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Österreich klettert im Pressefreiheitsindex auf Platz 22

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Österreich ist im Pressefreiheitsindex von Reporter ohne Grenzen (RSF) nach dem Tiefststand im Vorjahr wieder etwas nach oben geklettert. Mit 78,12 Punkten belegt Österreich Platz 22 von 180 erfassten Ländern. Damit lag eine Verbesserung um zehn Plätze bzw. 3,43 Punkte vor. Die Lage wird weiterhin als "zufriedenstellend" eingestuft. RSF-Österreich-Präsident Fritz Hausjell warnt, dass die "ernste Situation" noch nicht vorbei sei. Die weltweite Lage ist erstmals "schwierig".

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Mit Platz 22 rangiert Österreich so weit oben wie seit 2021 (Platz 17) nicht mehr. Aus den Top Ten flog man bereits 2015. Mit dem nunmehrigen Ergebnis liegt Österreich im Mittelfeld der als "zufriedenstellend" eingestuften Länder zwischen Kanada und Spanien. Die Schweiz (9), Tschechien (10) und Deutschland (11) finden sich weiter oben. In die Top-Gruppe der Länder, in denen es "gut" um die Pressefreiheit bestellt ist, schafften es ausschließlich Länder im nördlichen Europa: Norwegen, Estland, Niederlande, Schweden, Finnland, Dänemark und Irland.

Weltweit ist die Lage aber düster und wurde von RSF erstmals als "schwierig" eingestuft. Denn der Durchschnittswert aller Länder fiel unter 55 Punkte. Die Hälfte der erfassten Länder weist somit eine "schwierige" bis "sehr ernste" Situation auf. Am Ende des Rankings liegen Eritrea, Nordkorea, China, Syrien und der Iran. Russland rutschte um neun Plätze auf Rang 171 ab. Die Türkei landete auf Platz 159. Deutliche Verschlechterungen gab es in Israel (Platz 112), dem Kosovo (99), Argentinien (87) oder auch Kroatien (60).

Laut einer Aussendung seien physische Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten die sichtbarsten Verletzungen der Pressefreiheit, doch speziell wirtschaftlicher Druck sei ein großes, schleichendes Problem. Der Wirtschaftsindikator des RSF-Weltindex ist so niedrig wie nie zuvor. Medienunternehmen in 160 Ländern erreichen finanzielle Stabilität nur mit Schwierigkeiten oder überhaupt nicht. In fast einem Drittel der Länder weltweit seien Nachrichtenagenturen aufgrund finanzieller Schwierigkeiten geschlossen worden. "Ohne wirtschaftliche Unabhängigkeit kann es keine freie Presse geben", warnte Anne Bocandé, Redaktionsleiterin von RSF International, in einer Aussendung.

In den USA (Platz 57) würden sich weite Regionen bereits in Nachrichtenwüsten verwandeln, in denen es keine Lokalmedien mehr gebe. Auch sorgt eine voranschreitende Medienkonzentration für die Verschlechterung des Wirtschaftsindikators. In 46 Ländern ist das Medieneigentum stark konzentriert, in einigen Ländern werden Medien vollständig vom Staat kontrolliert. Großen Anlass zur Sorge geben laut RSF etwa Russland, Ungarn oder auch Georgien. Aber auch in relativ gut platzierten Ländern wie Australien, Kanada und Tschechien sieht die NGO Handlungsbedarf.

Der Pressefreiheitsindex stützt sich auf fünf Indikatoren (politischer Kontext, ökonomischer Kontext, rechtlicher Kontext, sozio-kultureller Kontext und Sicherheit), wobei etwa (Medien-)Journalisten, (Kommunikations-)Wissenschafter oder auch (Medien-)Anwälte die Lage im Land bewerten. Österreich verbesserte sich bei allen fünf Indikatoren gegenüber dem Vorjahr.

Am größten fiel das Plus (4,53 Punkte auf 64,7 Punkte) beim ökonomischen Kontext aus, was laut Hausjell u.a. auf höhere Unterstützungszahlungen im Bereich Qualitätsjournalismus und digitale Transformation sowie die Etablierung der ORF-Haushaltsabgabe zurückzuführen sei. Förderungen für neue und vor allem digitale Medien fehlen aber fast komplett, mahnte der RSF-Österreich-Präsident und merkte kritisch an, dass Boulevardmedien weiterhin den größten Teil der staatlichen Unterstützung erhielten.

Am besten performte Österreich nach Ansicht der Evaluatorinnen und Evaluatoren in puncto Sicherheit (92,55 Punkte). Das sei speziell auf die geringere Anzahl von Protesten und damit weniger gewalttätigen Übergriffen auf Journalisten zurückzuführen, so RSF-Österreich-Generalsekretär Martin Wassermair. Im rechtlichen Kontext verbesserte sich die Lage hierzulande um 3,5 Punkte auf 81,97 Punkte, was etwa auf das Informationsfreiheitsgesetz zurückzuführen ist. Bergauf ging es auch für die sozio-kulturelle Säule (78,77 Punkte). Doch würde ein Teil der Bevölkerung journalistischen Medien zunehmend skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen, was laut Hausjell "auf die Stimmungsmache" der FPÖ zurückzuführen sei, die kritischen Journalismus als "Lügenpresse" oder "Systemmedien" zu delegitimieren versuche.

Der politische Kontext kam auf 72,59 Punkte. "Dass mit den Koalitionsverhandlungen zwischen Freiheitlichen und Volkspartei im Jänner orban'sche Verhältnisse für Österreich bedrohlich nahegekommen waren, werden wir nicht vergessen dürfen", sagte Hausjell. Es müsse eine "sehr scharfe und bleibende Warnung" für die nächsten Jahre sein. Wassermair sieht es als große, aber drängende Herausforderung an, die Wertschätzung gegenüber den Medien und deren Wert für die Demokratie zu erhöhen. "Wir sind gut beraten, uns nicht zufrieden zurückzulehnen, nur weil Herbert Kickl und dessen Vorstellungen von Medienpolitik uns erspart geblieben sind. Medienpolitik muss aus ihrem stiefmütterlichen Dasein herausgeführt werden. Für eine resiliente Medienlandschaft muss man Geld in die Hand nehmen", sagte Wassermair.

"Die Verbesserung im Ranking ist ermutigend, aber kein Freifahrtschein", reagierte NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter auf die Platzierung Österreichs. Es bleibe viel zu tun, um den Medienstandort nachhaltig zu sichern und unabhängigen Journalismus zu stärken. Brandstötter führte dazu eine "Entparteipolitisierung" des ORF, eine umfassende Stärkung der Medienkompetenz in Schulen und in der Erwachsenenbildung sowie die gezielte Unterstützung von Medien-Start-ups an. Auch arbeite man in der Bundesregierung an einer stärkeren Kooperation zwischen ORF und privaten Medienhäusern, so die NEOS-Politikerin.

Vizekanzler und Medienminister Andreas Babler (SPÖ) betonte, Platz 22 sei nicht zufriedenstellend. "Das ist nicht der Platz, an dem ein demokratisches Land wie unseres stehen darf - noch 2015 waren wir unter den Top 10", erinnerte er in einer Aussendung. Österreich solle wieder eine Vorbildnation in Sachen Pressefreiheit werden, so Babler, der an Maßnahmen der Bundesregierung zur Förderung der Unabhängigkeit des ORF oder der Medienvielfalt erinnerte.

Die Grüne stellvertretende Klubobfrau Sigrid Maurer hob besonders die Fördergesetze vor, die in der vergangenen Gesetzgebungsperiode, in der ihre Partei mitregierte, verabschiedet worden waren. "Die medienpolitischen Verbesserungen der letzten Jahre tragen eine klar grüne Handschrift. Wir freuen uns, dass dieser Umstand nun auch im Pressefreiheits-Ranking seinen Niederschlag findet", so Maurer in einer Aussendung.

ÖVP-Europaabgeordneter Lukas Mandl verwies in seiner Aussendung zum Internationalen Tag der Pressefreiheit an die Bedeutung freier Medien für die Demokratie: "Eine Demokratie ohne Beteiligung wird schläfrig. Und die Verteidigung ist in Zeiten der Angriffe von innen und außen von zentraler Bedeutung. Die Verteidigung der Demokratie setzt Pressefreiheit unbedingt voraus. Und die demokratische Beteiligung braucht freie Medien als Forum mit Fairness", so Mandl.

(S E R V I C E - www.rog.at)

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