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Selbst nach wochenlangen Verhandlungen auf Diplomatenebene wird bis zuletzt um eine Lösung gerungen. Immer noch ist Belgien, wo ein Großteil der Vermögen bei Euroclear lagert, nicht überzeugt. Auch weitere Staaten wie Ungarn oder Italien meldeten Bedenken an. Österreich ist nicht gegen die Nutzung der Gelder, sah aber bisher rechtliche Fragen, die noch zu klären waren. Die Staatschefs hatten bei ihrem vorangegangenen Treffen Ende Oktober der Kommission den Auftrag erteilt, Finanzierungsoptionen für die klamme Ukraine zu suchen. In wenigen Monaten geht dieser das Geld aus, was auch ein baldiges Ende des Krieges - mit schlechtem Ausgang für die Ukraine und Europa - bedeuten würde.
EU-Ratspräsident Antonio Costa, der bisher die Gipfeltreffen auf einen Tag gestrafft hatte, kündigte bereits an, die Staatschefs im Notfall "tagelang verhandeln" zu lassen. "Wie immer werde ich mich bemühen, unser Treffen auf einen Tag zu beschränken. Meine oberste Priorität ist es jedoch, die wichtigen Entscheidungen, die getroffen werden müssen, nämlich über die Finanzierung der Ukraine, zu treffen", heißt es im offiziellen Einladungsbrief des Portugiesen.
Rund 210 Milliarden Euro an eingefrorenem russischem Staatsvermögen liegen in der EU, der Großteil davon in Belgien. Laut den Vorschlägen der EU-Kommission soll das Reparationsdarlehen bis zu 165 Milliarden Euro betragen. Völkerrechtlich gilt dieses Konstrukt als legitim. Kiew müsste das Geld nur dann zurückzahlen, wenn Moskau Reparationszahlungen leistet. Die zweite Möglichkeit zur Finanzierung der Ukraine bestünde in der Aufnahme von neuen EU-Schulden. Das wird jedoch von vielen EU-Ländern abgelehnt, außerdem müsste es dazu wohl ein einstimmiges Votum geben - was angesichts der Opposition Ungarns als ausgeschlossen gilt.
Die Vorschläge sehen auch Maßnahmen vor, um die Mitgliedstaaten und Finanzinstitute vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen innerhalb Russlands und vor unrechtmäßigen Enteignungen außerhalb Russlands zu schützen. Dies war vor allem an Belgien gerichtet, reicht dem Königreich aber bisher nicht aus. Um die Entscheidung notfalls gegen den Willen einiger Mitgliedsländer durchzubringen, könnte der Gipfel diese mit einer sogenannten qualifizierten Mehrheit aus Ländern und Bevölkerungsanzahl treffen.
Unter Berufung auf den Artikel 122 des EU-Vertrags, der bei gravierenden Schwierigkeiten der Wirtschaft gilt, wurde vorige Woche der erste Schritt zur Nutzung der Vermögen gemacht: Das russische Vermögen wurde gegen die Stimmen Ungarns und der Slowakei dauerhaft eingefroren - bisher musste diese Regelung alle sechs Monate einstimmig erneuert werden. Theoretisch könnten die EU-Partner am Donnerstag in Brüssel auch Belgien überstimmen - ob sie dies wagen, wird von Beobachtern angezweifelt.
Denn die von allen akzeptierten Bedenken eines EU-Landes zu übergehen, das noch dazu viele EU-Institutionen beheimatet, könnte die EU ebenso in eine tiefe Krise stürzen wie keine Entscheidung über die weitere Ukraine-Finanzierung zu treffen. Zahlreiche EU-Diplomaten erklärten im Vorfeld, sie seien sich sicher, dass am Donnerstag oder Freitag eine Lösung gefunden wird. Dass ein weiterer (Sonder-)Gipfel mit dem Thema befasst wird, gilt als äußerst unwahrscheinlich.
Neben der Zukunft der Ukraine stehen mit dem nächsten mehrjährigen EU-Budget, der Erweiterung, Migration, Nahost, Verteidigung und Wettbewerbsfähigkeit auch andere große Themen auf der Agenda des Gipfeltreffens. Zu allen diesen Themen werden zwar Schlussfolgerungen verabschiedet, aber keine Beschlüsse erwartet. Auch über das EU-Handelsabkommen Mercosur mit südamerikanischen Staaten, das eigentlich am Samstag unterzeichnet werden soll, könnte am Rande diskutiert werden. Derzeit wird weiter um eine Einigung unter den Mitgliedsländern gerungen.






