten denken. Zentral sei nun die Frage der Ausreise von ausländischen und vor allem österreichischen Staatsangehörigen. Über dem Iran und Israel gebe es ja eine Flugverbotszone – hier arbeite das Außenministerium intensiv an einer Lösung.

Die Außenpolitische Sprecherin der SPÖ, Petra Bayr, rief ebenfalls zu Deeskalation auf. Dabei müsse vor allem das humanitäre Völkerrecht geachtet und der Diplomatie höchste Priorität gegeben werden. „Der größtmögliche Schutz für die Zivilbevölkerung hat in dieser Lage höchste Priorität und ist von allen Konfliktparteien zu gewährleisten. In dieser herausfordernden Zeit müssen alle Entscheidungen und Handlungen vom Respekt für das menschliche Leben und vom Völkerrecht geleitet sein“, forderte die sozialdemokratische Nationalratsabgeordnete in einer Aussendung.

IAEA-Chef Grossi beruft Krisensitzung ein

Rafael Grossi, Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, hat nach den Angriffen eine Dringlichkeitssitzung des Gouverneursrats einberufen. Das Treffen soll am Montag am IAEA-Sitz in Wien stattfinden, wie Grossi auf „X“ mitteilte. Zwar wurden wichtige Einrichtungen wie die unterirdische Urananreicherungsanlage Fordo getroffen, jedoch meldeten weder die iranischen Behörden noch die IAEA erhöhte Strahlenwerte außerhalb der Anlagen.

Das Nationale Zentrum für nukleare Sicherheit im Iran erklärte, es gebe „keine Gefahr“ für Anwohner, da „keine Anzeichen für eine Kontamination festgestellt“ worden seien. Auch Saudi-Arabien bestätigte, dass es keine radioaktiven Auswirkungen auf die Umwelt im Golfraum gebe.

Die IAEA erklärte: „Bisher keine Erhöhung der Strahlenwerte außerhalb der Anlagen.“ Weitere Einschätzungen würden folgen, sobald neue Informationen vorlägen. Die iranische Atomenergieorganisation kündigte indes, trotz der Angriffe, an, das Nuklearprogramm fortzusetzen. Zugleich warf Teheran der IAEA Mitverantwortung vor.

Teheran will Austritt aus Atomwaffensperrvertrag beraten

Das iranische Parlament will laut der Agentur TASNIM in einer Sondersitzung des Sicherheitsausschusses über einen möglichen Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag beraten. Außerdem soll die Schließung der strategisch wichtigen Straße von Hormus diskutiert werden. Ein genauer Termin wurde nicht genannt.

Die Meerenge gilt als eine der wichtigsten Routen für den globalen Ölexport, insbesondere aus Saudi-Arabien. Angesichts der jüngsten US-Angriffe sind bereits Verwerfungen auf dem Ölmarkt zu beobachten.

Der Iran hat mehrfach mit dem Austritt aus dem Vertrag gedroht, beteuert aber weiterhin, keine Atomwaffen anzustreben. Obwohl das Parlament in sicherheitspolitischen Fragen wenig Einfluss hat – diese liegt vor allem bei Religionsführer Ayatollah Ali Khamenei –, lässt sich aus der Debatte im Parlament ablesen, wie stark der Wille zur Eskalation innerhalb des Regimes ist.

Iranische Exilopposition fordert sofortigen Rückzug Khameneis

Die iranische Exilopposition vom Nationalen Widerstandsrat (NWRI) hat nach den US-Angriffen auf den Iran den Rücktritt des obersten, politischen und geistlichen Führers der Islamischen Republik gefordert. Ayatollah Ali Khamenei „muss jetzt gehen“, wurde Oppositionsführerin Maryam Rajavi am Sonntag zitiert. Khamenei sei „für ein unpatriotisches Projekt, das zahllose Leben gekostet hat, verantwortlich“, so Rajavi mit Blick auf Irans Atomprogramm, dem die US-Schläge galten.

Nicht nur habe das Atomprogramm zahllose Leben gekostet, sondern auch eine enorme Summe Geld. Rajavi nannte die Zahl von drei Billionen Dollar (2.605 Mrd. Euro). „All dies hat sich nun in Rauch aufgelöst“, beklagte die Politikerin. Laut Rajavi wollen die Iraner ein Ende des Kriegs. Sie sprach sich für einen Regimewechsel in ihrer Heimat aus – für eine Trennung von Religion und Staat, für Demokratie, Geschlechtergleichheit und für eine Zukunft ohne Atomprogramm.

Ein regionaler Konflikt mit globaler Dimension

Der israelisch-iranische Konflikt ist spätestens mit der Beteiligung der USA zu einem regionalen Flächenbrand mit globaler Brisanz geworden. Ursprünglich hatte Trump eine diplomatische Lösung angestrebt. Eine neue Gesprächsrunde in Oman war jedoch nach den israelischen Angriffen Mitte Juni geplatzt.

Israelische Regierungsvertreter begrüßten die US-Angriffe ausdrücklich. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sprach von einer „mutigen Entscheidung“, die Geschichte schreiben werde. Auch Verteidigungsminister Israel Katz sieht darin einen „historischen Schritt zur Verhinderung eines iranischen Atomwaffenprogramms“.

Experten warnen: Folgen nicht absehbar

Wie es weitergeht, ist ungewiss: Der Konflikt zwischen den USA und dem Iran dauert seit Jahrzehnten – bisher meist geprägt von Diplomatie. Mit dem Angriff auf iranische Atomanlagen hat US-Präsident Donald Trump nun militärisch eingegriffen. Die langfristigen Folgen sind ungewiss.

Laut Ex-CIA-Analyst Kenneth Pollack wird sich der Erfolg des Angriffs erst zeigen, „wenn wir die nächsten drei bis fünf Jahre ohne iranische Atomwaffen überstehen“. Trita Parsi vom Quincy Institute sieht hingegen ein erhöhtes Risiko, dass der Iran in den kommenden Jahren zur Atommacht wird. Er warnt davor, taktische mit strategischen Erfolgen zu verwechseln – der Irakkrieg sei ein warnendes Beispiel.

Der Angriff trifft den Iran in einer politisch geschwächten Phase: Israels militärisches Vorgehen gegen Hamas und Hisbollah sowie der Sturz des syrischen Machthabers Assad haben die vom Iran geführte „Achse des Widerstands“ unter Druck gesetzt.

Trump, der noch vor kurzem ein neues Abkommen mit Teheran anstrebte, vollzog nach dem israelischen Angriff auf den Iran am 13. Juni eine Kehrtwende. Kritiker vermuten, dass er sich von Israels Premier Netanyahu in die Entscheidung treiben ließ. Dieser bezeichnete den US-Angriff als „mutig“ und historisch bedeutsam.

Wie sich die Lage weiterentwickelt, ist offen. Laut Nahost-Experte Karim Sadjadpour könnte der Angriff langfristige Auswirkungen auf den Iran, die Region und die globale Ordnung haben – mit Folgen, die Jahrzehnte spürbar bleiben.

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