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Die in vielen Genres erprobte Vielschreiberin, Enkelin des Schauspielers Walther Reyer, 1960 bis 1968 Titelheld des Salzburger "Jedermann", entwickelt ihr Buch entlang von zwei Handlungssträngen. Die Haupthandlung spielt im Sommer des Jahres 1937, als Reinhardt in einer Atmosphäre des zunehmenden Antisemitismus seine Hofmannsthal-Inszenierung vorbereitet. Er ahnt, dass seine Tage als Theaterzampano der Festspiele und als feudal Hof haltender Schlossherr auf Leopoldskron bald gezählt sein werden. Parallel dazu zeichnet Reyer die Lebensgeschichte von Else Heims nach, die an der Schauspielschule Max Reinhardt kennenlernt, seine Frau wird, zwei Kinder mit ihm hat, und schließlich für die viel jüngere Helene Thimig verlassen wird.
Reyer vermischt historische Figuren mit erfundenen Fakten und legt dabei viel Wert darauf, Else Heims als Künstlerin und emanzipierte Frau, der von Reinhardt Unrecht widerfahren ist, zu würdigen. Eine dichte Atmosphäre kümmert sie dabei deutlich mehr als eine plausible Krimihandlung, und auch bei manchen Details stutzt man: Nach St. Wolfgang gelangt man damals wie heute nicht mit dem Zug (sondern musste auch von der Salzkammergut-Lokalbahn ins Schiff umsteigen), und dass uniformierte SA-Männer sich 1937 in aller Ruhe Schloss Leopoldskron für seine spätere Verwertung ansehen durften, scheint nicht eben wahrscheinlich.
Dominik Dos-Reis als aktueller Tod am Domplatz braucht wohl nicht um sein Leben zu fürchten, und auch sonst hält sich die Spannung eher in Grenzen. Die Mordserie, die ausgerechnet dem Tod gilt, ist angesichts des vielfältigen rundum arrangierten Materials beinahe Nebensache. Wer als Festspielbesucher passende Einschlaflektüre sucht, ist bei "Tod bei den Salzburger Festspielen" jedoch gut aufgehoben. Denn Gespür für das richtige Timing kann man Sophie Reyer keinesfalls absprechen.
(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)
(S E R V I C E - Sophie Reyer: "Tod bei den Salzburger Festspielen", Emons Verlag, 240 Seiten, 15,50 Euro, Werkstattgespräch im W&K-Atelier der Paris-Lodron-Universität Salzburg, Bergstraße 12: 17.8., 14.30 Uhr)
KÖLN - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA /Emons Verlag