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In klinischen Studien mit den weltweit in der breiten Öffentlichkeit vor allem als Abnehmspritzen bekannt gewordenen Arzneimitteln mit Wirkstoffen wie Semaglutide wurden bei Diabetikern deutliche Verbesserungen beim mittelfristig aussagekräftigen sogenannten HbA1c-Wert (Zuckerbeladung roter Blutkörperchen) als Maß der Blutzuckerkontrolle und beim Gewicht registriert. Bei Adipösen gab es Körpergewichtsreduktionen von minus zehn Prozent und sogar mehr.
Die Frage in der Versorgung von vielen Patienten außerhalb von Studien ist aber, ob sich die in den wissenschaftlichen Analysen registrierten Behandlungsresultate auch im realen Leben, in der klinischen Routine, zeigen. Martin Heni von der Abteilung für Diabetologie der Universitätsklinik Ulm in Deutschland und seine Co-Autoren, darunter auch Lisa Frühwald (5. Medizinische Abteilung/Klinik Ottakring in Wien), führten deshalb eine Registerstudie durch (jetzt erschienen in "Diabetologia"; doi: 10.1007/s00125-025-06448-w).
"Daten von 4.467 Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes aus dem Diabetes-Patienten-Nachsorgeregister (DPV) wurden analysiert, wobei der Schwerpunkt auf Veränderungen des HbA1c -Werts und des Körpergewichts innerhalb von sechs Monaten nach Beginn einer Behandlung mit GLP-1-Rezeptoragonisten lag. Wir kategorisierten die Teilnehmer anhand ihrer Reaktion: nur HbA1c-Reduktion, nur Gewichtsverlust, beides oder keines von beidem", stellten die Fachleute fest. Es ging um die Beurteilung der Behandlung mit den GLP-1-Rezeptoragonisten Semaglutide, Liraglutide oder Dulaglutide.
Die Typ-2-Diabetiker, deren Daten nach einem halben Jahr Behandlungsdauer mit den Ausgangswerten verglichen wurden, waren im Mittel 60 Jahre alt. Sie wiesen im Mittel einen Body-Mass-Index von knapp 35 auf, waren also zumeist adipös (BMI größer 30) und hatten einen mittleren HbA1c-Wert von 7,7 Prozent, was deutlich über den gewünschten Werten von weniger als 6,5 Prozent liegt.
Im Gegensatz zu dem Hype, den die bereits seit mehreren Jahren in der Diabetesbehandlung eingesetzten Medikamente als Abnehmmittel in der breiten Öffentlichkeit weltweit verursacht haben, klingen die von den Autoren der Studie aus der täglichen Routine herausgefilterten Daten bei weitem nicht sprichwörtlich sensationell. Der HbA1c-Wert als Maß die mittelfristige Blutzuckereinstellung reduzierte sich im Mittel um knapp 0,5 Prozent. Die mittlere Gewichtsreduktion betrug 1,46 Prozent des Ausgangsgewichts.
"Insgesamt erzielten 14 Prozent der Teilnehmer sowohl eine HbA1c- als auch eine Gewichtsreduktion. Weitere 35,7 Prozent erzielten nur eine HbA1c-Senkung ohne nennenswerte Gewichtsreduktion, während 7,4 Prozent nur eine Gewichtsreduktion ohne nennenswerte HbA1c-Reaktion (Verbesserung der Blutzuckerwerte) zeigten. Die restlichen 42,9 Prozent hatten bei beiden Messwerten keine statistisch signifikante Verringerung ("Nichterfolg")", stellten die Diabetologen fest.
Recht gut konnte man offenbar Untergruppen bei den Probanden unterscheiden. "So nahmen Personen mit einem höheren Ausgangsgewicht unter der Behandlung häufiger ab, Frauen hatten zumeist eine stärkere Gewichtsreduktion mit den GLP-1-Rezeptoragonisten als medikamentöse Therapie. Personen mit einer schlechteren Blutzuckereinstellung am Beginn nahmen zumeist weniger ab als Menschen mit einem geringeren HbA1c-Wert.
"Zusammenfassend zeigt unsere Analyse eine erhebliche Variabilität des Behandlungsresultats mit GLP-1-Rezeptoragonisten bei Patienten mit Typ-2-Diabetes im klinischen Alltag. Nur eine Minderheit der Patienten erreicht in den ersten sechs Monaten der Therapie sowohl eine Blutzucker- als auch eine Gewichtsreduktion. Die Unterschiede in der Praxis im Vergleich zu klinischen Studien unterstreichen die Notwendigkeit umfassenderer Studien, um das Ansprechen bei Typ-2-Diabetes besser vorhersagen und individualisierte Behandlungsstrategien entwickeln zu können", stellten die Wissenschafter fest.
LEICHLINGEN - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA/dpa/Rolf Vennenbernd