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Ausgehend von seiner Zwickelposition als Sohn einer engagierten Umweltaktivistin und Vater einer Tochter, die ihr Leben ebenfalls dem Umweltschutz gewidmet hat, nähert er sich auf 200 Seiten mit Kapiteln wie "Boden", "Auto", "Feminismus" oder "Ernährung" dem großen Thema Umweltschutz aus unterschiedlichen Perspektiven an und verwebt ganz nebenbei seine eigene Lebensgeschichte. "Das Biografische verstehe ich eigentlich als Handlauf dafür, dass man den Inhalt versteht", erklärt Schwarz. "Dieses Buch soll eine Aufforderung an mich genauso sein wie an die Leserinnen und Leser."
Die Entstehung des Buches war für ihn jedoch eine Herausforderung: "Wenn ich etwas schreibe, dann fange ich mit einem Thema an und dann verzettle ich mich." Die Rettung kam durch seine Co-Autorin Ursel Nendzig, die Struktur in seine Gedanken brachte und Kapitel festlegte. "Zu jedem Kapitel hat sie eine Anekdote gefügt, die ich irgendwann einmal erzählt hatte", beschreibt Schwarz den Schreibprozess. In einer letzten Schleife habe er wissenschaftliche Literatur gelesen, um seine Gedanken zu unterfüttern. So findet sich am Ende des Buches auch eine lange Liste mit Literaturtipps.
Schwarz' Engagement für die Umwelt ist tief in seiner Familiengeschichte verwurzelt. Seine Mutter war bereits in den 1970er und 1980er Jahren Aktivistin. "Was haben wir alles erreicht in den 70er und 80er Jahren? Wir haben Atomkraft, sauren Regen, Gewässerschutz in den Griff bekommen. Wir haben Luftverschmutzung extrem zurückgefahren, das Ozonloch verkleinert." In den 90er Jahren sei die große Bewegung dann stagniert, nicht zuletzt durch geopolitische Umwälzungen und den Einzug des Internets, das sich rasant vom großen Hoffnungsträger für die Demokratisierung der Gesellschaft zu einem kapitalistischen Hassgenerator entwickelt habe.
Kritisch betrachtet Schwarz den heutigen Klimaaktivismus: "Die Letzte Generation hat es langfristig nicht geschafft, die Leute mitzunehmen", zeigt er sich enttäuscht. Das liege auch an dem negativen Image, das die so genannten "Klimakleber" in der Bevölkerung haben. Bei den ersten Straßenblockaden habe er gleich seine Mutter angerufen, die damals skeptisch reagierte: "Um Gottes willen, das wird nach hinten losgehen", habe sie gesagt. Während seine Mutter an die Infiltration durch rechte Kräfte glaubte, sieht er andere Gründe für das Scheitern der Bewegung: "Wahrscheinlich haben sie einfach geglaubt, dass Aktivismus so funktionieren kann, weil sie wütend waren. Wütend und überfordert. Das ist eine Generation, die nicht mehr gelernt hat, darüber zu schlafen, länger nachzudenken und zu analysieren, sondern immer schnell und immer sofort reagieren zu müssen."
Dass es auch anders gehen kann, zeigt sich am Weg seiner Tochter: "Sie macht einen Master in Umweltwissenschaften. Sie möchte später aber in die Praxis, sie will auf jeden Fall etwas machen, wo sie wirklich etwas bewegen kann." Dass er als Nicht-Wissenschafter nun ein Buch über Umweltfragen geschrieben hat, sieht er als Teil der Suche nach einer neuen Erzählweise. "Wissenschafter nennen einfach die Fakten. Das ist aber nicht mein Kerngebiet. Mein Kerngebiet ist die Erzählung und die Emotionalität." Und auf der Gefühlsebene versucht er seine Leserinnen und Leser für sein Thema zu begeistern.
Was sich Schwarz wünschen würde? Eine neue Verbindung zur Natur, inspiriert etwa von indigenen Kulturen: "In ganz archaischen, frühen indigenen Gruppen gab es eine sehr naturverbundene Religion. Diese Schöpfung in der Natur selbst zu sehen, in der Erde, im Boden, in dem was daraus sprießt." Und er ist überzeugt: "In dieser Verbundenheit müssen wir auch wieder eine Hoffnung sehen", wünscht er sich einen neuen "Leitfaden fürs Leben".
(Von Sonja Harter/APA)
(S E R V I C E - "Geht's noch? Betrachtungen eines Überforderten" von Simon Schwarz und Ursel Nendzig, Ueberreuter Verlag, 200 Seiten, 25 Euro. Buchpräsentation am 13. November. 18.30 Uhr, Thalia Linz.)
WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/Hans Klaus Techt