News Logo
ABO

Lufthansa-Chef plant 2026 Wachstum auf der Langstrecke

Aktualisiert
Lesezeit
6 min
Lufthansa-Chef erwartet Wachstum und höhere Preise
©APA, dpa, Andreas Arnold
Lufthansa-Chef Carsten Spohr setzt mit neuen Flugzeugen auf ein deutliches Wachstum von Langstreckenflügen im nächsten Jahr. Das Sitzplatzangebot der Airline-Gruppe, zu der neben der Hauptmarke mit dem Kranich die Schweizer Fluglinie Swiss und Austrian Airlines gehören, werde 2026 um sechs Prozent zulegen. "Wir sehen weltweit eine gesunde Nachfrage, insbesondere in den Premiumklassen", sagte Vorstandschef Spohr in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview.

von

Das Geschäft mit USA-Flügen bleibe ein Wachstumsfaktor, auch wenn es zuletzt zeitweise etwas abgeflaut sei. "Die Nordatlantik-Route wird weiterhin das Rückgrat des Langstreckenbetriebs sein, wie schon seit vielen Jahren", so Spohr im Gespräch mit Reuters. Mittlerweile verkauft die Lufthansa-Gruppe 60 Prozent der Tickets für USA-Flüge in den Vereinigten Staaten und 40 Prozent in Europa. Früher war das Verhältnis umgekehrt, wie Spohr erklärte. Neben Reiselust der Amerikaner kurbeln demnach auch Geschäftsreisende, etwa aus der deutschen Industrie, das US-Fluggeschäft an - so etwa Bayer-Standorte in St. Louis/Missouri oder Autozulieferer in Charlotte/North Carolina. "Wir reden Deutschland oft schlecht, und natürlich gibt es Probleme in der deutschen Wirtschaft - aber wir sind immer noch die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt."

Da die Lufthansa das Angebot auf Kurz- und Mittelstrecken in Europa stabil hält, plant die Gruppe insgesamt mit einem Angebotsplus von 3,5 Prozent, präzisierte Spohr frühere Angaben über ein Plus von ungefähr vier Prozent. Damit erreicht die Lufthansa auch 2026 noch nicht ganz das Niveau von 2019, dem Jahr vor Ausbruch der Corona-Krise. Heuer beläuft sich das Ticketangebot auf 95 Prozent des Vorkrisenniveaus, während die europäischen Konkurrenten Air France-KLM und IAG schon über dem Stand von 2019 liegen.

Im kommenden Jahr werden die Lufthansa und ihre Schwester-Airlines vor allem Frequenzen erhöhen und ab 2027 mehr neue Ziele in den Flugplan aufnehmen, wie Spohr erläuterte. Denn künftig erwarte der Luftfahrtkonzern etwa alle zwei Wochen ein neues Flugzeug, wenn die Hersteller Airbus und Boeing ihre Technikprobleme in den Griff bekommen. Ineffizientere alte Modelle wie der Airbus A340 werden zugleich ausgemustert. Neue Langstreckenflugzeuge wie der Airbus A350 und die Boeing 787 haben außerdem die neue Kabinenausstattung Allegris an Bord. Die Lufthansa hat fast 2,5 Mrd. Euro in bequemere Sitze und mehr Service investiert. Davon verspricht sich der Lufthansa-Chef zweistelliges Erlöswachstum durch höhere Ticketpreise. "Wir beobachten, dass Menschen eher Geld für Erlebnisse ausgeben als für den Besitz von Produkten - ein allgemeiner Trend, der sich sehr stark in Richtung Premium-Angebote bewegt."

Generell rechnet Spohr mit einer stabilen Nachfrage und stabilen oder weiter steigenden Ticketpreisen. Grund dafür sei das durch verzögerte Flugzeuglieferungen verursachte weltweit langsame Angebotswachstum. "In Zeiten, in denen eine gesunde Nachfrage auf begrenztes Angebot trifft, könnte sich ein Trend steigender Preise entwickeln."

Stark abhängig von der laufenden Flottenmodernisierung und dem seit 2024 laufenden Kostensenkungsprogramm "Turnaround" bei der schwächelnden Kernmarke sind auch Spohrs Gewinnziele. Ausgehend von rund fünf Prozent operativer Marge, die Analysten für 2025 erwarten, soll die Profitabilität ab 2028 auf acht bis zehn Prozent klettern. Bis Ende nächsten Jahres soll ein großer Teil der insgesamt 230 bestellten neuen Flieger eintreffen, das sorgt für niedrigere Kosten und bessere Ertragschancen - aber erst ab 2027. Von aktuell rund 780 Flugzeugen soll die Flotte bis 2030 auf 814 Maschinen wachsen. "Allein die Flottenthemen zeigen, warum die Margenverbesserung bei uns erst gegen Ende des Jahrzehnts deutlich an Fahrt gewinnt", erklärte der Konzernchef.

Das Turnaround-Programm, mit dem das Ergebnis der Kernmarke nach einem Defizit 2024 bis 2028 um 2,5 Mrd. Euro brutto verbessert werden soll, laufe nach Plan. In diesem Jahr sei die Basis für bessere Zahlen durch eine Stabilisierung des Flugbetriebs gelegt worden. Auf einem Bildschirm in seinem Büro hat Spohr die verbesserten Pünktlichkeitswerte der Airlines im Blick. Ab 2026 werde sich die Kernmarke auf mehr Effizienz konzentrieren, etwa durch das Vorhalten weniger Reserveflugzeuge am Boden für mögliche Störungen. Noch mehr Kurzstrecken werden künftig von den kostengünstigeren Töchtern City Airlines oder Discover statt von der Kranich-Fluglinie mit ihren höheren Personalkosten betrieben.

Das Schrumpfen der Kernmarken-Flotte sorgt unter den Cockpit-Beschäftigten für Verdruss. Mit ihrer Gewerkschaft Vereinigung Cockpit und demnächst auch mit Verdi für das Bodenpersonal gibt es laufende Tarifverhandlungen, die bei der Lufthansa nicht selten mit Streiks einhergehen. Für das nächste Jahr, in dem die Lufthansa das 100. Jubiläum der Firmengründung feiern will, ist Spohr aber zuversichtlich, Arbeitskämpfe zu vermeiden. Er verweist auf rekordhohe Zufriedenheitswerte der Mitarbeitenden in der jüngsten Umfrage, niedrige Fluktuation und hohe Bewerberzahlen auf offene Stellen. Trotz des angekündigten Abbaus von 4.000 Stellen weltweit bis 2030 macht er bei Gesprächen mit Beschäftigten eine gute Stimmung in der Belegschaft aus. "Habe ich Bedenken, dass unser Jubiläumsjahr ein Jahr der Arbeitskonflikte wird? Ganz klar nein!"

++ ARCHIVBILD ++ ARCHIV - 13.07.2024, Hessen, Frankfurt/Main: Lufthansa-Maschinen stehen auf dem Vorfeld des Flughafens Rhein-Main. (zu dpa: ÇLufthansa: Stellenabbau und drohender Streik der PilotenÈ) Foto: Andreas Arnold/dpa +++ dpa-Bildfunk +++. (ARCHIVBILD VOM 13.7.2024)

Über die Autoren

Logo
Monatsabo ab 20,63€
Ähnliche Artikel
2048ALMAITVEUNZZNSWI314112341311241241412414124141241TIER