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Entschuldigung der Polizei nach Peršmanhof-Einsatz

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++ ARCHIVBILD ++ Die Polizei war am Sonntag zu der Gedenkstätte angerückt
©APA, dpa, Daniel Vogl
Nach einem umstrittenen Polizeieinsatz bei einem antifaschistischen Camp am Kärntner Peršmanhof hat am Mittwoch auf Einladung von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) ein Runder Tisch mit Behördenvertretern stattgefunden. Dabei entschuldigte sich Landespolizeidirektorin-Stellvertreter Markus Plazer bei Bernard Sadovnik vom Volksgruppenbeirat, einem Nachkommen der ermordeten Familie vom Peršmanhof.

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Plazer nach dem Termin vor Journalisten: "Ich habe mich entschuldigt, weil die Familie persönlich betroffen ist." Ein Schuldeingeständnis sei das nicht. Ob der Einsatz korrekt und angemessen gewesen sei, werde evaluiert. Es habe Anzeigen gegeben, dass dort ein illegales Antifa-Camp sei. Weil es um die Antifa ging, sei der Staatsschutz befasst worden. "Wir sind immer verpflichtet, wenn Übertretungen stattfinden, dort einzuschreiten."

Sadovnik sagte nach dem Treffen, er wünsche sich eine schnelle und rasche Aufklärung durch das Innenministerium. Beim Runden Tisch habe er Fragen gestellt, die in der Kommission abgearbeitet werden müssen. Einen rechtlichen Schutz von Gedenkstätten "vor solchen Angriffen" befürworte er. Man richte viel an, wenn man hier unsensibel vorgehe. "Das muss nicht sein. Das soll in Zukunft nicht sein." Solche Ereignisse dürften sich nicht wiederholen. Sadovnik betonte auch, dass er als Bürgermeister immer gut mit der Polizei zusammengearbeitet habe, deshalb sei ihm Aufklärung so wichtig. "Es darf nie eine Pauschalverurteilung der österreichischen Exekutive geben." Umgekehrt drückte Sadovnik seine Befremdung darüber aus, welche Reaktionen ein antifaschistisches Camp offenbar auslöse, dabei sollte Antifaschismus eine Grundhaltung in der Republik sein.

Nach dem Runden Tisch, an dem auch Vertreter der Bezirkshauptmannschaft teilgenommen hatten, war Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) zunächst allein im Spiegelsaal der Landesregierung vor die Presse getreten. Kaiser kündigte an, dass ein Gesetz zum Schutz von Gedenkstätten geprüft werden soll. Die Verfassungsabteilung werde damit befasst. Der Landeshauptmann berichtete von Bemühungen um Beruhigung, etwa einem Telefonat mit der slowenischen Außenministerin Tanja Fajon. Kaiser: "Ich weiß, dass viele Menschen von dieser Vorgehensweise äußerst betroffen sind. Ich möchte mich an die jungen Menschen richten, die vielleicht ein verzerrtes Bild bekommen haben: Vertrauen Sie der Republik, vertrauen Sie der Demokratie! Es passieren manchmal Dinge, die man so nicht wünscht." Der Verein, der das Museum im Peršmanhof betreibt, habe die Einladung zum Runden Tisch ausgeschlagen, mit Vertretern der Behörden an einem Tisch zu sitzen, sei derzeit nicht zumutbar. Kaiser: "Ich nehme das zur Kenntnis, bedaure es aber." Der Landeshauptmann hofft auf rasche, lückenlose Aufklärung durch eine Kommission im Innenministerium. Dann gelte es dort, wo Verantwortung liegt, Konsequenzen zu ziehen.

Der vierstündige Einsatz am Peršmanhof hatte am Sonntag für Wirbel gesorgt. Drei Polizeistreifen, Beamte des Landesamts Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE), des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) sowie der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt waren zu dem abgelegenen Hof, der eine Gedenkstätte beherbergt, angerückt. Grund dürften Anzeigen oder anonyme Hinweise gewesen sein, unter anderem wohl wegen unrechtmäßig aufgestellter Zelte während des Camps. Die Situation an Ort und Stelle schaukelte sich rund um verweigerte Identitätsfeststellungen hoch, weshalb drei Beamte der Schnellen Interventionsgruppe (SIG), eine Diensthundeführerin und ein Polizeihubschrauber nachgefordert wurden. 62 Verwaltungsübertretungen und zwei Widerstände gegen die Staatsgewalt wurden angezeigt, 32 Identitätsfeststellungen und zwei Personendurchsuchungen durchgeführt.

Die Polizei wurde für den Einsatz scharf kritisiert, insbesondere seitens der Kärntner Slowenen. Nicht nur sei der Einsatz wegen vermeintlicher Verstöße gegen das Naturschutzgesetz überzogen gewesen, sondern auch angesichts des geschichtsträchtigen Ortes unangemessen. Am Peršmanhof hatten vor fast genau 80 Jahren, am 25. April 1945, Teile einer Spezialeinheit des I. Bataillons des SS-Polizeiregiments 13 ein Massaker an elf Zivilisten verübt. Das Innenministerium hat eine umfassende Aufarbeitung des Polizeieinsatzes vom Sonntag angekündigt, was auch von zahlreichen Seiten - sowohl aus der Politik als auch von Gedenkvereinen - gefordert wurde.

Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) sagte am Mittwoch bei einem Medientermin in Klagenfurt auf Nachfrage, dass ein Polizeieinsatz an einer Gedenkstätte immer einer besonderen Sensibilität bedürfe: "Es ist gut, dass die Vorgänge untersucht werden und dass diese Untersuchung transparent durchgeführt wird." Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen betonte, dass die Vorkommnisse rasch aufgeklärt werden müssen. Er habe am Mittwoch mit der slowenischen Präsidentin Nataša Pirc Musar, Landeshauptmann Kaiser und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) darüber gesprochen, schrieb er auf X: "Wir stimmen überein, dass an einem so sensiblen Ort wie dieser Gedenkstätte besonderes Augenmaß und größtmögliche Sensibilität erforderlich sind - und zwar von allen Beteiligten, insbesondere der Sicherheitsbehörden."

Die politischen Parteien bekräftigten unterdessen ihre Sicht auf den Vorfall in Aussendungen wie schon in den Tagen zuvor. Auch Vertreter der kroatischen Volksgruppe brachten ihre Irritation ob des Polizeieinsatzes zum Ausdruck und fordern Aufklärung.

Der Klagenfurter Rechtsanwalt Rudolf Vouk, der während des Einsatzes für die Teilnehmer und Veranstalter hinzugezogen wurde, ortet einen Fall von Amtsmissbrauch und hat eine Anzeige vorbereitet. Er sagt, die Polizei sei darauf aus gewesen zu eskalieren und einen Konflikt zu provozieren. Der Einsatzleiter habe betont, dass sich unter dem "Deckmantel" der Antifa Extremisten verbergen würden, so Vouk gegenüber der APA. Er kritisiert auch den Vermittlungsversuch des Landeshauptmanns, weil die Betroffenen des Antifa-Camps nicht eingeladen worden seien. Bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt ist in der Causa Peršmanhof noch kein Ermittlungsverfahren anhängig.

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