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Die Musik nehme einen großen Teil ihrer Zeit ein, begründete die amerikanische Schriftstellerin mit Schweizer Pass gegenüber der Nachrichtenagentur dpa die Verzögerung beim Krimischreiben. Leon unterstützt ein Barock-Ensemble und reist zu vielen Proben und Aufführungen, zudem schreibt sie kleinere Stücke und hält Vorträge. Sie wolle den neuen Brunetti aber noch dieses Jahr fertig machen. Sie habe auch schon eine Idee für den 35. Fall.
Die Wartezeit verkürzt eine Krimi-Alternative: Der heute erscheinende Band "Backstage" enthält Anekdoten aus Leons Leben, Betrachtungen über die Welt, die Musik und vor allem die Literatur. Die belesene einstige Literatur-Dozentin schreibt über Krimi-Schreiber wie Ross Macdonald, sinniert über Tolstoi und Sophokles, Jane Austen und Charles Dickens.
"Ich zitiere Schriftsteller, weil mir Erfahrungen im echten Leben, die die meisten Leute haben, fehlen", sagt Leon. "Als andere Drogen und gute und schlechte Freunde entdeckten, saß ich zu Hause und las. Glaubt mir, niemand muss irgendetwas anderes als Erleichterung spüren, dass er nicht so viele Jahre mit Lesen verbracht hat wie ich."
Der Verlag hat Essays und Texte aus dem großen Fundus von Donna Leon zusammengestellt. Darunter ist eine herrlich bissige Geschichte über die Nachbarin mit dem lauten Fernseher, der Leon mit Klingelterror zu Leibe rücken will, oder den Installateur in Edelschuhen - wahre Schmunzelschätze.
Und wer hätte gedacht, dass die Literatur- und Musikbegeisterte ausgerechnet bei Kühen schwach wird? Sie führt dies in einer anderen Geschichte über einen Aufenthalt in einem Schweizer Bergdorf auf ihren deutschen Großvater zurück, einen Milchbauern. Leon über Kühe: "Ich liebe ihre samtweichen Nüstern, und wenn sie mir mit ihren Klettverschlusszungen das Salz vom Arm lecken, überläuft mich ein Wonneschauer."
Dazu gibt Leon Einblicke in ihren Kreativprozess, etwa, wie man das Publikum bei der Stange hält: "Wie jeder Border Collie weiß, kann man Schafe nur hüten, wenn sie willig sind", schreibt Leon. "Also muss ein Schriftsteller sich anschleichen, einem Publikum die Wangen tätscheln, Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit ausstrahlen und die Erzählung, das Gedicht, den Roman oder was auch immer so ausgestalten, dass wir ihm bereitwillig folgen."
Natürlich fehlt auch der liebe Guido - also Commissario Brunetti - nicht in den Seiten. Diogenes druckt einen fiktiven Brief von Donna Leon an ihren Helden ab, eine wahre Liebesbekundung, die sie nach 30 Episoden verfasst hat. "Teurer Guido", heißt es darin, "wir hatten eine wunderbare Zeit miteinander, und ich hoffe, unser Bund hält ein Leben lang. Alles Liebe Donna."
(S E R V I C E - Donna Leon: "Backstage", übersetzt von Werner Schmitz, Diogenes Verlag, 256 Seiten, 26,50 Euro)