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Netanyahu bat Rotes Kreuz um Hilfe für israelische Geiseln

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IKRK soll bei Versorgung israelischer Geiseln helfen
©AFP, APA, FABRICE COFFRINI
Israels Premier Benjamin Netanyahu hat das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) um Hilfe bei der Versorgung der im Gazastreifen von der islamistischen Hamas festgehaltenen israelischen Geiseln gebeten. Netanyahu habe mit dem Leiter der IKRK-Delegation in der Region, Julien Lerisson, gesprochen, hieß es am Sonntag mit. Seitens der Hamas wurde eine grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, sofern eine Versorgung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen gewährleistet werde.

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Man werde ein diesbezügliches Ersuchen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) positiv beantworten, teilte ein Sprecher der Al-Qassam-Brigaden, des militärischen Arms der Terrororganisation, in deren Telegram-Kanal mit. Bedingung sei aber, dass Israel eine umfassende und dauerhafte Versorgung der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen ermöglicht. Zudem müsse Israel jegliche Luftaufklärung während der Zeit einstellen, in der Hilfe zu den Geiseln gelangt.

Zuvor hatte sich Netanyahu nach der Veröffentlichung von Videos ausgehungerter Geiseln durch islamistische Palästinenserorganisationen entsetzt geäußert. "Der Ministerpräsident hat seine tiefe Bestürzung über die von den Terrororganisationen Hamas und Palästinensischer Islamischer Jihad veröffentlichten Aufnahmen zum Ausdruck gebracht", erklärte Netanyahus Büro in der Nacht auf Sonntag.

Er habe den Familien versichert, "dass die Bemühungen um die Rückkehr aller unserer Geiseln fortgesetzt werden und ohne Unterlass weitergehen werden". Netanyahu bezog sich auf Videos der seit Oktober 2023 gefangen gehaltenen Geiseln Rom Braslavski und Evyatar David, welche die Hamas und der Islamische Jihad in den vergangenen Tagen verbreitetet hatten. Der israelische Regierungschef habe "lange" mit Angehörigen Braslavskis und Evyatars gesprochen, hieß es aus dem Büro Netanyahus. "Die Grausamkeit der Hamas kennt keine Grenzen."

Die islamistische Hamas hat nach Ansicht von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kein Interesse an einem Abkommen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und die Freilassung von Geiseln. "Ich verstehe genau, was die Hamas will. Sie will keinen Deal", sagte er in einer Video-Botschaft gemäß einer englischen Übersetzung der "Times of Israel". Er sei nunmehr noch entschlossener, die Geiseln zu befreien und die Hamas zu zerschlagen.

Das Forum der Geisel-Familien übte Kritik an seinen Äußerungen. "Seit 22 Monaten wird der Öffentlichkeit die Illusion verkauft, dass militärischer Druck und intensive Kämpfe die Geiseln zurückbringen werden", zitierte die Zeitung eine Erklärung der Gruppe, die die Mehrheit der Familien der 50 noch immer in Gaza festgehaltenen Geiseln vertritt. "Die Wahrheit muss gesagt werden: Die Ausweitung des Krieges gefährdet das Leben der Geiseln, die in unmittelbarer Todesgefahr schweben. Wir haben die erschreckenden Bilder der Geiseln in den Tunneln gesehen, sie werden weitere lange Tage des Grauens nicht überleben", heißt es in der Erklärung des Forums weiter.

Zu den Videos der israelischen Geiseln äußerte sich am Sonntag auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. "Die Bilder der israelischen Geiseln sind erschreckend und offenbaren die Barbarei der Hamas", erklärte Kallas im Onlinedienst X. "Alle Geiseln müssen unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden. Die Hamas muss ihre Waffen niederlegen und ihre Herrschaft im Gazastreifen beenden." Kallas verknüpfte dies mit der Forderung, "umfassende humanitäre Hilfe" müsse zu den Bedürftigen im Gazastreifen gelangen.

Das Büro Netanyahus äußerte sich auch zur Lage im Gazastreifen. "Während der Staat Israel humanitäre Hilfe für die Bewohner Gazas zulässt, hungern Hamas-Kämpfer unsere Geiseln absichtlich aus und filmen sie auf zynische und abscheuliche Weise", erklärte es. Die Hamas hungere zudem "vorsätzlich die Bewohner des Gazastreifens aus", verwehre ihnen den Zugang zu Hilfsgütern und betreibe eine "Lügenkampagne gegen Israel".

Knapp 22 Monate nach Beginn des Gazakriegs, den die Hamas mit ihrem brutalen Überfall auf Israel ausgelöst hatte, ist die humanitäre Lage im Gazastreifen verheerend. Mehr als hundert Hilfsorganisationen warnten kürzlich vor einem "massenhaften Verhungern" in dem Palästinensergebiet. Auch die deutsche Bundesregierung forderte Israel am Samstag auf, die umfassende Versorgung der Bevölkerung im Gazastreifen sicherzustellen. Israel weist Vorwürfe zurück, für den Mangel an Nahrungsmitteln verantwortlich zu sein.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz zeigten sich über die Hamas-Videos empört und "entsetzt". "Abscheuliche Grausamkeit, grenzenlose Unmenschlichkeit: Das ist es, was die Hamas verkörpert", schrieb Macron auf X. "Die absolute Priorität und das Gebot für Frankreich ist die sofortige Freilassung aller Geiseln." Merz erklärte, er sei über die Aufnahmen "schockiert".

"Ich bin entsetzt über die Bilder von Evyatar David und Rom Braslavski", sagte Merz (CDU) am Sonntag der "Bild"-Zeitung. "Die Hamas quält die Geiseln, terrorisiert Israel und benutzt die eigene Bevölkerung im Gazastreifen als Schutzschild. Gerade deshalb führt zunächst kein Weg an einem verhandelten Waffenstillstand vorbei", betonte Merz. "Die Freilassung aller Geiseln ist dafür zwingende Voraussetzung." Die Hamas dürfe dann aber "in der Zukunft von Gaza keine Rolle spielen".

Macron betonte seinerseits, es müsse ein Waffenstillstand erreicht, humanitäre Hilfe in den Gazastreifen hereingelassen und eine politische Lösung für den Konflikt gefunden werden. "Diese Lösung ist die der beiden Staaten Israel und Palästina, die friedlich nebeneinander leben", schrieb Macron. "Um es ganz klar zu sagen: Im Rahmen dieser politischen Perspektive fordern wir die vollständige Entmilitarisierung der Hamas, ihren vollständigen Ausschluss von jeglicher Regierungsgewalt und die Anerkennung Israels durch den Staat Palästina."

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