Neue Spinnengefahr
für Österreich

Globaler Transport und Klimawandel machen es möglich: Exotische Spinnen werden in Österreich heimisch. Zudem steigt das Risiko, sich in Europa mit einer Tropenkrankheit zu infizieren

von Klimawandel - Neue Spinnengefahr
für Österreich © Bild: Getty Images/iStock

Sie ist nur etwa einen Zentimeter groß, ihre Beine sind lang und dünn, ihr Körper ist schwarz mit einem roten Streifen am Rücken -und sie ist eine der giftigsten Spinnen der Welt. Die Rotrückenspinne, besser bekannt als Schwarze Witwe, siedelt gerne in Menschennähe wie etwa auf Terrassen. Dadurch kommt es immer wieder zu Zwischenfällen. "In Australien werden jährlich rund 5.000 Bisse registriert. Die Dunkelziffer ist aber sicherlich höher", weiß Christian Komposch, Spinnenexperte bei Ökoteam, einem Institut für Tierökologie und Naturraumplanung in Graz.

Der Biss der Schwarzen Witwe verursacht starke Schmerzen, führt zu Krämpfen und Lähmungen. Eine halbe Stunde danach schwellen die Lymphknoten an. Gefährlich wird es, wenn das Atemzentrum von den Lähmungserscheinungen betroffen ist. Doch sind, beruhigt Komposch, für den Menschen tödliche Zwischenfälle äußerst selten. Auch weil es ein Gegengift gibt, das in Australien rund 400 Mal im Jahr verabreicht wird.

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Eine Spinne, die ohnehin nur für Reisende gefährlich ist? Falsch. Die Schwarze Witwe breitet sich rasant aus. Sie ist schon lange nicht mehr ausschließlich in Australien beheimatet, sondern kommt mittlerweile in Neuseeland, Südostasien und Japan flächendeckend vor. Und laut Komposch steht sie "bereits vor unserer Haustüre. Sie wurde und wird immer wieder etwa durch Containerschiffe verschleppt. Bisher konnte sie sich in Europa allerdings noch nicht etablieren."

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Durch den Klimawandel ist nun alles anders. "Der Modellrechnung eines neuseeländischen Arachnologen zufolge reicht schon ein Temperaturanstieg von wenigen Zehntelgrad Celsius aus, damit sich diese Tiere bei uns vermehren und ausbreiten können", erklärt Komposch. Und diese Temperatur sei mittlerweile erreicht. Also dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sich auch auf Österreichs Terrassen schwarze Witwen ansiedeln.

"Das wird sicherlich unangenehm", so der Spinnen-Experte. Panik hält er allerdings nicht für angebracht: "Weltweit enden nur rund zehn Spinnenbisse jährlich tödlich." Zum Vergleich: Durch den Stich eines Skorpions sterben jährlich 5.000 Menschen, durch Hundebisse 25.000 und durch Schlangen 50.000.

Tarantel und Mauerspinne

Im vergangenen Jahr wurde viel über Sichtungen der Südrussischen Tarantel im Weinviertel und Burgenland berichtet. Die bis zu 3,5 Zentimeter große Spinne ist allerdings nicht neu in Österreich. "Die Südrussische Tarantel ist schon seit mindestens 100 Jahren im Burgenland und im Marchfeld verbreitet", erklärt Christoph Hörweg, Leiter der Sammlung Arachnoidea im Naturhistorischen Museum Wien. Jetzt von einer Invasion zu sprechen, wäre in diesem Fall falsch. Hörweg vermutet, dass durch die sozialen Medien jede Sichtung dieser für den Menschen ungefährlichen Spinne viel mehr Aufmerksamkeit bekommt.

Directly above shot of redback Spider with cocoon on surface
© Getty Images/fStop Die Rotrückenspinne ist eine der giftigsten Spinnen der Welt

Deutlich unscheinbarer ist hingegen die Mauerspinne, die seit einigen Jahren massiv in Österreich vorkommt. Sie zählt zu den eingeschleppten Arten, ist kaum mit freiem Augen zu erkennen und für den Menschen ungefährlich. "Das Mauerspinnchen verursacht einen hohen wirtschaftlichen Schaden", erklärt Komposch. Denn sie breitet sich rasant auf, tritt in unseren Städten zu Zehntausenden auf und überzieht ganze Fassaden mit ihren Netzen. "In den Netzchen verfängt sich Staub, und die Hausmauern erscheinen dann innerhalb kürzester Zeit unansehnlich grau gemasert. Die Reinigung ist zeitund kostenintensiv, und im nächsten Jahr ist alles wieder, wie es war", erklärt der Experte.

Ebenfalls beträchtliche Schäden verursacht der Asiatische Marienkäfer. Er wurde zunächst ganz bewusst als biologischer Schädlingsbekämpfer in Glashäusern eingesetzt. Schließlich verspeist jeder Käfer bis zu 300 Blattläuse täglich. Irgendwann entkamen allerdings einige der Tiere. "Das erste freilebende Exemplar des Asiatischen Marienkäfers wurde 2001 in Belgien gefunden, 2006 dann in Österreich", so Komposch. In weiterer Folge verbreitete sich dieser Käfer rasant. Heute ist er in Österreich von den Weinbaugebieten der Südsteiermark bis in die Alpinstufe des Nationalparks Hohe Tauern allgegenwärtig.

Riesige Schwärme

Bemerkbar wird das vor allem im Spätherbst, wenn sich riesige Schwärme des Käfers auf der Suche nach Verstecken zum Überwintern auf Hausmauern niederlassen. Problematisch ist, dass der Käfer heimische Arten zurückdrängt. Davon betroffen ist nicht nur der heimische Marienkäfer, vielmehr leiden rund 1.000 Arten darunter. Während ein Spinnenbiss in den allermeisten Fällen für den Mensch nicht tödlich endet, schaut es mit eingeschleppten Krankheiten ganz anders aus. Mittlerweile ist es gar nicht mehr notwendig, in die Ferne zu reisen, um sich mit einer Tropenkrankheit zu infizieren.

So haben sich im vergangenen Jahr etwa die West-Nil-Viren in Europa stark verbreitet. Bis Ende Oktober 2018 wurden der EU-Gesundheitsbehörde ECDC 1.460 Infektionen gemeldet, 2017 waren es in der gesamten EU hingegen nur 200. Für 170 Menschen endete das West-Nil-Fieber tödlich. Besonders viele Todesfälle gab es in Italien (44), Griechenland (42) und Rumänien (42). In Österreich starb bisher noch niemand daran. Das Virus wird durch die Hausgelse übertragen. Seit 2012 gelten Wien, Niederösterreich und das Burgenland im Blutspendewesen als Seuchengebiet.

© Getty Images Unter der rasanten Ausbreitung des Asiatischen Marienkäfers leiden 1.000 heimische Arten

Seit einigen Jahren wird die Asiatische Tigermücke regelmäßig gesichtet. Sie kann Krankheitserreger wie das Zika-, Chikungunya-oder Dengue-Viren übertragen. Bisher wurde aber noch kein Fall einer Ansteckung innerhalb Österreichs gemeldet.

Heinz Burgmann ist Leiter der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin an der MedUni Wien. Immer wieder behandelt er Menschen, die sich mit dem West-Nil-Virus angesteckt haben. 2018 wurden in Österreich bis Ende Oktober 19 Krankheitsfälle registriert -alle in Wien und Niederösterreich.

Zwei Tage bis zwei Wochen nach dem Stich treten die Symptome auf. "Meist verläuft die Krankheit unauffällig", erklärt der Mediziner. "Jeder Fünfte entwickelt eine fieberhafte Infektion, manche entwickeln schwere neurologische Symptome wie Lähmungen, epileptische Anfälle, Enzephalitis und Nervenentzündungen. Tritt eine Enzephalitis auf, liegt die Sterblichkeit zwischen 15 und 40 Prozent."

Derzeit gibt es weder eine Schutzimpfung noch Medikamente zur Behandlung des West-Nil-Fiebers.

Eingeschleppte Riesenzecke

Die Zecke ist zwar in Österreich heimisch. Doch durch die milden Winter konnten vermehrt sie sich rasant.

Zecken können eine Vielzahl von Krankheitserregern übertragen. Eine davon ist FSME, eine Gehirnhautentzündung. Rund 154 Menschen erkrankten 2018 daran - und damit deutlich mehr als in den Jahren zuvor. Der jüngste Patient war drei Jahre alt, der älteste 85. Zudem sind rund ein Drittel der Zecken mit Borrelien infiziert. Und gegen Borreliose gibt es -anders als gegen FSME - noch keine Schutzimpfung. Nach einem Biss ist es daher wichtig, die Stelle genau zu beobachten. Sollte Fieber auftreten oder sich ein roter Kreis bilden, ist umgehend medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen Arzt.

© Getty Images/iStock Mücken übertragen nicht nur in den Tropen schwere Krankheiten

Größer und mindestens ebenso gefährlich ist die neu eingeschleppte tropische Riesenzecke. Sie ist mit bis zu acht Millimetern doppelt so groß wie die herkömmlichen Zecken und hat gestreifte Beine. Eingeschleppt wurde sie wahrscheinlich von Zugvögeln. Bisher wurde österreichweit zwar erst ein einziges Exemplar im Raum Krems gefunden. Experten sind sich aber einige, dass noch mehr folgen werden. Die Riesenzecke kann unter anderem das gefährliche Krim-Kongo-Fieber übertragen. Bei diesem hämorrhagischen Fieber kommt es unter anderem zu inneren Blutungen. "Die Sterblichkeit liegt je nach Virenstamm zwischen zwei und 50 Prozent" sagt Burgmann.

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Solange die Temperaturen weiter steigen, ist die Riesenzecke wohl nicht die letzte tropische Art, die sich in Österreich ansiedeln wird.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der Printausgabe von News (Nr. 21/2019) erschienen.