Wie gegenwärtig ist der Exorzismus?

Nicht nur im Film führt die von der Kirche anerkannte Praktik zu grauenhaften Morden

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Fakten - Wie gegenwärtig ist der Exorzismus?

Jedem getauften Christen unter uns wurde bereits der Teufel ausgetrieben. Denn bei jeder Taufe wird ein Exorzismus-Gebet* gesprochen, bei dem das neue Gottesschäfchen von der Macht der Dämonen befreit wird. Auch im "Vaterunser" ist ein Dämonenblocker-Spruch enthalten, nämlich "Erlöse uns von dem Bösen!".

Exorzismus von der Kirche erklärt

Im von Johannes Paul II veröffentlichten Katechismus der Katholischen Kirche, einem Handbuch zu den Grundfragen des christlichen Glaubens, wird die Frage "Was ist ein Exorzismus?" so beantwortet: "Wenn die Kirche mit ihrer Autorität im Namen Jesu darum betet, dass eine Person oder ein Gegenstand vor dem Einfluss des Bösen beschützt oder seiner Herrschaft entzogen wird, handelt es sich um einen Exorzismus. In gewöhnlicher Form wird der Exorzismus im Taufritus vollzogen. Der feierliche, sogenannte Große Exorzismus darf nur von einem durch den Bischof bevollmächtigten Priester vorgenommen werden."

»Der Kampf gegen den Teufel geht weiter, denn der Teufel lebt und ist in der Welt aktiv - Johannes Paul II.«

Wahn oder Wirklichkeit?

In der modernen Medizin wird ein sogenanntes "besessenes" Verhalten als Symptom einer organischen Krankheit oder einer psychischen Störung gesehen. Die Kirche unterscheidet jedoch unter diversen Geisteskrankheiten und religiöser Hysterie einerseits, und "echter" Besessenheit anderseits. Symptome für Besessenheit können sein: Epileptische Anfälle, Wechsel des Charakters, Tobsucht, ungewöhnliche Kräfte, Aggression gegen das Religiöse, psychische Hellsichtigkeit. Für solche Fälle bildet sie unter ihren Geistlichen Exorzisten in Kursen aus.

Wer will Exorzist werden?

Auch Päpsten wird nachgesagt, Kranken den Teufel ausgetrieben zu haben. Dem amtierenden Pontifex Franziskus, Papst Johannes Paul II. sowie Benedikt XVI. sollen angeblich Geisteraustreibung praktiziert haben. Unter Johannes Paul II. wurden im Jahre 2003 in Italien circa 200 Priester als Exorzisten bestellt.

Fakt ist auch: Der Vatikan bildet seine Geistlichen nicht in Exorzisten-Kursen aus, sondern hat im Juli 29014 die "Internationale Vereinigung der Exorzisten" (Aie) offiziell anerkannt. Der Vereinigung gehören demnach rund 250 Exorzisten aus 30 Ländern an.

Der ehemalige Vorsitzende der Aie ist zugleich auch der "produktivste" Exorzist der römisch-katholischen Kirche. Der 90-jährige italienische Priester Gabriele Amorth wurde im Jahre 1986 zum Exorzisten der Diözese Rom ernannt und behauptet, etwa 70.000 erfolgreiche Exorzismen durchgeführt zu haben

Exorzismus in Österreich

Nach Vorgaben aus Rom sollte es in jeder Diözese einen vom Bischof beauftragten Teufelsjäger geben. In Österreich ist dies laut Standard in Wien, St. Pölten und Linz der Fall (Stand 2011). In allen Diözesen sollen Priester angeblich die nötige Ausbildung für den Exorzistendienst haben. Dies geschieht jedoch abseits der Öffentlichkeit: Für Interviews sind die Dämonenaustreiber nicht zu haben, auch Namen werden seitens der Kirche nicht genannt. Die Praktik hat auch einen anderen Namen bekommen: Der sogenannte "Befreiungsdienst" gehört zusammen mit dem "Heilungsgebet" zur Seelsorge der Kirche und basiert auf dem "Auftrag Jesu".

Nicht wie im Film

Mit der Darstellung in Filmen habe Exorzismus in der Realität jedoch nichts zu tun. Der St. Pöltner Diözesanbischof Klaus Küng beschrieb die Tätigkeit eines Exorzisten gegenüber dem Standard so: "Wenn überhaupt eine echte Bedrängung vorliegt und nicht nur ein psychisches Problem - was immer im Vorhinein medizinisch abgeklärt wird -, sieht die Arbeit zumeist so aus: immer wiederkehrende geduldige Gebete mit der betroffenen Person, die sich über Monate, mitunter aber auch über Jahre ziehen können."

Jährlich finden weltweit tausende sowohl von Religionsgemeinschaften genehmigte als auch "wilde Exorzismen" statt. Oft sind neurologisch oder psychisch kranke Kinder Opfer solcher Riten. Noch heutzutage werden Menschen mit Spasmen, Epilepsien, Tourette-Syndrom, Psychosen, aber auch Blinde und Taube dämonisiert, misshandelt oder getötet.

Mordfälle unter dem Deckmantel des "Exorzismus"

  • Deutschland, Dezember 2015: Eine Frau ist bei einer mutmaßlichen "Teufelsaustreibung" in einem Frankfurter Hotelzimmer getötet worden. Mehrere Verwandte sollen die 41-Jährige über Stunden hinweg an ein Bett gefesselt und geprügelt haben, bis sie schließlich erstickte. Ihr Motiv war nach ersten Ermittlungen, der vermeintlich von Dämonen besessenen Frau den "Teufel auszutreiben", teilte die Staatsanwaltschaft mit.
  • USA, August 2015: Die Stief-Enkeltochter von Morgan Freeman wurde auf offener Straße in Manhattan von ihrem eigenen Freund erstochen. Er wollte der 33-Jährigen im Kokain-Rausch den "Teufel austreiben". Der Mann wurde wegen "Exorzisten-Mordes" gefangen genommen.
  • USA, Jänner 2014: Bei einer Teufelsaustreibung soll eine Mutter im US-Staat Maryland zwei ihrer kleinen Kinder erstochen haben. Zwei weitere Geschwister wurden mit Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht. Die Todesopfer waren ein einjähriger Bub und dessen zweijährige Schwester. Die beiden verletzten Kinder waren fünf und acht Jahre alt. Die 28-jährige Mutter und eine weitere Frau wurden wegen zweifachen Mordes sowie versuchten Mordes angeklagt.
  • Malaysien, November 2013: Weil sie ihre zweijährige Tochter bei einem Exorzismus-Ritual erstickten, sind die Eltern des Kindes von einem Gericht in Malaysia zu jeweils einem Jahr Haft verurteilt worden. Das Kind war im August 2012 erstickt worden, als es von sieben Verwandten und der Hausangestellten unter einer Decke festgehalten wurde. Die "sehr religiösen" Buddhisten seien überzeugt gewesen, dass das kleine Mädchen besessen sei, sagte der Anwalt der Familie, Ang Chun Pun. "Sie wollten dem Kind helfen (...) Aber die Gebetssitzung ging viel zu weit."
  • Frankreich, Oktober 2013: Ein Gericht im Großraum Paris hat vier Angeklagte einer evangelikalen Bewegung wegen Exorzismus zu Haftstrafen zwischen drei und sechs Jahren verurteilt. Das Geschworenengericht des Departements Essonne sah es als erwiesen an, dass die von den Antillen stammenden Angeklagten im Mai 2011 eine 19-jährige Kamerunerin einer "Teufelsaustreibung" unterzogen, und sie dazu an eine Matratze fesselten und ihr eine Woche lang nichts zu essen gaben. Alle vier zeigten sich während des am Montag begonnenen Prozesses überzeugt, dass ihr Opfer tatsächlich "vom Teufel besessen" sei. Sie hätten deshalb nur "zum Guten " der 19-Jährigen gehandelt.

* "Weil die Taufe Zeichen der Befreiung von der Sünde und deren Anstifter, dem Teufel, ist, spricht man über den Täufling einen Exorzismus (oder mehrere). Der Zelebrant salbt den Täufling oder legt ihm die Hand auf; danach widersagt der Täufling ausdrücklich dem Satan. So vorbereitet, kann er den Glauben der Kirche bekennen, dem er durch die Taufe „anvertraut“ wird [Vgl. Röm 6,17].“

Kommentare

Martin Rabe

Ich bin ja Atheist, aber was habt ihr den für Probleme. Die Leute hat nicht ein Priester sondern die eigene Familie umgebracht. Erstmal durchlesen dann ätzen. Fast alle ermordeten Kinder, werden von der Familie gekillt. Die Gründe sind wohl sekundär. Außerdem wer an Gott glaubt, kann auch an Superman glauben, die Beweise sind die gleichen;)

Oliver-Berg

Die sogenannten Christen scheinen das 5. Gebot, "Du sollst nicht töten offensichtlich bei Exorzismen zu vergessen". Jeder Geistliche, egal welcher Konfession, der sich für so einen Blödsinn hergibt, wo es zu schweren Verletzungen und möglicherweise sogar zum Tod kommt, gehört lebenslänglich eingesperrt = Mord und nichts anderes.

Andreas Schafzahl
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Man sieht hier wieder das sich die Kirche nicht an die Bibel hällt. Sie schlagen Kapital aus dem Gläubigen, machen Kriege und geben sich noch als Wunderheiler aus. Das einzige was man machen kann wenn jemand besessen ist, dieser Person zu sagen das sie selbst für sich beten soll. Andere können auch für die Person beten, da spielt es aber keine Rolle wer das macht. Und vor allem ohne Götzen.

Andreas Schafzahl
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Glaube hat Macht. Siehe Placebos. Wenn jemand glaubt besessen zu sein dann reicht ein Gebet aus, zu Hause vieleicht mit der Familie und nicht das was die Kirche macht. Das ist Gotteslästerung. Das sind falsche Propheten. Ich verabscheue tutiefst was die Kirche da so macht. Einige Kardinäle geben es zu und sagen das Luzifer der Lichtbringer sei. Mehr Götzen als im Vatikan findet man selten wo.

Wergznase melden

Auch wenn ich natürlich gegen dieses Treiben bin - einen Mord stellt es nicht dar. Klar wird da im Zorn gerne dramatisiert und jede erschütterne Tötung gleich mit Mord betitelt (siehe auch Schlachthofthreads), nur der eigene Zorn bzw die eigene Abscheu macht eine Tötung noch nicht zum Mord.

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