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"Die Problematik mit der PVA ist leider sehr groß. Schwer kranke Menschen werden immer wieder von der PVA abgelehnt. Das trifft nicht nur Menschen mit der Diagnose ME/CFS", sah Belakowitsch auch Probleme bei Betroffenen von anderen gesundheitlichen Einschränkungen. "Die PVA macht hier oft, was sie will. Das ist ein unwürdiges Spiel, dass Menschen, die vom AMS als arbeitsunfähig eingestuft werden, von der PVA als arbeitsfähig eingestuft und wieder zurückgeschickt werden", sagte sie.
Und die Abgeordnete verwies auf die Folgeprobleme: "Die betroffenen Menschen müssen dann vor ein Arbeits- und Sozialgericht gehen, weil es in der PVA auch keine Schlichtungsstelle gibt. Das können viele, vor allem schwer kranke Menschen aber oft nicht."
Die PVA müsse aus Sicht der FPÖ "ihre Politik überdenken". "Ich verstehe das grundsätzliche berechtigte Interesse der PVA, die Menschen bis zum Pensionsantrittsalter im Arbeitsmarkt zu halten. Das ist nur nicht immer möglich, weil die Menschen unterschiedlich und auch ihre Krankheitsbilder individuell sind. 'Long Covid' scheint in der aktuellen Zeit vielen Verantwortlichen wichtig zu sein. Vielleicht kommt es auch deshalb zu einem Umdenken und einer Besserung der Situation."
Bereits zuvor waren am Donnerstag Rufe nach Änderungen laut geworden. Seitens der Sozialdemokratie verwies Gesundheitssprecher Rudolf Silvan auf geplante Schritte der ÖVP-SPÖ-NEOS-Regierung in diesem Bereich. Im Regierungsprogramm sei eine Überarbeitung des Rehabilitationsgeldes und der Berufsunfähigkeitspension vorgesehen. Die Grünen sprechen von "systematischer Schikane" durch PVA. Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner zeigte sich "schockiert" von den Recherchergebnissen und forderte die PVA auf, ihren Umgang mit chronisch Kranken "grundlegend zu überdenken". Auch Volksanwalt Bernhard Achitz (SPÖ) beklagte Probleme und forderte von der PVA, aber auch vom Sozialministerium-Service SMS (bei dem der Grad der Behinderung festgestellt wird, Anm.) u.a. bessere Schulungen der Gutachter, außerdem sollten diese den Patienten "mehr Glauben schenken".
Eine am Donnerstag veröffentlichte gemeinsame Erhebung von APA, ORF und der Rechercheplattform Dossier hatte zuvor aufgezeigt, dass Betroffene von ME/CFS oder Post Covid nicht nur mit mangelnder Gesundheitsversorgung, sondern auch mit sozialrechtlichen Problemen zu kämpfen haben. Anträge auf Berufsunfähigkeits-/Invaliditätspension (bzw. Rehageld) sowie Pflegegeld werden seitens der PVA nur selten gewährt.
In den von Betroffenen zugespielten Fällen wurden in Summe 79 Prozent der Anträge abgelehnt. In den Gutachten wurden teils veraltete Diagnosen gestellt und die Ursprungsdiagnose ME/CFS oder Post Covid als Hauptdiagnose in nur knapp 23 Prozent der PVA-Gutachten übernommen. Im überwiegenden Teil der Gutachten (56 Prozent) fanden diese Diagnosen gar keine Berücksichtigung, beim Rest etwa nur als Nebendiagnosen. Auch die Diagnosekriterien für ME/CFS (kanadische Konsenskriterien oder andere) kamen in den Gutachten nicht vor - und das Kardinalsymptom von ME/CFS (die schwere Belastungs-Erholungsstörung PEM/Post-Exertional Malaise) wurde so gut wie nicht berücksichtigt.