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Vor Liebe abgefahren

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Dr. Monika Wogrolly
©Bild: Matt Observe/News
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Nennen wir es eine Form der Objektliebe. Oder einfach nur „emotionale Bindung“. Als ich mein Auto so abgewrackt vor mir sah, war es ein Gefühl von Bestürzung, Verlust und Ohnmacht. Und das Gefühl, ein Teil von mir sei verloren gegangen. Und dann noch dieses Ziehen im Bauch, als wäre ich nun nicht mehr ganz ich, was ja eigentlich bescheuert ist: Wegen eines Autos zu trauern.

Ein Auto ist für die meisten aber mehr, viel mehr als nur ein fahrbarer Untersatz. Es ist wie eine zweite Haut. Das erweiterte Selbst, ein mobiles Zuhause. Schon der Anblick eines Autos kann sogar stimmungsaufhellend und sexy wirken.

Autohausbesitzer Jakob Prügger verbindet nicht umsonst einen Teil seines Automobilangebots auch im Schriftzug mit „Emotion“. Die Forschung hat längst gezeigt, Menschen, die zu ihm kommen, erleben beim Durchwandern der Verkaufsräume ähnliche Gefühlsausbrüche wie bei der Verliebtheit. Das Belohnungszentrum im Gehirn wird nicht nur beim Autokauf, sondern schon bei der bloßen Betrachtung von Autos aktiviert: So wie beim Sex oder Kokainkonsum. Einer österreichischen Studie zum Verhalten beim Autokauf zufolge orientieren sich vor allem Frauen an der Frontpartie als dem „Gesicht des Autos“: Die Vorderlichter symbolisieren die Augen, das Firmenzeichen die Nase und der Kühlergrill wird häufig als Mund wahrgenommen. Jakob Prügger: „Für die wenigsten geht es in der Beziehung zum Auto nur um die Funktion, von A nach B zu kommen. Das Auto bedeutet viel mehr.“ Die Wissenschaft gibt Prügger recht: Gerade Frauen neigen oft zu einer emotionsgeladenen Bindung zum Auto. Ein Auto ist wie ein zuverlässiger Partner, was in Zeiten der Bindungsangst noch wichtiger geworden ist.

Bei Frauen häufig Symbol für Freiheit und Selbstbestimmung. Bei Männern auch Statussymbol, um zu zeigen, wie weit man es gebracht hat. Bester Freund und Begleiter, Liebesobjekt und, ja, sogar Partnerersatz kann das Vehikel sein. Wehe, es geht abhanden, stellen sich Verlassenheitsgefühle, der Eindruck von Autonomieverlust und Trauerreaktionen ein. Ein Auto kann Gefühle auslösen und Gefühlszustände verkörpern. Und kann aggressiv, dominant, wütend, lieblich, traurig, fröhlich oder devot wirken.

Eine Klientin meiner Philosophischen Praxis beschrieb den Tag, als ihr langjähriger Begleiter verschrottet wurde, als mas-sives Verlusterlebnis, schlimmer als nach ihrer Scheidung und ähnlich wie bei einem familiären Todesfall. Liebesbeziehungen zwischen Menschen und Autos sind zwischenmenschlichen Liebesbeziehungen ähnlich. Die Bedingungslosigkeit und Konstanz, mit der ein Auto verfügbar ist, sich an einen bindet und einen zuverlässig überallhin bringt und somit Dauerbegleiter ist, und darüber hinaus, dass es Mobilität ermöglicht, Unabhängigkeit symbolisiert und Freiheit, machen es mithin zum Partnerersatz und Sexsymbol.

An der Wahl der Automarke kann man Charaktermerkmale und das Wertesystem der Fahrerinnen und Fahrer ablesen. Das erste von Autohaus-Besitzer Jakob Prügger verkaufte Auto überhaupt war ein VW Golf 1. Der VW in den Sechzigerjahren stand für den Leitgedanken: „Wir haben es geschafft.“ Opel und Ford standen für ähnliche Botschaften. Auch Weltanschauungen lassen sich in Autos übersetzen: Die 2CV Ente verkörperte in den Sixties die Ideologie Links- alternativer und stellte ein fahrendes Statement dar.

Heute fährt man bevorzugt Mercedes, der die ähnliche Nachricht transportiert wie vormals der VW: „Das Beste oder nichts.“ Der Glaubenssatz „Die Freude am Fahren“ bei BMW repräsentiert die Beziehung der Fahrerin oder des Fahrers zum Auto. Und deren Identität, als wäre das Fahrzeug tatsächlich ein Ausdruck des Wesens einer Person – ein Hinweis auf ihren Charakter.

1980 legte Jakob Prügger den Grundstein zum heutigen Autohaus: „Motiviert durch Leidenschaft und weil es beglückend war, Menschen Sicherheit und Mobilität zu vermitteln.“ Vertrauen sei hier der wichtigste Wert, so der Autokenner. Womit wir zu einem weiteren zentralen Element in der Beziehung zu Autos kommen: Ich vertraue dem Vehikel ja mein Leben und das meiner Familie an. Im Grunde kann durch diese innige Vertrauensbeziehung tatsächlich so etwas wie Liebe entstehen. Laut Hirnforschung ist der Mensch nämlich imstande, alles zu lieben, auch sein Auto.

Haben Sie noch Fragen? Schreiben Sie mir bitte: praxis  wogrollymonika.at

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