Na Servus, Red Bull!

Der Konflikt an der Motorsportflanke von Red Bull ist ein Stellvertreterstreit um das Sagen im Konzern. Er verdeckt ein kleines Pflänzlein im Gesamtzusammenhang: Die Info-Schiene ist nach dem Sport schon der wichtigste Turbo von ServusTV

von Medien & Menschen - Na Servus, Red Bull! © Bild: Gleissfoto

Mehr Würze für Gossip ist kaum noch denkbar: Als wäre Ex-Spice Girl Geri Halliwell als Frau von Red-Bull-Racing-Chef Christian Horner nicht schon Pop-Pfeffer genug fürs Sportspektakel, kommt nun noch U2 hinzu. Ihr Gitarrist The Edge ist der Schwiegervater des Bruders der Mitarbeiterin, die dem Formel-1-Manager unangemessenes Verhalten vorwirft. Die Rockveteranen planen angeblich einen Song mit dem Titel „Don’t be horny, be Christian“ (Sei nicht geil, sei christlich). Dabei gilt der Konflikt zwischen Horner auf der einen Seite und Motorsportberater Helmut Marko sowie Weltmeister Max Verstappen auf der anderen nur als Stellvertreterstreit im Machtkampf um Red Bull. Seit dem Tod von Dietrich Mateschitz macht die zuvor zurückhaltende Familie von Chalerm Yoovidhya auffälliger klar, dass dem thailändischen Clan 51 Prozent des Milliardenunternehmens gehören.

Die Schlagzeilen, die das Marketingphänomen rund um den Energy Drink aktuell produziert, sind das Gegenteil der Kommunikationsstrategie seines einstigen Masterminds. Unter Mateschitz Senior war auch Verschwiegenheit in eigener Sache ein Markenzeichen. Sohn Mark tickt ähnlich, obwohl er allein durch seine Beziehung zu Victoria Swarovski im Visier der Klatschpresse steht. Doch der Junior ist im Gegensatz zum Vater nicht im operativen Geschäft des Weltkonzerns. Dessen Media House mit mehr als 500 Millionen Jahresumsatz gilt als zweitgrößtes Medienunternehmen Österreichs nach dem ORF.

Es hat neben der Zentrale beim Salzburger Fußballstadion einen zweiten Standort an der Trabrennbahn in der Wiener Krieau ausgebaut. Der Magazinverlag ist hier ebenso stationiert wie ein Studio für ServusTV. Der Hangar-7 in Salzburg dient zwar weiterhin für die Sport- und Politik-Talks am Montag und Donnerstag, doch die Sonntagsrunde „Links. Rechts. Mitte“ kommt aus Wien. Michael Fleischhacker und Katrin Prähauser pendeln also für ihre Moderationen. Sie sind die Gesichter eines unterschätzten kontinuierlichen Informationserfolgs im Schatten der dominierenden öffentlichen ORF-Beachtung und der Kritik an ServusTV-Intendant Ferdinand Wegscheider, der seine wöchentliche Sendung unverdrossen bedenklich gestaltet – von schwerer Rechtslastigkeit über Faktenwidrigkeit bis zu Verschwörungstheorien. Viel Feind, viel Quote: Samt Wiederholung am Sonntag erreichen seine Samstagabend-Tiraden allein mit der linearen Ausstrahlung stabil eine Viertelmillion Zuschauer.

Dieses Feindbild verdeckt, dass die „Servus Nachrichten“ mit durchschnittlich mehr als 175.000 Sehern längst die Nummer 3 hinter „ZIB1“ und „ZIB2“ sind. Mit 8,2 Prozent Marktanteil kommen sie dem erklärten Senderziel, ORF 1 zu überholen, schon nahe. Es hatte im Vorjahr 9,5, ServusTV insgesamt aber erst 4,3 Prozent. Doch diese Stagnation war wohl dem Tode Mateschitz’ und der Neuordnung des Konzerns geschuldet. 2024 liegen sämtliche Info-Formate deutlich über 2023.

Die jüngste Ausgabe von „Links. Rechts. Mitte“ ist nur die Spitze des Eisbergs, zeigt aber, wie der Sender punktet. Während der ORF „Im Zentrum“ über „Männer und Frauen – ein brutales Verhältnis?“ diskutieren ließ, lud der Privatsender zu „Salzburg wählt: Niederlage für die ÖVP?“ den umstrittenen ORF-Stiftungsrat und oe24. TV-Kommentator Peter Westenthaler ein. Katrin Prähauser moderierte das mit der senderbedingt rechten Schlagseite, wodurch dieses Lager – diesmal verstärkt durch Publizistin Gudula Walterskirchen – immer ein Übergewicht im Gespräch erhält. Eva Glawischnig kam dagegen kaum an. Und Politikwissenschafter Reinhard Heinisch fragte wohl vor allem sich, ob es richtig war, hierherzukommen. Doch 135.000 Live-Zuschauer brachten sieben Prozent Quote – trotz weiterer Konkurrenz durch Annalena Baerbock bei Caren Miosga in der ARD (49.000). Der Talk von Claudia Reiterer war nur 2,5 Mal so stark, obwohl ORF 2 fast die fünffache Jahresquote von ServusTV hat.

Was anfangs vor allem die Natur-Dokus waren, ist also mittlerweile die Info-Schiene – für ServusTV ein starkes Zugpferd (ungeachtet der weit voranliegenden Sportrechte). Es wäre falsch, den Sender nur an Wegscheiders Unsäglichkeiten festzumachen. Seine klare Positionierung rechts der Mitte ist so legitim, wie es die Blattlinien anderer Medien sind. Das Spektrum der Gesprächspartner wirkt als deutliche Alternative zum ORF, aber auch Puls4/24 und ATV. Für den demokratischen Diskurs in Österreich wäre es wichtig, dass der Global Player Red Bull sich diesen Sender weiter leistet. Er verleiht niemandem Flügel, aber er vervollständigt die Abbildung der Wirklichkeit.