Die ÖVP steht ohne Aussicht auf Wahlerfolge da und verzichtet auf eine Neuausrichtung: Die unendlichen Spekulationen über eine Rückkehr ihres Ex-Chefs kommen auch insofern nicht irgendwoher.
ANALYSE DER WOCHE
Die Frage musste sein, nachdem Sebastian Kurz im Prozess wegen Falschaussage vor einem Untersuchungsausschuss freigesprochen worden war: Steht er vor einem politischen Comeback? Die Frage wird dem 38-Jährigen gefühlt wöchentlich gestellt. Meist verweist er auf seine unternehmerische Tätigkeit und sein Familienglück. Also Nein?
Anfang Jänner hat er über eine Rückkehr nachgedacht, wie er selbst bestätigt. Zumindest niederösterreichische Teile der ÖVP hätten ihn damals gerne als Nachfolger von Karl Nehammer gesehen. Es kam nicht dazu, zeigt aber, dass es ihn schon reizen würde und dass es in der Partei noch immer Leute gibt, die an ihn glauben.
Woher kommt das? Erstens: Die ÖVP steht ohne Aussicht auf Erfolg da. Unter Kanzler Christian Stocker ist zwar Ruhe eingekehrt. Das hat aber mit der Erleichterung zu tun, dass er der Partei das Schicksal des Juniorpartners in einer Regierung Herbert Kickl (FPÖ) erspart hat; und damit, dass in absehbarer Zeit nicht gewählt wird.
Zweitens: Stocker verzichtet auf eine Neuausrichtung der Partei. Sie bleibt dem Kurs treu, den Kurz 2017 eingeleitet hat und mit dem nur dieser große Wahlerfolge erzielte. Dabei geht es darum, der FPÖ durch eine „harte“ Migrationspolitik Konkurrenz zu machen.
Drittens: Kurz polarisiert wie nur wenige hierzulande. Vor allem Boulevardmedien sind dankbar über ihn, weil er Reichweiten bringt. Also „hypen“ sie ihn. Womit er eine Öffentlichkeit erhält, von der 99 Prozent der Politiker nur träumen können – und ein paar finden, dass er trotz allem, also trotz noch offener Inseratenaffäre etwa, der ideale Chef wäre.
Eine Mehrheit in der Partei hätten sie derzeit nicht. Längerfristig wird jedoch entscheidend sein, ob dort Stocker oder allenfalls einer anderen Person – zum Beispiel Integrationsministerin Claudia Plakolm oder Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer – zugetraut wird, die ÖVP bei der Nationalratswahl 2029 auf Platz eins zu führen.
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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 23/2025 erschienen.