Rabattierte Medienpolitik

Die Politik zeigt einmal mehr, dass es in Österreich schon lange nicht mehr um Medienvielfalt und unabhängigen Journalismus geht

von Kathrin Gulnerits © Bild: News/Matt Observe

Es ist nur eine Randbemerkung. Ohne Nachdenken dahingesagt. Vielleicht mit Kalkül platziert. Die Grenzen sind oft fließend. "Ich fordere einen Rabatt für Österreicherinnen und Österreicher", sagt Susanne Raab im Zuge der zur Diskussion stehenden Haushaltsabgabe für den ORF. Susanne Raab ist Medienministerin -und Integrationsministerin. Die Aussage ist nicht weiter von Tragweite, jedenfalls nicht für die aktuelle Diskussion. Für andere, die derzeit auf dem Tisch liegen, aber sehr wohl. Und sie ist typisch. Für die vergiftete Debattenkultur. Zahlen müssen die Abgabe am Ende alle. Die Österreicherinnen und Österreicher. Die anderen. Statt populistisch einen "ORF-Rabatt", für wen auch immer, zu fordern, hätte die Medienministerin auch eine ernst gemeinte Debatte führen können. Darüber, warum es einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk braucht und warum eine Grundfinanzierung wichtig ist. Sie hätte allein aufgrund ihrer Funktion darauf hinweisen können, dass gesicherte, qualitätsvolle Informationen wichtig sind. Ebenso Austausch und Diskurs. Stattdessen bleibt übrig: Das alles kostet zu viel.

Also kommt vor der Haushaltsabgabe, von der es aktuell noch nicht einmal eine vage Vorstellungen gibt, das von der Politik geforderte Sparpaket für das mit Abstand größte Medienhaus Österreichs. Aktueller Stand der "Was darf was kosten"-Nabelschau: Kultur wohl eher weniger. Der gerade angelaufenen Debatte um das Radio-Symphonieorchester werden weitere folgen, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk via Haushaltsabgabe zum Allgemeingut erklärt wird: Was heißt öffentlich-rechtlicher Auftrag? Wie viel Transparenz braucht es etwa in Hinblick auf teuer eingekaufte Sport-Großereignisse inklusive einer Expertenriege, die im Anschluss alles und nichts erklärt? Was ist mit vermutlich eher gut bezahlten Showstars, US-Serien, den ausgedehnten Werbeblöcken? Gibt es zu viele Sender, zu viele Wiederholungen, zu hohe Gehälter, zu hohe Pensionen? Ist das Programm zu altmodisch, zu wenig dies, zu viel das? Diese Diskussionen wurden schon einmal geführt: im Jahr 2013, dem Geburtsjahr der Haushaltsabgabe in Deutschland. Gleich vorweg: Es renkt sich ein.

»Warum es Medien braucht, wird nicht debattiert. Stattdessen heißt es, sie kosten zu viel.«

Bis dahin kann die Politik mit gutem Beispiel vorangehen. Mit Ansagen, die sich anbieten, wenn man das Geldbörsel der Menschen im Blick hat, besser noch: einer Medienpolitik, die zukunftsweisend ist. Oder -ganz groß gedacht -mit einem Demokratieverständnis, das nicht aus den Fugen geraten sollte. Warum also nicht an der Landesabgabe auf die GIS, die gefühlt nach Gutdünken je nach Bundesland eingehoben und verwendet wird, rütteln? Warum nicht an den politischen "Freundeskreisen" im ORF-Stiftungsrat? Warum nicht unabhängigen Journalismus und Medienvielfalt in diesem Land absichern?

Weil es nicht um das Land geht. Sondern vor allem um (versteckte) Einflussnahme, die praktischer-und idealerweise in unkritischen Fragen und nicht geführten Debatten endet. Der geplante "Austria Media Hub" der "Wiener Zeitung" ist ein Beispiel dafür. Die Ausbildungsakademie wird jährlich mit sechs Millionen Euro aus Bundesmitteln gefördert und ist direkt dem Bundeskanzleramt unterstellt. Die praktizierte Vergabe von Regierungsinseraten ein weiteres. Erfolgte sie doch bis jetzt vor allem nach Belieben, jedenfalls mit Blick auf die Boulevardmedien - und parteipolitischem Gutdünken.

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