News Logo
ABO

EU-Kommission will russische Vermögen für Ukraine nutzen

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
6 min
Belgiens Premier De Wever meldet Bedenken an
©ELISABETH MANDL, APA, EFA
Die Europäische Kommission hat am Mittwoch in Brüssel ihre mit Spannung erwarteten zwei verknüpften Optionen zur Finanzierung der weiteren Unterstützung der Ukraine präsentiert. Sie schlägt neben der Nutzung der eingefrorenen russischen Vermögen mittels "Reparationskredit" eine EU-Kreditaufnahme auf den Kapitalmärkten vor, die sich auf den aktuellen EU-Haushalt stützen würde. Auch Schutzmaßnahmen vor Vergeltungsmaßnahmen Russlands werden vorgeschlagen.

von

Die Vorschläge sehen Maßnahmen vor, um die Mitgliedstaaten und Finanzinstitute vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen innerhalb Russlands und vor unrechtmäßigen Enteignungen außerhalb Russlands zu schützen: "Um etwaige Restrisiken abzudecken, umfasst das Paket einen starken Solidaritätsmechanismus, der durch bilaterale nationale Garantien oder den EU-Haushalt abgesichert ist." Dies ist vor allem an Belgien gerichtet, das Bedenken gegen die Nutzung der Vermögen hat.

"Wir schlagen vor, zwei Drittel des Finanzbedarfs der Ukraine für die nächsten zwei Jahre zu decken. Das sind 90 Milliarden Euro", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. "Da Druck die einzige Sprache ist, auf die der Kreml reagiert, können wir ihn auch erhöhen." Sie habe den Plan US-Finanzminister Scott Bessent vorgestellt, der ihn "positiv aufgenommen" habe. Russland hat wiederholt gewarnt, die Nutzung seiner Vermögen wäre ein Akt des Diebstahls. Die Kommission argumentiert, es handle sich nicht um eine Konfiszierung, da die Ukraine den Kredit nur zurückzahlen müsse, wenn Russland eines Tages Reparationen für die Kriegsschäden leiste.

Als Alternative zu dem Plan legte von der Leyen zudem einen konkreten Vorschlag für die Aufnahme neuer EU-Schulden für die Ukraine vor. Zahlreiche Länder wie Deutschland lehnen dies allerdings ab und setzen darauf, den bisher anhaltenden Widerstand Belgiens gegen die Nutzung der russischen Gelder zu brechen.

Belgien zeigte sich jedoch unbeeindruckt. "Wir haben das frustrierende Gefühl, nicht gehört worden zu sein. Unsere Bedenken werden heruntergespielt", sagte Außenminister Maxime Prevot am Rande eines NATO-Treffens. Die Regierung in Brüssel befürchtet Vergeltungsmaßnahmen aus Moskau, da die russischen Mittel hauptsächlich beim belgischen Finanzdienstleister Euroclear liegen. Belgien fordert von den EU-Partnern rechtliche und finanzielle Garantien für den Fall von Klagen oder einer gerichtlich angeordneten Rückzahlung an Russland. Zudem müssten sich auch andere Länder beteiligen, die russische Vermögen halten.

Premier Bart De Wever hatte in einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorigen Freitag erneut den Widerstand seines Landes bekräftigt. EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas sagte beim EU-Verteidigungsministerrat am Montag, alle EU-Länder hätten sich beim letzten Gipfel bereit erklärt, die Risiken zu teilen. Die Staats- und Regierungschefs sollen sich beim Gipfel am 18. und eventuell 19. Dezember auf die Pläne der Kommission einigen.

Ziel ist es, den dringenden Finanzbedarf der Ukraine für die kommende zwei Jahre zu decken. Das Reparationsdarlehen müsste Kiew nur zurückzahlen, wenn Moskau für die Kriegsschäden Reparationszahlungen leistet. Der heute vorgeschlagene Reparationskredit soll die Kommission ermächtigen, Barguthaben von EU-Finanzinstituten aufzunehmen, die eingefrorene Vermögenswerte der russischen Zentralbank halten. Um den dringendsten Bedarf der Ukraine rasch zu decken, soll die EU Geld auf den Kapitalmärkten aufnehmen.

Die EU ist auch durch den Friedensplan von US-Präsident Donald Trump unter Druck geraten, möglichst bald über die Frage zu entscheiden. Der jüngste Vorschlag von US-Präsident Donald Trump zur Beendigung des Ukraine-Krieges sieht vor, dass ein großer Teil der rund 200 Milliarden Dollar (171,73 Mrd. Euro) in Europa eingefrorenen russischen Vermögen an die USA gehen sollte: Unter anderem sollten 100 Milliarden Dollar für Aufbauprojekte und Investitionen in der Ukraine unter US-Führung genutzt werden.

"Mit den heutigen Vorschlägen werden wir sicherstellen, dass die Ukraine über die Mittel verfügt, sich zu verteidigen und die Friedensverhandlungen aus einer Position der Stärke heraus voranzutreiben. Wir schlagen Lösungen vor, um den Finanzbedarf der Ukraine für die nächsten zwei Jahre zu decken, den Staatshaushalt zu unterstützen und ihre Verteidigungsindustrie sowie ihre Integration in die europäische Verteidigungsindustrie zu stärken. Wir erhöhen die Kosten des russischen Angriffskriegs. Dies sollte für Russland ein weiterer Anreiz sein, sich an den Verhandlungstisch zu setzen", so Kommissionspräsidentin von der Leyen.

Die österreichische Regierung hatte bisher auf rechtliche Punkte verwiesen: Auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) erklärte vor dem Treffen mit ihren Amtskollegen am Montag in Brüssel erneut, die Frage sei rechtlich "sehr herausfordernd", die "Verhandlungen laufen ja noch". Der Finanzierungsbedarf sei ein "unfassbarer", das werde man beurteilen müssen. Man dürfe aber auch nicht die Augen verschließen, dass es viele Krisenherde gebe, "auf die muss man auch schauen", das sei auch einzubeziehen neben der rechtlichen Frage.

Nachdem die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem letzten Gipfel keine Einigung zur Nutzung erzielten, wurde die EU-Kommission aufgefordert, bis zum nächsten Gipfeltreffen am 18. und eventuell 19. Dezember Optionen zur Aufbringung von Geldern zur weiteren Unterstützung der Ukraine auszuarbeiten. Die Überlegungen der Kommission, Geld auf den Kapitalmärkten aufzunehmen, oder die EU-Länder bezahlen selbst, waren jedoch von vielen finanziell klammen Mitgliedsländern skeptisch beurteilt worden.

Über die Autoren

Logo
Monatsabo ab 20,63€
Ähnliche Artikel
2048ALMAITVEUNZZNSWI314112341311241241412414124141241TIER