Warum man Danielle Spera ablösen will

Sie war eine erste Größe des öffentlich-rechtlichen Nachrichtenwesens und leitet international anerkannt das Jüdische Museum in Wien. Nun will man Danielle Spera offenbar aus dem Amt haben

von Kultur - Warum man Danielle Spera ablösen will © Bild: Ricardo Herrgott News

Wegschauen ist aussichtslos, so gut wie jeder muss da durch: "Verstummte Stimmen" heißt die Dauerausstellung, die Bayreuths Intendantin Katharina Wagner den Smokinggeblähten und Hemdbrustgepanzerten in den Park direkt vor dem Festspielhaus gestellt hat. Die große und schreckenvolle jüdische Geschichte der Festspiele zwischen 1876 und 1945 ist da in Bildern und Dokumenten festgehalten: Richard Wagners nie verdrossener Prophet Angelo Neumann, Hermann Levi, der Uraufführungsdirigent des "Parsifal", und die Ermordeten von Auschwitz und Theresienstadt, wo das Pack in nicht zu übertreffendem Zynismus ein "Künstlerghetto" mit dem Ziel der Auslöschung errichtet hatte.

Eine vergleichbare Ausstellung gibt es auch in Österreich. "Jedermanns Juden" heißt sie, aber sie ist nicht in Salzburg zu sehen. Sondern im Jüdischen Museum in der Wiener Dorotheergasse. Auch hier wird nichts ausgelassen, was uns auf den Nägeln brennen müsste. Die Salzburger Festspiele wurden maßgeblich vom jüdischen Regisseur Max Reinhardt und vom jüdischen Dichter Hugo von Hofmannsthal begründet. Die Nazis blickten mit Misstrauen und Verachtung auf das "verjudete" Salzburg, bis sie selber an der Macht waren und um die Festspiele ein gewaltiges Getöse veranstalteten, das allerdings zusehends kleinlauter wurde, als der Krieg ausbrach. Dafür war Salzburg nach 1945 die Vorzeigestadt des bruchlosen Übergangs, so, als wäre in den Jahren davor nichts weiter vorgefallen. Das Jüdische Museum mit der Außenstelle auf dem Judenplatz ist eine von der "New York Times" unter die Weltadressen gewählte Pretiose des Wiener Kulurlebens. 2010 übernahm dort die graduierte Kommunikationswissenschafterin Danielle Spera, hoch populär als Moderatorin der "Zeit im Bild", die Direktion. Und sofern man einem solchen Institut überhaupt mit Statistik begegnen kann, beeindrucken die Resultate: 2019 hatte sich Besucherzahl des Jahres 2010 verdoppelt. Der Zuschuss der öffentlichen Hand blieb unverändert, aber die Erlöse aus Spenden und Sponsoring versiebenfachten sich. Man arbeitet mit Kindern und Flüchtlingen, brachte die Provenienzforschung in Gang, fördert zeitgenössische Kunst, ist Digitalarchiv, Veranstaltungsort und Schauplatz internationaler Konferenzen und hat zudem 25 zerstörte Synagogen ins Gedächtnis zurückgerufen.

Muss sie gehen?

Und nun das: Danielle Speras Vertrag endet im Juni 2022, und die Wien Holding als Eigentümer schreibt die Direktion auffallend früh aus. Die erfolgreiche Direktorin, Jahrgang 1957, will sich wieder bewerben. Aber qualifizierte Gerüchte prognostizieren nichts Gutes: Zwar sei der zuständige Finanzstadtrat Peter Hanke von Danielle Speras Wirken überzeugt. Widerstand hingegen komme von Kulturstadträtin Kaup-Hasler, die schon mit der Neubesetzung der Festwochen, des Volkstheaters und der praktisch aus der Wahrnehmung eliminierten Kunsthalle angsterregenden Gestaltungswillen um hohen Preis zur Schau stellte.

Schon zuletzt habe Hanke Danielle Speras Vertragsverlängerung um zwei Jahre, bis 2022, erst durchsetzen müssen. Nun dulde die stadträtliche Kollegin allerdings keinen Verzug mehr. Die Direktorin selbst gibt sich wortkarg: Man möge sich mit Anfragen zu Gerüchten an die entscheidungsbefugte Politik wenden, allerdings: "Veränderung bringt meist Schlagzeilen."

Beredsamer wird sie, wenn man auf den Kern des Gerüchts zu sprechen kommt: Ehemann Martin Engelberg, wie sie selbst Mitglied der Kultusgemeinde, ist außer Psychoanalytiker auch ÖVP-Abgeordneter. Dies werde in Wien nicht goutiert. Auch hier könne sie nur auf Gerüchte antworten, erwidert Danielle Spera. "Es ist mir allerdings unverständlich, dass man als Frau immer noch als Anhängsel des Mannes behandelt wird und nicht als eigenständige Person." In der Tat ist die Haftbarmachung von Familienmitgliedern für Unerwünschtes glücklicherweise außer Gebrauch geraten.

Im "Thinktank"

Und noch etwas werde Danielle Spera vorgeworfen: Sie sei von Sebastian Kurz in einen "Thinktank" berufen worden. Das bestreitet sie, auch in Ermangelung eines strafbaren Tatbestandes, nicht. Nur: Die Einladung datiert noch aus Kurz' Zeit als Außenminister, und es ging um die internationale Positionierung der österreichischen Kultur. "Ich habe dies meinen Vorgesetzten gemeldet, auch, dass ich gefragt wurde, bei Think Austria dabei zu sein."

Das Resultat war freilich überschaubar: Es gab nur zwei Treffen, was angesichts der Teilnehmerschaft zu bedauern ist. Salzburgs Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler war da anwesend, die Grüne Monika Langthaler, der Genetiker Josef Penninger und der frühere UNO-General Ban Ki-moon. Allesamt keine Personen, seitens derer man die arglistige Unterwanderung der Magistratsabteilung 7 befürchten müsste.

Vielmehr, gesteht Danielle Spera, "empfand ich es als Privileg, dabei zu sein, denn ich halte es für essenziell, langfristige Perspektiven für unser Land zu entwerfen, selbstverständlich auch im Bereich der Kultur. Allerdings scheinen jetzt bereits seit geraumer Zeit keine Treffen mehr stattgefunden zu haben."

Dass das Museum zu harmlos sei, wie Bobo-seitig publiziert wurde? Dem Auftrag folgend erzähle man die große und dann ausgelöschte jüdische Geschichte Wiens und Österreichs und hole sie in die Gegenwart, erwidert Danielle Spera.

Und weil so viele Menschen ins Museum kommen, ist man mit dem Bundesdenkmalamt in konstruktiven Gesprächen über den Ausbau des geräumigen Dachbodens in der Dorotheergasse.

Der damit als geheimer Versammlungsort türkiser Umstürzler ausfiele.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der News Ausgabe Nr. 31+32

Kommentare

har man jemand mit einem besseren parteibuch

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