Prags moderne Seite: Junge Kultur & hippe Lokale

Die tschechische Metropole Prag glänzt nicht nur mit weltbekannten, altehrwürdigen Sehenswürdigkeiten. Neben all der Historie und Tradition hat sich in der goldenen Stadt in den letzten Jahren auch eine spannende moderne Seite mit einer aktiven Kulturszene und hippen Lokalen entwickelt - zum Beispiel in der ehemaligen Industriezone Holesovice.

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Prag © Bild: Getty Images

Prag - die goldene Stadt, Stadt der hundert Türme, Unesco-Weltkulturerbe - ist ein Ort voller Geschichte und Kultur und bekannt für Sehenswürdigkeiten wie den Altstädter Ring mit seinen Barockgebäuden, gotischen Kirchen und der außergewöhnlichen mittelalterlichen Uhr, die Karlsbrücke, das jüdische Viertel, das Burgviertel Hradschin oder den Wenzelsplatz.

Prags moderne, weltoffene Seite

Doch in den letzten Jahren hat sich auch eine moderne, weltoffene Seite der tschechischen Hauptstadt entwickelt, die zunehmend zu einer Touristenattraktion wird. "Seit der Jahrtausendwende hat sich Prag stark verändert und viele neue Einflüsse aufgesogen, die sich in trendigen Cafés, hippen Bars, ausgefallenen, coolen Geschäften oder einer aktiven Kunstszene niederschlagen", sagt Fremdenführerin Hana Fukova auf einer Tour durch das angesagte Viertel Holešovice. Jenseits der Moldau und hinter dem Letna Park gelegen ist es gar nicht allzu weit von der weltberühmten Altstadt entfernt und doch eine ganz andere Welt, die noch der Entdeckung harrt und so etwas wie ein Geheimtipp ist.

Prag
© National Gallery Prague Der Messepalast, in dem die Nationalgalerie untergebracht ist, ist ein Paradebeispiel für Funktionalismus Das ehemalige Schlachthof-Areal Holešovická tržnice beherbergt heute neben der Prager Markthalle zahlreic
Prag
© Günter Fritz Das ehemalige Schlachthof-Areal Holešovická tržnice beherbergt heute neben der Prager Markthalle zahlreiche Kunst- und Szenelocations

"Hier hat wohl die größte sichtbare Verwandlung der Stadt stattgefunden", so Fukova. Eine Verwandlung hin zu einer Internationalität, die mittlerweile auch in den Vierteln Žižkov und Karlin spürbar ist und von den meisten Tschechen begrüßt wird, wie die Pragerin betont: An die kommunistischen Zeiten denkt hier so wie sie kaum jemand gerne zurück. Wohl auch der Grund, warum in Tschechien die Unterstützung für die Ukraine besonders groß ist.

Die ursprüngliche Industriezone Holešovice, deren Geschichte ins 14. Jahrhundert zurückreicht, als sie noch ein Fischerdorf war, wird heute von einer alternativen Szene, modernen Wohnhäusern, Büros, Ateliers junger Künstler und Designer, unkonventionellem Leben, Kaffeehäusern, Galerien und Geschäften geprägt. Der Weg zum ehemaligen Schlachthofareal Holešovická tržnice vorbei an Häusern im Jahrhundertwende- und Zwischenkriegsstil ist mit Graffitis gesäumt und gibt einen Vorgeschmack, was einen dort erwartet.

Kunst und Kultur in Prag

Etwa die Prager Markthalle mit dem größten Gemüsemarkt der Stadt, vietnamesische Läden, Boutiquen und Stände mit Kunsthandwerk oder Schmuck und alternativ angehauchte Lokalitäten wie Jatka78. Ein Multifunktionsraum mit Theatersaal, Galerie, Trainingshalle und Bar, der die Heimatbühne des Ensembles Cirk La Putyka ist, das sich dem neuen Zirkus widmet. Oder Vnitroblock, ehemals Industrieräumlichkeit und nun Hort vielfältiger kultureller und künstlerischer Aktivitäten. Während junge Designer im Signature Store & Café angesiedelt sind, präsentiert sich der Cross Club wiederum als multikulturelles Zentrum mit einem breiten Mix an Genres und Zugängen.

DOX-Galerie in Prag
© Günter Fritz Blick in das Inneres des Zeppelins in der DOX-Galerie
Prag
© Günter Fritz Zeitgenössische Kunst kann in Prag in den unterschiedliches Museen und Szene-Locations begutachtet werden. Die traditionellen Sehenswürdigkeiten in der Stadt gibt es sozusagen gratis dazu

Einen Spaziergang entfernt befindet sich die DOX-Galerie, das Zentrum für zeitgenössische Kunst, das ebenfalls ein Fixpunkt eines Besuchs von Holešovice sein sollte. Sie gibt auch architektonisch einiges her: Die ursprünglichen Industrieelemente der einstigen Maschinenfabrik wie Ziegelwände, Stahlsäulen und Holzdecken wurden beibehalten und mit modernen Elementen wie Glas- und Stahlkonstruktionen kombiniert. Neben Ausstellungen zeitgenössischer internationaler und tschechischer Künstler finden hier regelmäßig Diskussionen oder Lesungen zu aktuellen Themen statt - u. a. im Wahrzeichen der Galerie, dem Zeppelin "Gulliver Airship", einer 42 Meter langen Stahl- und Holzkonstruktion, die über dem Gebäude thront.

Ein Highlight ist auch die Nationalgalerie, die in verschiedenen Gebäuden in der Stadt wie dem Veletržní Palác, dem Kinský-Palais oder dem Rudolfinum, vor allem aber auch im Messepalast in Holešovice untergebracht ist. Dieses im Art-Déco-Stil 1928 errichtete funktionalistische Gebäude beherbergt eine beeindruckende Sammlung von moderner und zeitgenössischer Kunst - darunter Werke von Künstlern wie František Kupka, Max Ernst, Auguste Renoir, Vincent van Gogh, Gustav Klimt, Pablo Picasso, und Salvador Dalí.

DOX-Galerie in Prag
© UPVISION Markantes Wahrzeichen der DOX-Galerie in Holešovice ist ein Zeppelin aus Stahl und Holz, der u. a. auch für Lesungen genutzt wird

Architektur und Design in Prag

Moderne Architektur hat aber nicht nur in Randbezirken ihren Platz gefunden, sondern auch in Nähe des Zentrums: Das Dancing House am Moldauufer, entworfen von den Architekten Frank Gehry und Vlado Milunić, sieht aus wie ein Tanzpaar und ist zugleich ein architektonisches Symbol für die moderne Stadt. Besucher können hier die Mischung aus Moderne und Tradition hautnah erleben - sind doch die barocken Kirchen und gotischen Gebäude der Altstadt sozusagen gleich ums Eck.

Essen und trinken gehen in Prag [Tipps]

Ein Städtetrip erfordert Kondition; umso besser, dass sich in Prag viele Möglichkeiten für angenehme Pausen finden, um sich von den Strapazen der Besichtigungstouren zu erholen: Neben klassischen Cafés wie Savoy, Louvre, Slacvia, Imperial oder Orient im Zentrum bieten sich in Holešovice etwa die Szenelokale Jatka78 oder Signature Store & Café an.

Ebenfalls im ehemaligen Industrieviertel findet sich The Eatery, in der in modernem Bistro-Ambiente in einer offenen Küche toll und einfallsreich gekocht wird. Alles, was hier mit Popmusikuntermalung zu wohlfeilen Preisen aufgetischt wird, stammt von ausgewählten Lieferanten, Bauern und Kleinherstellern. Hochklassig gekocht wird auch das im Zentrum gelegene Restaurant Next Door, wenngleich in gediegenerem und höherpreisigem Ambiente. Im neuen Lokal von Starkoch Zdeňek Pohlreich werden die Gerichte - ein Mix aus französischer und regionaler Provenienz - ebenfalls in einer offenen Küche zubereitet

Foodmarket Manifesto Anděl in Prag
© Chybik Kristof Foodmarket Manifesto Anděl

Quasi das Gegenteil davon ist der Foodmarket Manifesto Anděl auf der anderen Seite der Moldau im Bezirk Smichov. Unweit der Staropramen-Brauerei wurde hier auf Brachland eine hippe, urbane Location mit 500 Sitzplätzen errichtet, wo hochwertiges Streetfood serviert wird, inklusive DJ und einem Pool im Sommer. Und wer eine Bleibe mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis sucht, wird in der Nähe im Designhotel Vienna House Andel's Prague fündig. Da gibt es auch ein großes Shoppingcenter, und zur Altstadt ist es nur ein kleinerer Spaziergang.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 20/2023.