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Turnstile sorgten in Wien für eine mitreißende Show

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Das Quintett sorgte für viel Bewegung im Gasometer
©APA, GoodLiveArtists, A. Jefferson, Atiba Jefferson
Das durfte man nicht verpassen: Wer sich auch nur ansatzweise mit Hardcore, Punk oder härterer Gitarrenmusik auseinandersetzt, fand Mittwochabend den Weg ins Wiener Gasometer. Dort hatte sich Turnstile angesagt, jene US-Hardcore-Band, die in den vergangenen Jahren die Szene auf den Kopf stellte. Knackige Zweiminüter, die Popstars zum Schwärmen bringen und für einen Grammy nominiert sind? Für Brendan Yates und Co mittlerweile eine Kleinigkeit. Die Show wurde zum Triumphzug.

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Über zehn Jahre ist es her, dass die heute unter anderem von Charli XCX gefeierten Turnstile erstmals in Wien aufschlugen. Damals noch im mittlerweile aufgelösten Kellerlokal B.A.C.H., wie Yates sich zwischendurch erinnerte. "Wer war damals dabei?" Es war sogar eine glaubwürdige Anzahl an Händen, die unter den rund 2.000 Anwesenden in die Luft schnellte. Wer hätte damals schon gedacht, was aus dieser dem klassischen Ostküsten-Sound verbundenen Formation eines Tages werden würde?

Doch der Reihe nach: Alles begann 2010 in Baltimore. Die oft erzählte Story: Ein paar Freunde schließen sich zusammen und hangeln sich entlang einiger einfacher Hardcore-Hooks durch den Untergrund. Man spielt, rackert sich ab, nimmt EPs und Alben auf, um sich irgendwann zu fragen: Ist das alles? Braucht es nicht vielleicht mehr? Gedacht, getan: Auf dem 2021 veröffentlichten "Glow" fand die klassische Mixtur einen neuen Geschmack, denn Turnstile hatte plötzlich Melodie und Atmosphäre entdeckt. Direktheit und Aggression standen immer noch an der Tagesordnung, aber nun vermengt mit Synthie-Sounds, viel Melodie und einer Eingängigkeit, die ihresgleichen suchte.

Und so klingt auch das jüngst veröffentlichte "Never Enough", mit dessen Titeltrack der Wien-Abstecher begann: Das Quintett nimmt sich Zeit, baut die Stücke teils behutsam auf, um dann von Null auf Hundert zu gehen und mit viel Gespür für Groove den Boden zu fegen. Ältere Songs wie "Fazed Out" wussten mit viel Punch zu überzeugen, während das neue "I Care" ein wenig Tempo rausnahm - wohlgemerkt: die Betonung liegt auf "ein wenig". Denn selten hat man eine kleine Hardcore-Show in derart großem Rahmen gesehen. Mosh, mosh, mosh lautete die Devise.

Und trotzdem muss man festhalten, dass Turnstile ihren überraschenden Höhepunkt "Glow" nur bedingt wiederholen konnten. Als Nummern wie das sphärische "Underwater Boi" oder die Großtat "Holiday" gezündet wurden, gab es kein Halten mehr. Da konnte auch das überlange "Look Out For Me" trotz gekonntem Songwriting und feinem, elektronischen Endspurt nicht ganz mithalten. Aber die Nuancen sucht man ohnedies besser in den Studioversionen, live ging es Yates und seinen Kollegen hingegen um die völlige Eskalation. Und das zu Recht!

Ein paar Fragezeichen blieben dennoch bestehen: Warum ist diese derzeit wohl heißeste Rockband des Planeten in so kleinem Rahmen zu erleben? Wieso konnte nicht doch ein Termin in der nahe gelegenen und eigentlich den viel besseren Rahmen bietenden Arena (gerne Open Air) gefunden werden? Und weshalb platzte das Venue nicht aus allen Nähten angesichts einer Performance, die in der Schnittfläche aus Hardcore-Authentizität und Massentauglichkeit nur als bestechend zu bezeichnen war? Vielleicht sind wir in ein paar Jahren schlauer. In jedem Fall darf man dann sagen: Ich war dabei. Denn eines scheint fix: In solch kleiner Dimension wird man Turnstile wohl nicht mehr begegnen.

(Von Christoph Griessner/APA)

(S E R V I C E - www.turnstilehardcore.eu)

WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/GoodLiveArtists/A. Jefferson/Atiba Jefferson

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