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Qwert Zuiopü etwa: Diese Buchstabenfolge trifft man nicht nur auf der Tastatur von Computern und Schreibmaschinen an, dem Träger dieses Namens ist man schon in "Die 131⁄2 Leben des Käpt'n Blaubär" begegnet, dem Roman mit dem 1999 alles begann. Schon damals hatte ein Dimensionsloch, in das der gerade auf dem Weg zu seiner Krönung befindliche Gallertprinz aus der 2364. Dimension gestürzt war, dazu geführt, dass Qwert in Zamonien und dort neben Blaubär in der Schulbank von Professor Nachtigallers Nachtschule gelandet war. Diesmal jedoch hat Qwerts an sich gallertartige Masse sich in das Aussehen eines gleichermaßen attraktiven wie draufgängerischen Ritters verwandelt: Prinz Kaltbluth, dem Helden in Zamonien populärer Trivialromane.
In der neuen Hülle steckt jedoch der alte Geist. Und dem sind nicht nur alle vertrackten Regeln aus dem "Handbuch des Edelmännischen Ritterstandes", das für Ritter in Orméa den Charakter eines Gesetzbuches hat, ganz unbekannt, sondern auch Kraft und Heldenmut fremd. Seine nach Ausrede klingenden Beteuerungen "Ich komme aus einer anderen Dimension" werden von Kontrahenten meist mit Hohngelächter beantwortet. Damit aus ihm kein "Ritter der traurigen Gestalt" wird, kein "Ritter der Kokosnuss" (wobei "Qwert" wesentlich mehr an Monty Python denn an Don Quichotte erinnert), hat ihm Moers vier Dinge mitgegeben: den unsichtbaren Degen Tarnmeister, der ihm Wunderkräfte zu verleihen scheint, den treuen Knappen Oyo, das Reitwürmchen Schneesturm, das in Momenten höchster Gefahr seinem Namen alle Ehre macht, - und eine innere Stimme, die ihm dann, wenn es wirklich eng wird, sagt, was zu tun ist.
Als Schöpfer dieses Kosmos, der mit Kreaturen wie den Riesengletscherzwergen, Ruinenzecken oder Kamelianern und Örtlichkeiten wie der seltsamen Schlucht, dem endlosen Abgrund oder der Hauptstadt Creatopolis in jeder der 43 "Aventiuren" neue, fantastische Überraschungen bietet, gilt den meisten Orméanern Der einsame Denker (die auch vorhandenen Leugner dieser Theorie gelten als Querulanten). Während Qwert darüber grübelt, ob es dieser höchstpersönlich ist, der ihm in höchster Not zur Seite springt, können Leserinnen und Leser wohl davon ausgehen, dass sich der Autor selbst mit einem gottgleichen Porträt in seine Geschichte eingeschrieben hat.
Apropos Porträt: In den zahllosen Illustrationen, die wie immer einen Zamonien-Roman auch zum Schauerlebnis machen, verzichtet Moers ausgerechnet bei den zwei wichtigsten Protagonisten auf Abbildungen: Wie Prinz Kaltbluth ohne seine Rüstung aussieht muss man sich ebenso selbst vorstellen wie bei der doppelgesichtigen Janusmeduse, die nicht nur, was das Antlitz, sondern auch, was den Charakter betrifft, eine grässliche und eine zauberhafte Seite hat. Die unmögliche Love Story der beiden bildet samt Medusen- und Musenkuss das Zentrum aller Abenteuer. Denn was wäre ein Ritter ohne seine Maid, ein Kaltbluth ohne ein paar Spritzer Herzblut?
"Qwert" wartet also mit Einfällen auf, mit denen andere Dutzende Bücher füllen. Doch ausgerechnet drei trivial klingende Prämissen seiner Parallelwelt, die man anfangs erfährt, bald aber vergisst, seien für ihn die verlockendsten, verrät Moers im APA-Interview: "Was mich an einer Existenz in Orméa wirklich reizen würde, wäre, dass man dort weder schlafen noch essen noch aufs Klo gehen muss. Das sind drei Dinge, auf die ich im wirklichen Leben verzichten könnte."
(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)
(S E R V I C E - Walter Moers - "Qwert", Penguin Verlag, 592 Seiten, mit über 70 Abbildungen, 43,20 Euro, ISBN: 978-3-328-60427-3)
MÜNCHEN - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA / Penguin Verlag






