von
Zum Aufruf kam das Thema auf Wunsch der Freiheitlichen in einer "Aktuellen Stunde". Generalsekretär Michael Schnedlitz prangerte vor allem die Gagen-Erhöhungen in der Wirtschaftskammer an, die teils sogar über 60 Prozent ausgefallen seien: "Man bereichert sich nicht an den Geldern von anderen, liebe ÖVP." Klubchef Herbert Kickl legte mit einer Fundamentalkritik am gesamten Kammer-System nach: "Kammern haben nur Bedeutung für die Systemparteien." Wo Selbstverwaltung drauf stehe, sei Selbstbedienung drinnen.
Speziell der Wirtschaftskammer widmeten sich die NEOS, die grundlegende Reformen forderten: "Es braucht eine komplett andere Unternehmerinnen- und Unternehmer-Kammer", meinte der Abgeordnete Michael Bernhard, der etwa eine Verschlankung der Strukturen und ein neues Wahlsystem forderte. Klubobmann Yannick Shetty wandte sich gegen die "Zwangsmitgliedschaft": "Wenn sich eine Organisation nicht mehr um ihre Mitglieder kümmern muss, dann hebt man ab." Schließlich funktioniere der ÖGB auch ohne die Pflichtmitgliedschaft und habe sogar steigende Mitgliederzahlen. Shetty verwies zudem auf Rücklagen von mehr als zwei Milliarden Euro, weshalb man die Kammer-Umlage 2 abschaffen könne.
Es brauche einen Neustart in der Wirtschaftskammer, befand auch Grünen-Klubobfrau Leonore Gewessler: "Es ist das Bewusstsein verloren gegangen, dass die Kammer für die Wirtschaft da ist und nicht die Wirtschaft für die Kammer." Die Unternehmen verdienten sich eine verlässliche Interessensvertretung, die "Mut zur Bodenhaftung" haben müsse. Auch Gewessler warb für die Abschaffung der Kammer-Umlage 2: "Wie kann es sein, dass die Kammer in einer krisenhaften Zeit zwei Milliarden an Rücklagen anhäufen kann?", fragte sich Wirtschaftssprecherin Elisabeth Götze. Die Beiträge gingen an der wirtschaftlichen Realität vorbei.
Verteidigung der Sozialpartnerschaft war das Ziel der SPÖ. Reinhold Binder, Vorsitzender der pro-ge, wandte sich gegen "pauschales Schlechtreden". Die FPÖ greife alle Interessensvertretungen an und gefährde damit auch noch die Wirtschaft. Die Wirtschaftskammer mache etwa einen "ordentlichen Job", wenn es um die Unterstützung der Exportwirtschaft gehe. Immerhin gestand Binder zu, dass sehr viele Fehler passiert seien, weshalb sich die Kammer selbst reformieren müsse.
"Reformieren ja, zerstören nein", gab VP-Generalsekretär Nico Marchetti als Devise aus. Grundton der VP-Abgeordneten war, die FPÖ in die Affäre mit hinein zu ziehen, indem wiederholt darauf verwiesen wurde, dass deren Vertreter Matthias Krenn in der Kammer alle umstrittenen Beschlüsse die Gehälter betreffend mit getragen habe. Der langjährige Wirtschaftskammer-Funktionär Laurenz Pöttinger (ÖVP) erkannte überhaupt eine "Neid-Diskussion".
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) hätte kein Verständnis, würden Unternehmer pauschal verurteilt, weil sie sich in der Kammer engagierten. Ohnehin dürfe man nicht zulassen, dass - bei aller berechtigten Kritik - die Sozialpartnerschaft in Frage gestellt werde: "Gerade in wirtschaftlich fordernden Zeiten braucht es eine starke Interessensvertretung der Wirtschaft." Er habe dabei alles andere als Verständnis für das Bild, das in den vergangenen Wochen abgegeben worden sei. Mit Interimschefin Martha Schultz gebe es aber ein unmissverständliches Signal, dass ein konsequenter Reformweg eingeschlagen werde.
Der emotionalen Debatte live im Plenarsaal lauschen durfte erstmals eine neue NEOS-Abgeordnete. Lisa Aldali wurde zu Beginn der Sitzung als Nachfolgerin von Stephanie Krisper angelobt.






