Wien ist anders:
Strafzettel trotz Handyparken

Handyparken ist in Wien so eine Sache: Gute Idee - bis man genauer nachfragt

Parkschein am Handy ausgefüllt und dann trotzdem Strafe zahlen müssen? Tatsächlich möglich! Wie das geht, ist nicht die einzige Frage, die aufkommt, wenn man sich mit dem Handyparken in Wien näher beschäftigt. Denn obwohl es hier den größten Markt Österreichs gibt, matchen sich nur zwei Anbieter. Und das hat einen guten Grund.

von Wiener Ärgernis - Wien ist anders:
Strafzettel trotz Handyparken © Bild: shutterstock.com

Das mobile Ausfüllen eines Parkscheins soll den Autofahrern das Leben erleichtern. Kein Zurückrennen zum Auto, um den Parkschein zu wechseln. Kein Anstellen in der Trafik, um neue Parkscheine zu kaufen. Kein Rumwühlen im Auto, um einen noch nicht verwendeten Parkschein zu finden. Was man heutzutage noch braucht, ist nur mehr ein Smartphone mit Internetverbindung oder SMS-Funktion. So weit, so praktisch.

Größte Stadt mit nur zwei Anbietern

In Österreich muss man sich für einen der zur Verfügung stehenden Anbieter entscheiden, bei diesem ein Guthaben erwerben und dann per SMS oder App einen Parkschein aktivieren. In Wien stehen Autofahrern zwei Apps zur Verfügung: "Handy Parken" und "Park.Me". In den meisten anderen österreichischen Großstädten kann zuzüglich zum österreichweit agierenden "Handy Parken" aus einer größeren Anzahl von Anbietern gewählt werden. Dass gerade die mit Abstand größte Stadt des Landes nur zwei Anbieter beheimatet, verwundert auf den ersten Blick.

So oder so ist Handyparken eine praktische Angelegenheit - solange alles nach Plan läuft. Immer wieder gibt es jedoch Fälle, in denen man trotz aktivem, mobilem Parkschein ein Strafmandat kassiert. So geschehen etwa bei Natascha G., die am 13. August 2016 in der Linken Wienzeile (6., Wien) einen mobilen Parkschein ausfüllte. Die Niederösterreicherin schickte per App um 14.19 Uhr einen Parkschein ab und entfernte sich im Anschluss von ihrem Wagen. Am Rückweg leuchtete bereits ein weißer Strafzettel hinter der Windschutzscheibe ihres Fords. Der war laut Nachricht "in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt." Zu bezahlende Strafe: 36 Euro. Ausgefüllt vom Parküberwachungsorgan: um 14.19 Uhr.

Anbieterwechsel nahegelegt

Ein Anruf bei der Parkraumüberwachung der Stadt Wien brachte zunächst keine Aufklärung. Laut der zuständigen Beamtin wäre kein mobiler Parkschein ausgefüllt worden. Erst nach längerer Suche tauchte dieser auf. Er zeigte, dass die offizielle Rückbestätigung der App erst mit einer Minute Verspätung (14.20 Uhr) gekommen war - 60 Sekunden, die ausreichten, um ein Strafmandat zu erhalten. Warum es generell so lange dauerte, um beim Amt den betreffenden Parkschein zu finden, begründete die Mitarbeitern der MA 67 (Parkraumüberwachung) mit dem gewählten Anbieter. Mit "Park.Me" gäbe es immer wieder Schwierigkeiten, die Lenkerin solle doch einfach den Anbieter wechseln. Sprich, in Zukunft "Handy Parken" verwenden. Einen Einspruch zu erheben würde zudem nichts bringen und nur die Kosten in die Höhe treiben.

Ein Fall, der keine Ausnahme darstellt. Und die Frage aufwirft, wer denn in so einem Fall Schuld habe. Der Autofahrer, der App-Betreiber oder doch der Parksheriff? Und wer muss nun eigentlich zahlen?

»Wer muss im Streitfall zahlen?«

Im aktuellen Fall muss Natascha G. die 36 Euro selbst bezahlen. Sie wäre nämlich nach §1 der Wiener Parkometerabgabeverordnung verpflichtet gewesen, in ihrem Auto zu warten, bis sie eine Bestätigung ihres Parkanbieters bekommen hat. Wer den Parkschein beim Weggehen abschickt, parkt ungültig, so lange er noch keine Antwort erhalten hat. Die notwendige Bestätigung kann innerhalb von Sekunden oder Minuten kommen. Wie lange dies dauert, ist laut Gabriele Pfeiler, Geschäftsführerin von "Park.Me"-Betreiber "Trafficpass", abhängig von der Tageszeit und dem aktuellen Anfrageaufkommen. Auch wenn in dem geschilderten Fall nur wenige Sekunden ausschlaggebend waren, wird doch der Lenker zur Verantwortung gezogen.

Die Clubjuristen des ÖAMTC verzeichnen zu diesem Thema immer wieder Beschwerden. Dabei verwundert es viele vor allem, wenn die Zeitanzeige auf der Handy-App und auf dem Strafmandat ident sind. Wie kann es sein, dass die Strafe just in dem Moment ausgefüllt wurde, als der Lenker sein Fahrzeug verlassen hat? "Es ergibt sich bei solchen Fällen tatsächlich der Eindruck, dass manche Überwachungsorgane den Lenkern förmlich auflauern, um die Abfrage schneller zu starten, als diese eine mobile Rückmeldung erhalten können", sagt Dr. Nikolaus Authried vom ÖAMTC-Rechtsdienst. "Belegen oder nachweisen lässt sich dies aber nicht." Die einzige Möglichkeit, um solch einen Fall zu umgehen, sei, tatsächlich im Auto abzuwarten, bis der Parkschein aktiv ist.

Gibt es einen Anbieter-Unterschied?

Offen ist die Frage, ob es tatsächlich einen gravierenden Unterschied bei den Anbietern gibt. Gabriele Pfeiler kann sich die Aussage der Magistratsmitarbeiterin nicht erklären. "Wir haben rund 200.000 Buchungen pro Monat in Wien und bekommen etwa 3 bis 4 Beschwerden im selben Zeitraum. Der Großteil dieser Beschwerden erweist sich dann als Missverständnis." Oft stellen Lenker ihr Auto nicht in einer Kurzparkzone ab, sondern in einem Bereich, in dem Parken verboten ist. "Vor allem die Einführung von Anrainer-Parkplätzen hat hier zu viel Verwirrung geführt. Dadurch war es oft schwieriger zu erkennen, wo man stehen darf und wo nicht." Manchmal wird auch das Kennzeichen durch den Parksheriff falsch eingetippt, dann ist die Strafe sowieso hinfällig.

»Ich bin entsetzt darüber, wie unser Produkt schlecht geredet wird. Das ist eigentlich rufschädigend.«

Die "Park.Me"-Unterlagen belegen die vorgeworfene, höhere Fehleranfälligkeit auf jeden Fall nicht. Von MA67-Seite will man auf News-Nachfrage ebenfalls nichts über einen Unterschied zwischen den Anbietern wissen. Entsprechende Zahlen, die qualitative Differenzen belegen würden, gibt es auch hier nicht. Der Leiter der Wiener Parkraumüberwachungsgruppe, Oberstleutnant Wolfgang Schererbauer, hat mit seinen Mitarbeitern des Servicecenters Rücksprache gehalten und ordnet die Aussage gegenüber Natascha G. als "gefühlte Wahrheit" ein. "Es kann etwa passieren, dass man mehrere Beschwerdeanrufe hintereinander bekommt, die 'Park.Me' betreffen. Dann kann so etwas zustande kommen." Dies sei allerdings die persönliche Meinung einer Mitarbeiterin gewesen und entspreche nicht einer offiziellen Ansage der Parkraumüberwachung. Die Mitarbeiter würden auch nicht angehalten, solch eine Empfehlung auszusprechen. Die Geschäftsführerin von "Park.Me" ist trotzdem not amused. "Ich bin entsetzt darüber, wie unser Produkt schlecht geredet wird", sagt Gabriele Pfeiler. "Wir sind ein kleines Unternehmen. Das ist eigentlich rufschädigend."

Pikante Betreiberverhältnisse

Auch wenn sie informell war - pikant wird die Aussage der MA67-Mitarbeiterin trotzdem, wenn man sich die Betreiberverhältnisse von "Handy Parken" und "Park.Me" anschaut. Während die zweite Firma ein Privatunternehmen ist, wird "Handy Parken" von der Stadt Wien (in Zusammenarbeit mit A1 und vertreten von einer weiteren Magistratsabteilung, der MA 6) betrieben. Dadurch könnte also der Eindruck entstehen, die Servicemitarbeiterin der MA 67 hätte Natascha G. den Tipp gegeben, den privaten Anbieter zu kündigen und stattdessen die Handyparking-App, die vom Magistrat vertreten wird, zu verwenden. Eine böswillige Absicht sieht Schererbauer nicht dahinter. "Den Mitarbeitern im Servicecenter ist sicher gar nicht bewusst, dass 'Handy Parken' zur Stadt Wien gehört."

Er erklärt allerdings, dass es zwischen "Handy Parken" und "Park.Me" in Wien in Sachen Handling tatsächlich einen grundlegenden Unterschied gibt. Für Parkscheine, die mit "Handy Parken" ausgefüllt wurden, gibt es exklusiv eine direkte Schnittstelle im Wiener System. Eine entsprechende Schnittstelle, die das Auffinden und Bearbeiten von Parkscheinen erleichtert, ist für den privaten Anbieter nicht implementiert worden und auch nicht geplant. Ein offensichtlicher Nachteil für "Park.Me", der auch die lange Suche nach dem Parkschein von Natascha G. erklärt. Der Vorläufer von "Handy Parken" war das österreichische Pilotprojekt rund um mobile Parkscheine, daher ist es zwar logisch, dass es für dieses System eine Schnittstelle gibt. Warum aber für den weiteren Anbieter nicht nachgerüstet wurde und hier nicht für beide die gleichen Verhältnissen gelten, konnte von keiner mit dem Thema Handyparken beschäftigten Abteilungen der Stadt Wien erklärt werden.

Warum schnappt sich niemand den Wiener Markt?

Verwunderlich ist zudem, dass sich mehrere Anbieter ganz bewusst entschlossen haben, in Wien nicht mit einer Handyparking-App auf den Markt zu gehen. Und das obwohl es in der Bundeshauptstadt den größten Markt und somit das gewinnbringendste Geschäft geben würde. "Mobile City" (verfügbar u.a. in Salzburg, Graz und Linz) erklärte gegenüber News, dass man sich gegen Wien entschieden hätte, weil das dortige Handling nicht zum Unternehmen passen würde. "In Wien haben sie ein eigenes System", so eine Mitarbeiterin.

Der steirische Anbieter "Park&More" legt die Karten noch offener auf den Tisch. Ing. Johannes Hainzl, der das "Park&More"-Handyparking unter anderem in der Steiermark und in Salzburg betreibt, spricht von einer Art Monopolstellung in Wien. Dass man den Wiener Markt nicht nutze, liege daran, dass man unter diesen Bedingungen keinen Gewinn machen könne. "Wer dort gegen 'Handy Parken' an den Start geht, kann das nur aus Prestige-Gründen machen. Durch die Zusammenarbeit der Stadt Wien und A1 haben andere Anbieter dort keine reelle Chance." In diversen österreichischen Städten ist das Handyparken anders als in Wien organisiert. "Dort gibt es Plattformen, die die gleiche Funktion wie in der Bundeshauptstadt die Stadt Wien erfüllen. Die jeweiligen Städte greifen nicht ein. Dadurch können die Anbieter gleichberechtigt agieren und haben die gleichen Chancen", erklärt Hainzl.

»In anderen Städten haben die Anbieter die gleichen Chancen.«

Wie man die Situation am Wiener Markt gerechter machen könnte? "Es müsste eine Neuvergabe geben. Dann wäre der Wiener Markt für uns sehr interessant", sagt Hainzl. Danach sieht es allerdings aktuell nicht aus.

Worauf Handyparker achten sollten

Monopolstellung hin, informelle Meinungen her - was soll man nun als Wiener Handyparker machen, um Schwierigkeiten zu umgehen? Ein Wechsel der Betreiberapp ist auf jeden Fall für "Park.Me"-User nicht notwendig. Wenn es zu Schwierigkeiten kommt, rät Gabriele Pfeiler, das jeweilige Strafmandat einzuscannen und direkt an "Park.Me" zu schicken, um abzuklären, bei wem der Fehler liegt. "Die Lenker sind unsere direkten Kunden und nicht die Kunden der Parkraumüberwachung. Also sollte man Unstimmigkeiten im Idealfall gleich mit uns abklären." Über Logfiles und die jeweilige Transaktionsnummer kann aufgedeckt werden, wann der Parkschein genau ausgefüllt worden ist, und ab wann der Parkschutz exakt galt. Falls tatsächlich ein technischer Defekt auf Seite des App-Betreibers für die Ausstellung eines Mandats verantwortlich ist, zahlt "Park.Me".

Fix ist zudem, dass man als Lenker den Parkschein immer im Auto ausfüllen und dort auch warten sollte, bis man eine Bestätigung bekommen hat. Für den Fall, dass diese aus technischen Gründen nicht eintrifft, sollte man stets eine Papier-Alternative im Wagen mitführen. Da manche Buchungen durch Netzwerkfehler nicht durchgeführt werden, empfiehlt der ARBÖ die Buchung via SMS. "Dafür braucht man dann kein funktionierendes Internet." Aber Achtung - auch hier lauern Stolpersteine. Die häufigsten Fehler bei SMS-Buchung passieren durch Verschreiben (falsche Uhrzeit, Kennzeichen oder Parkdauer).* Bei App-Verwendung für mehrere Fahrzeuge (etwa auch für den Partner oder den Firmenwagen) wird hingegen öfters vergessen, das aktuell benötigte Kennzeichen einzustellen.

Ob SMS oder App, ob "Handy Parken" oder "Park.Me" - wie in den meisten Fällen gilt auch hier, aufpassen, kontrollieren, bei den Behörden nachfragen - und im Zweifelsfall den persönlichen Autofahrerclub zu Rate ziehen.

*Hinweis: Auch bei Verschreiben ist nicht gesagt, dass die Strafe tatsächlich bezahlt werden muss. Ein entsprechendes Urteil wurde von Friedrich A., der gegen ein Strafmandat anging, gewonnen. Er hatte sich beim Kennzeichen vertippt, konnte aber vor Gericht nachweisen, dass es zu dem Zeitpunkt gar kein anderes entsprechendes Kennzeichen gab, für das der bezahlte Parkschein gelten hätte können.

Kommentare

Alles alte Geschichte: es wir immer so, dass man besser beim Fahrzeug bleibt bis die OK Antwort kommt. Und wenn man das nicht will, sollte man sich umsehen ob wo ein "Kappl" herumsteht - und doch warten, falls man eins sieht.

WIR UNTERSTELLEN der STADT WIEN NUR ABZUKASSIEREN. Diese Aufsichtskasperln sind das LETZTE

Ich parke jetzt schon jahrelang mit der App, war auch das erste am Markt.Die anderen sind ja erst munter geworden als sie bemerkt haben das funktioniert. Früher konnte man auch in den Umlandgemeinden von Wien mit der App parken.
Das hat dann aber jemand gestört. Wer wird das wohl gewesen sein? ;-). Und wie es ausschaut stört dass jemand jetzt in Wien. Und die Freunde von den Medien unterstützen.

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