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Wir klären, warum Barfußgehen die Füße stärkt, wie mehr "unten ohne" im Alltag gelingt - und wer lieber doch mit Schuhen unterwegs sein sollte.
In einen Schuh gesperrt zu sein, das ist für einen Fuß auf Dauer etwas eintönig. "Das Barfußgehen ermöglicht den Fußsohlen, andere Reize zu verspüren", sagt der Orthopäde und Fußchirurg Thomas Schneider. Gras, Sand, Kieselsteine, Matsch: Unterschiedliche Böden stimulieren die Nervenenden, die sich in den Fußsohlen befinden.
Diese Reize leiten die Nervenenden in den Fußsohlen ans Gehirn weiter. All das trägt zu einer besseren Körperwahrnehmung bei - und oft auch zu einer aufrechteren Körperhaltung. "Das führt dazu, dass sich bei dem oder der Barfußgehenden mögliche Haltungsfehler verbessern", so Schneider. Zudem sorgt das Barfußgehen mittel- bis langfristig für eine bessere Gelenkstabilität und für eine bessere Körperbalance.
"Das Barfußgehen trägt auch dazu bei, die Fußmuskulatur zu trainieren", sagt die Podologin Tatjana Pfersich. Eine trainierte Fußmuskulatur verringert etwa das Risiko für einen Fersensporn, eine schmerzhafte Verknöcherung an der Ferse.
Nein. Egal, ob die Wohnung oder das Haus Fliesen, Parkett- oder einen Teppichboden hat: "Von diesen Böden gehen zu wenige Reize für die Fußsohlen aus", sagt Thomas Schneider. Besser ist es, in der Natur mit ihren unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten barfuß zu gehen.
"Aber es wirkt auch positiv, in der Wohnung barfuß zu gehen", so Schneider. Übrigens: Auf Strümpfen oder Socken durch die Wohnung zu gehen, hat oft den gleichen Effekt wie das barfuß zu tun.
Die Füße sind dabei ungeschützt - ein Problem? "Eine Verletzungsgefahr ist durchaus gegeben", sagt Tatjana Pfersich. Spitze Gegenstände wie etwa Glasscherben können leicht in die Fußsohlen eindringen und Schnittwunden verursachen. Und auf Wiesen sind Wespen und Bienen unterwegs, die zustechen, wenn man versehentlich auf sie tritt. Daher gilt beim Barfußgehen: Gut aufpassen, wohin man tritt.
Grundsätzlich ja, sagen Experten. "Das gilt auch für Seniorinnen und Senioren sowie für Kinder", sagt Thomas Schneider.
Vorsicht ist allerdings angesagt bei Nervenschäden, die ein eingeschränktes oder gar kein Empfinden mehr an den Füßen mit sich bringen. Solche Neuropathien können auch im Zusammenhang mit Diabetes auftreten.
Sie bergen ein erhöhtes Verletzungsrisiko, weil Betroffene nicht spüren, wenn es für ihre Fußsohlen gefährlich werden könnte. Im Zweifel gilt: Rücksprache mit Arzt oder Ärztin halten.
"Für gesunde Füße ist Barfußlaufen kein Problem", sagt Tatjana Pfersich. Anders sieht es mitunter aus, wenn die Füße deformiert sind oder Fehlstellungen aufweisen wie einen Senk-, einen Spreiz- oder einen Knickfuß.
Zwar hat das Barfußgehen auch in diesen Fällen positive Effekte, "aber Betroffene sollten sich ärztlich beraten lassen, bevor sie mit dem Barfußgehen beginnen", rät Thomas Schneider.
Wichtig ist dem Orthopäden zufolge, mit dem Barfußgehen langsam anzufangen, da die Fußmuskulatur Zeit braucht, um sich an diese neue Belastung anzupassen. Zunächst sollte man nur für circa fünf Minuten auf weichen Böden ohne Schuhe und Strümpfe gehen. Klappt das gut, kann man später auch länger und auf verschiedenen Böden barfuß gehen.
Das kann passieren. "Die Haut bewegt sich beim Gehen, und wenn man barfuß geht, ist die Reibung und der Druck direkt auf der Haut", so Tatjana Pfersich.
Die Bildung der Hornhaut ist dabei ein Schutzmechanismus des Körpers. "Wird sie zu dick, muss sie abgetragen werden, damit gerade beim Diabetiker keine offenen Wunden oder Schrunden entstehen können", sagt Pfersich. Aber Vorsicht: Trägt man zu viel Hornhaut ab, bildet sie sich wieder übermäßig schnell.
Zwei Tipps, wie das gelingen kann:
1. "Bewusst Zeit fürs Barfußgehen einplanen", rät Thomas Schneider. Mitunter reicht es schon, im eigenen Garten mit seinen oft unterschiedlichen Böden ohne Schuhe und Strümpfe zu gehen.
2. "Auch sogenannte Barfußschuhe können hilfreich sein", findet Thomas Schneider. Diese Schuhe haben sehr dünne und flexible Sohlen. Die Füße verarbeiten über die Nervenenden in den Sohlen die verschiedenen Reize unterschiedlicher Böden, sind aber - anders als beim Barfußgehen - gleichzeitig geschützt.
WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/dpa-tmn/Christin Klose/Christin Klose