Das Mumok versinkt in Phrasen und Antisemitismus

Außer einem Banalitätenschwall hatte Fatima Hellberg anlässlich ihrer Inthronisation als Museumsdirektorin nur noch eines einzubringen: Sie hat ein gegen Israel gerichtetes Manifest unterzeichnet

von Heinz Sichrovsky © Bild: NEWS

Damit ich Ihnen gleich ein Geständnis ablege: Ich war am vergangenen Donnerstag nicht dabei, als Staatssekretärin Mayer (Grüne) die neue Direktorin des Wiener Museums moderner Kunst (Mumok) feierlich enthüllt hat. Folge ich allerdings der bemerkenswert gleichlautenden Wahrnehmung meiner Kollegen, so pflog die enthüllte Dame über Ort und Gegenstand der für sie einberufenen Veranstaltung maximal nebulose Vorstellungen.

Fatima Hellberg, Schwedin, Jahrgang 1986, kennt sich in Wien nicht aus und hat nie ein Museum geleitet, nur zwei Kunstvereine in Stuttgart und Bonn. Letztgenanntem Institut ist auch die Britin Michelle Corton vorgestanden, die kürzlich an die Spitze der Wiener Kunsthalle berufen wurde. Mrs Corton tritt schon im kommenden Sommer an, Amtsschwester Hellberg erst im Oktober 2025. Beider künftige Wirkungsstätten im Museumsquartier haben ein bedrückendes Schicksal gemeinsam: Programmatisch verwechselbar, gemieden von den Besucherströmen des Leopold-Museums, dämmern sie Tür an Tür als steinerne Untote des heimischen Museumswesens.

Dass sich dieser Zustand ändern könnte, ist nicht vorauszusetzen, im Gegenteil. Eher droht ein amorphes Über-Bonn: Designata Hellberg jedenfalls hatte an Stelle programmatischer Skizzierungen bloß eine Auswahl jener Phrasen und Banalitäten im Gepäck, mit denen schon Kollegin Corton ihre Pressekonferenz geschwänzt hat. Und als wären Fürsorge, Narration, Flow, Partizipation, Austausch und Anker nicht Absichtsverweigerung genug, sekundierte die Staatssekretärin auch noch mit Brückenbau, Lifeness und Hosting.

Auf Journalistennachfrage entsann sich die neue Direktorin dann immerhin der Existenz des Wiener Aktionismus, der im Mumok schon auch, aber nicht wirklich gesammelt wurde und jetzt sein eigenes Museum in der Innenstadt bezogen hat.

Aber in einer – einer einzigen – Sache ist die Dame jenseits allen Geschwafels definiert und festgelegt: Sie hat einen offenen Brief mit dem Titel „Befreiung der Palästinenser“ unterzeichnet, in dessen erster Version die israelischen Opfer der Hamas keiner Erwähnung wert befunden wurden. Prioritär sei vielmehr, gegen den von Israel verübten „Völkermord“ aufzutreten.

Das passt zu einer anderen Errungenschaft unserer Kulturpolitik, diesfalls der kommunalen in Wien. Darf da doch tatsächlich im Auftrag der Festwochen der griechische Ex-Politiker Varoufakis auftreten: der Sucharit Bhakdi der Nahostpolitik, der als antisemitischer Verschwörungskasper die Welt umrundet wie sein in den Corona-Blödsinn entgleister Kollege die seine. Nur, dass Varoufakis nicht überall Landeerlaubnis gewährt wird: Die deutschen Behörden haben über ihn soeben ein Einreiseverbot verhängt, weil er auf einem als „Kongress“ getarnten Treffen von Multikulti-Nazis Hetze verbreiten wollte.

Nun ist der deutsche Nachbar in seinen politischen Gewissheiten derzeit verstört wie lang nicht mehr. Aber dass man aus der Zeitgeschichte klare Konsequenzen zu ziehen hat: Darüber gibt es unter zivilisierten Deutschen keine Debatte.

Nur wir importieren uns den Ungeist auch noch, ohne Not und Anlass. Die Konsequenzen sollten klar sein: Varoufakis ist vom Festwochen-Intendanten unverzüglich auszuladen. So wie es dem griechischen Dirigenten Teodor Currentzis zugemutet wurde, der Brittens pazifistisches „War Requiem“ mit einem deutschen Orchester nicht aufführen darf, weil ihn eine ukrainische Dirigentin widersinnig für einen Putin-Kumpel hält. Und da Frau Hellbergs antisemitische Position von den Findungsinstanzen offenbar übersehen wurde (was skandalös genug ist), soll der Vertrag wegen Irrtums aufgelöst werden.

Jetzt frage ich mich, wie es denn plötzlich derart schwer sein kann, qualifizierte Museumsdirektoren zu finden. Wo es doch genügend große, charismatische, auch umstrittene Persönlichkeiten gegeben hat! Der letzte von ihnen, Klaus Albrecht Schröder, verlässt gerade die Albertina, von wo ihn die woke Publizistik längst weghaben wollte. Die schaffte schon 2011 den Energetiker Peter Noever, der das Museum für Angewandte Kunst vom Möbeldepot zum pulsierenden Ort der Moderne umgerüstet hatte. Unter den nämlichen, alsbald als gegenstandslos erkannten Compliance-Vorwänden wurde Gerald Matt zum Rückzug aus der daraufhin zum Zombie degenerierten Kunsthalle gezwungen. Wenig später musste Agnes Husslein, Inbegriff von Kompetenz und Strahlkraft, das Belvedere verlassen. Beide Male hatten grüne Politiker die Finger im Spiel, weshalb diesbezüglicher Flow und Austausch nach der Wahl nicht unbedingt negativ zu sehen wäre.

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