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Ausgangspunkt für den Rechtsstreit war die formale Doppelexistenz des Seniorenbundes als Teil der Partei und als Verein. Als letzterer hatten der bundesweit tätige Verein "Österreichischer Seniorenbund" sowie fünf Landesorganisationen und hunderte Ortsgruppen in Oberösterreich Förderungen aus dem sogenannten NPO-Fonds beantragt und Zahlungen daraus erhalten, insgesamt 2,46 Millionen Euro.
Nach einer Beanstandung durch den Rechnungshof war der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) am Zug und entschied Anfang 2023 gegen den Seniorenbund. Dieser zahlte die Förderungen daraufhin "unter Vorbehalt" zurück. Davor hatte es bereits organisatorische Änderungen gegeben: Die ÖVP benannte ihre Teilorganisation in "ÖVP Senioren" um, "Seniorenbund" heißt nur noch der Verein. Beibehalten wurden bei beiden die Parteifarben Türkis und Schwarz - und auch die jeweilige Präsidentin in Person der Wiener ÖVP-Landtagsabgeordneten und früheren Generalsekretärin der Bundes-ÖVP Ingrid Korosec.
Die zeigte sich am Mittwoch hoch erfreut und sprach in einer Aussendung von unbegründeten Vorwürfen. Gegenüber Ö1 erhob sie auch neuerlich Anspruch auf die Millionenförderung vom Bund: Man habe "unter Vorbehalt diesen Betrag überwiesen und werden natürlich ihn jetzt wieder zurückfordern", sagte sie wörtlich.
Die ÖVP hatte die Frage der Rückforderung zuvor unbeantwortet gelassen. Dies obliege der Logik des Urteils folgend ausschließlich dem Verein selbst, schließlich handle es sich dabei um eine vereinsinterne Angelegenheit, meinte ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti in einer Aussendung. Er sah durch das BVwG-Urteil Klarheit hergestellt, dass der Seniorenbund keine Teilorganisation der Volkspartei sei. "Der Seniorenbund ist ein eigenständiger Verein und unterlag und unterliegt zu keinem Zeitpunkt Weisungen der Volkspartei. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts untermauert das", unterstrich Marchetti.
Der UPTS hatte seinerzeit argumentiert, dass die Seniorenbund-Vereine im Bund sowie in fast allen Bundesländern dieselbe Anschrift und Telefonnummer hätten wie die ÖVP-Teilorganisation Seniorenbund. Außerdem seien "die leitenden Organe der beiden Organisationen auf Bundes- und Landesebene identisch" gewesen - dadurch hätte die ÖVP einen "bestimmenden Einfluss" auf die Vereine gehabt. Für das BVwG reichte nun aber die formale Namensungleichheit aus.
Weil der Verein Österreichischer Seniorenbund - im Gegensatz zur Teilorganisation ÖVP-Senioren - nicht explizit in der Parteisatzung genannt sei, könne er "nicht als Gliederung der Partei angesehen werden", zitierte "Der Standard" aus der Ende Juli ergangenen Entscheidung. Der Bescheid des UPTS sei aus diesem Grund nicht haltbar: "Die Ansicht (...), es müsse eine 'inhaltliche Beurteilung' vorgenommen werden, um herauszufinden, ob ein Gebilde Teil einer Partei ist oder nicht, würde weitergedacht dazu führen, dass jedwede Organisation, bei gewissen Übereinstimmungen (...), sei die Partei auch damit nicht einverstanden, aus eigenem Bestreben zu einer Gliederung einer Partei werden würde oder rechtlich als solche eingeordnet werden müsste."
Gegen die Entscheidung kann der UPTS noch ordentliche Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof erheben, die Frist dafür beträgt sechs Wochen, wie deren stellvertretender Vorsitzender Peter Bußjäger auf APA-Anfrage erläuterte. Er selbst hat an der nun aufgehobenen Entscheidung nicht mitgewirkt, erklärte er. Beurteilen wollte er den Spruch nicht. Der UPTS habe jedenfalls auf die augenscheinlichen Parallelitäten zwischen dem Seniorenbund als deklarierte Parteiorganisation sowie als Verein abgestellt und daraus eine Identität dieser beiden Organisationen in parteienrechtlicher Hinsicht angenommen. Das BVwG stelle hingegen rein auf die formale Unterscheidung zwischen Verein und Parteiorganisation ab.
Kritik übte die FPÖ. Das Urteil decke die systematische Selbstbedienung der ÖVP schonungslos auf, meinte Generalsekretär Christian Hafenecker in einer Aussendung: "Das ist das System ÖVP in Reinkultur: Man gründet Vereine, die nur auf dem Papier von der Partei getrennt sind, in Wahrheit aber als Geldbeschaffungsmaschinen für den schwarzen Machtapparat dienen. Wenn man erwischt wird, benennt man einfach eine Teilorganisation um, und schon ist der millionenschwere Griff in die Taschen der Steuerzahler wieder legalisiert. Das ist eine schallende Ohrfeige für jeden ehrlichen Bürger in diesem Land."
Es sei bezeichnend, dass die Einschätzungen des Rechnungshofes und des (UPTS) einfach ignoriert würden, sobald ein formaljuristischer Winkelzug den Fortbestand des schwarzen Günstlingssystems sichere, so Hafenecker weiter: "Es geht hier nicht um eine Kritik an den Gerichten, sondern um die moralische Verkommenheit eines Systems, das formaljuristische Tricks über den Anstand und die politische Verantwortung stellt. Während die Österreicher unter der Teuerung ächzen, scheffelt sich das ÖVP-Netzwerk Millionen an Fördergeldern, die ihm nie zugestanden wären. Besäße die ÖVP auch nur den geringsten Funken Anstand, würde sie dieses Geld an die Steuerzahler zurückgeben!"