"Wir haben die Vier-Tage-Woche eingeführt"

Unternehmerin Nina Poxleitner über ihr Erfolgsgeheimnis

Erfolgreiche österreichische Gründerinnen und Unternehmerinnen geben für News.at Einblicke in ihr unternehmerisches Wirken. Nina Poxleitner ist Gründerin des Social Business "More Than One Perspective" und erzählt, wie ihr Unternehmen zum Erfolg wurde.

von Nina Poxleitner © Bild: Bianca Jakobic
"More Than One Perspective" (MTOP) wurde 2016 von Nina Poxleitner, Julian Richter und Lisa-Maria Sommer-Fein gegründet und baut seit 5 Jahren erfolgreich Social Businesses in den Bereichen Arbeitsmarktintegration, Inklusion und Bildung auf. Die große MTOP Vision ist es, Perspektiven für die Gesellschaft von morgen zu schmieden - eine chancengerechte Welt in der Menschlichkeit im Fokus steht. Der Learning Circle ist die neueste MTOP Initiative, die mit einem innovativen Mix aus klassischer Nachhilfe & persönlichem Coaching Schüler*innen dabei begleitet Schule zu meistern, für's Leben zu lernen und ihre Träume zu erreichen.

1. Diesen Tipp würde ich Startups geben, den ich am Anfang selbst gerne gewusst hätte …

Kenne den Markt, rede mit vielen Personen über deine Idee und dann komm ganz schnell ins Tun! Wir haben uns am Anfang oft in Kleinigkeiten verloren, die gar nicht wichtig waren. Durch das Feedback unserer ersten 10 Teilnehmer*innen haben wir bei den Anfangsschritten von "More Than One Perspective" sicher am meisten gelernt.

2. Mein größter Erfolg ist …

Ist gerade der Transformationsprozess, den wir bei MTOP durchleben. Gestartet haben wir 2016 damit, gut ausgebildete Personen mit Flucht- und Migrationshintergrund und österreichischen Unternehmen zusammenzubringen. Heute haben wir ein ganzes Portfolio an Social Business bei MTOP vereint.

Unser neuestes Herzensthema ist der Learning Circle. Dabei begleitet wir Unterstufen-Schüler*innen mit einem Mix aus klassischer Nachhilfe und persönlichem Coaching dabei, die Schule zu meistern, fürs Leben zu lernen und ihre Träume zu erreichen. Beim Learning Circle bekommen alle die Möglichkeit der besten Lernbegleitung, ganze egal, was die Eltern verdienen. Bis jetzt haben wir +100 Schüler*innen erreicht. Wunderschöne Nachrichten erreichen uns jeden Tag. Eine Lern-Coach hat uns geschrieben: "Eine Schülerin hat zu Beginn unserer Reise eine Frühwarnung erhalten. Sie hat sich nicht getraut es irgendjemandem zu erzählen außer mir ... Wir haben dann zusammen einen Plan erstellt ... und mittlerweile hat sie für alle Aufgaben großes Lob vom Professor erhalten." Diese positive Wirkung, die wir nun in unterschiedlichen Bereichen erzielen können, macht meinen Job so besonders.

3. Ein Geheimnis meines Erfolges, das ich verraten kann …

Dass es jeden Tag Spaß macht in die Arbeit zu gehen und wir als Team von 12 Anpacker*innen einfach sehr gut harmonieren. Eine meine Kolleginnen hat vor ein paar Wochen gesagt: "Bei MTOP gehen wir als ganze Menschen in die Arbeit und verstellen uns nicht."

"MTOP"-Gründer
© Michaela Fratzl Die drei Gründer von MTOP (von li. nach re.): Lisa-Maria Sommer, Nina Poxleitner und Julian Richter

4. Mein größter Misserfolg ist …

Wenn ich in Diskussionen merke, dass unsere MTOP Werte von Vielfalt, Chancengerechtigkeit und Empowerment nicht verstanden werden, und ich es nicht hinbekomme, die Person mit einem neuen Blickwinkel zum Nachdenken zu bringen.

5. Diese Qualifikation braucht es als Unternehmerin unbedingt …

Authentisch zu sein, denn jede*r Unternehmer*in leistet großartiges und ist einzigartig im eigenen Tun und Wirken. Dafür braucht sich niemand hinter einer Fassade verstecken.

6. Zu Beginn als Unternehmerin hatte ich folgenden Plan B …

Wir haben MTOP im 3er Team gegründet. Noch bevor es unsere Idee gab, haben wir uns als Team gefunden. Bei einem Wochenende in Niederösterreich mit vielen Diskussionen und Visionen haben wir uns das Versprechen gegeben, dass wir MTOP ein Jahr unserer Zeit schenken - ganz ohne Plan B und mit vollem Fokus auf unser Social Business.

More than one perspective Team
© Sophie Kirchner Das Team von MTOP

7. Mit meinem ersten Gehalt habe ich mir folgendes geleistet…

Ein leckeres Abendessen für meinen Partner und mich um diesen Erfolg auch zu feiern.

8. Morgens stehe ich meistens um folgende Uhrzeit auf …

Ich bin leider gar kein Morgenmensch. Meine Versuche mir eine gesunde Morgenroutine anzueignen sind bis jetzt gescheitert. Deshalb sitze ich nach dem Aufstehen und meinem ersten Kaffee sehr schnell vor meinem Laptop.

9. Abends komme ich meisten um ...

Wir haben vor gut 1,5 Jahren als Unternehmen die Vier-Tage-Woche eingeführt. Deshalb sind meine Montage bis Donnerstage etwas länger, der Freitag aber frei. Diesen zusätzlichen freien Tag genieße ich sehr - ein Tag pro Woche, nur für mich.

10. Diese Anzahl an Anrufen bzw. E-Mail arbeite ich täglich ab ...

Bei uns sind es vor allem Slack-Nachrichten, die jeden Tag in einer Vielzahl eintrudeln. Wichtig ist es für mich, hin und wieder längere Zeitblöcke zu haben, in welchen ich ohne Unterbrechung an einem Thema arbeiten kann.

11. Diesen Luxus gönne ich mir ...

Die Wochenenden in den Bergen zu verbringen. Ich bin ein absoluter Wander-, Bergsteig- und Kletterfan und genieße diesen Ausgleich in der Natur sehr. Letztes Wochenende war ich am Ankogel. Irgendwann kommt man bei solchen längeren Touren einfach zum Abschalten und konzentriert sich nur mehr auf den nächsten Schritt. Dieses im Moment sein, ist absoluter Luxus für mich.

12. In diese TV-Serie bin ich zuletzt hineingekippt …

Als TV Serie war das "The Handmaids Tale" und lieber noch habe ich Podcasts. Da hat mich "Wirecard: 1,9 Milliarden Lügen" auf Spotify sehr gefesselt.

13. Mein bestes Investment war …

... mich immer wieder in neue Themen einzuarbeiten und zu lernen. Dieses Investment in meine stetige Weiterentwicklung ist für mich das nachhaltigste Investment überhaupt. Außerdem habe ich vor zwei Jahren angefangen mich mehr mit Aktien und ETFs zu beschäftigen. Mit ein bisschen Geld habe ich mir ein kleines Portfolio aufgebaut. Das macht mich nicht reich, aber es gibt mir eine gute Möglichkeit für später etwas vorzusorgen.

14. So viel sollte jemand für einen 40-Stunden-Job mindestens netto verdienen …

Ich finde die dahinterliegende Frage als Unternehmerin sehr spannend: "Auf welcher Grundlage soll die Höhe eines Gehalts entschieden werden?" Paypal zum Beispiel berechnet das Gehalt seiner Mitarbeiter*innen an den Lebenshaltungskosten. Das finde ich einen spannenden Ansatz. Bei den österreichischen Gehaltsstrukturen wird sich in den nächsten Jahren hoffentlich einiges bewegen – sei es um die Ungerechtigkeit zwischen Branchen auszugleichen oder den großen Unterschied in Gehältern bei Alt und Jung.

15. Eine Frauenquote in Unternehmen braucht es/braucht es nicht, weil …

Ich habe mir eine Zeit lang gedacht, das braucht es nicht, das regelt sich sicher von selbst. Mittlerweile sieht man, das tut es leider nicht. Deshalb bin ich pro einer Frauenquoten für den Vorstand und die oberen Führungsebenen, damit unsere Arbeitswelt in den nächsten Jahren endlich diverser wird. Mehr Vielfalt im Topmanagement macht Unternehmen auch wirtschaftlich erfolgreicher (z.B. McKinsey-Studie: "Delivering Through Diversity") – ein win-win also, für alle.

16. Das würde ich meinem 15-jährigen Ich heute raten …

Eine neue Perspektive hat mir die 10-10-10-Methode von Suzy Welch gezeigt:
Wie werde ich über meine Entscheidung...
... in 10 Minuten denken?
... in 10 Monaten denken?
... in 10 Jahren denken?
Dieser Ansatz hilft mir sehr die vielen kleinen, täglichen Entscheidungen von den wirklich wichtigen herauszufiltern und diese besser einschätzen zu können. Etwas, das ich auch gerne mit 15 schon gekonnt hätte.