Die Geheimnisse der bunten Kickersprache:
Was sind Hösche, Wuleh, Scheiberlg`spüh?

Oder 'Fettn', 'O'grosl', 'Gurkerl' und 'Bloßhappata'? Sprachwissenschafter erforscht heimische Spielfelder

Was hat die Stachelbeere mit typisch österreichischem Fußballer-Jargon zu tun? Genauso viel wie mittelalterlicher Hohn und Spott - nämlich sehr viel! Der "Slang", der auf den grünen Rasen zwischen Neusiedler- und Bodensee gesprochen wird und seinen Ursprung meist in Wien hat, ist nämlich tatsächlich und hochoffiziell eine Fachsprache. Ob "Fettn", "O'grosl", "Gurkerl" oder "Bloßhappata": Sprachwissenschafter Manfred Glauninger geht bei seinen Vorträgen ins Detail und lüftet dabei so manches Ballesterer-Geheimnis.

Die Geheimnisse der bunten Kickersprache:
Was sind Hösche, Wuleh, Scheiberlg`spüh?

Der Ball ist rund, und die Deutschen nennen ihn "Spielgerät". Das sagt eigentlich eh schon alles. In Österreich wird das zu tretende Leder hingegen überaus vielfältig benamst. Laberl zum Beispiel, oder Wuchtl, Haut oder Kugel, "Boin" oder Frucht, auch "Wuleh" ist manchmal zu hören, was aber auch "volley" heißen kann, nur wird das dann anders betont. Für Glauninger ist "fußballerisch" eine "ganz besondere Form der deutschen Sprache", eine, wie die Experten sagen, "Varietät".

"Im Fußball ist viel Kulturgeschichte drinnen", doziert der gebürtige Grazer. War das in Österreich gesprochene Deutsch im 17. und 18. Jahrhundert geprägt von französischem, jiddischem und böhmischem Vokabular, das langsam und liebevoll in den heimischen Sprachschatz übernommen wurde, so kam Ende des 19. Jahrhunderts das Englische hinzu. Und auch das ist längst mit hiesiger Mundart verschmolzen. Begriffe wie "Goi", "Händs", "Faul", "aut" oder "Mätscherl" haben ihre Wurzeln auf der Insel, wo der moderne Fußball erfunden wurde.

"Jud", "Schwindlicha" und "Heisl"
Klar, nicht immer geht's am Feld und auf den Tribünen politisch korrekt zu, das weiß Fußball-Fan Glauninger nur zu gut. Jahrzehnte lang war etwa der "Jud", also der "Spitz" (wenn der Ball mit der Fußspitze geschossen wird), ein allgemein gängiger Begriff. Die meisten verwendeten ihn wahrscheinlich ohne zu wissen, woher genau er stammte: "Die Atmospähre auf den Fußballplätzen war schon in den 20er Jahren antisemitisch aufgeladen. Ein Spitz galt als unkontrollierter, unschöner Schuss", so der Sprachwissenschafter. Also Attribute, die man jüdischen Sportlern zuordnete " obwohl die Hakoah 1924 sogar die Meisterschaft gewann.

Weit weniger gefährlich, dafür ebenso in die Kategorie "verbale Tiefschläge" einzuordnen, gelten Bezeichnungen wie "schwoaze Sau" (schlechter Schiedsrichter), "Heisl" oder "Kuah" (untalentierter Spieler), "Blinder" (Akteur mit wenig Übersicht) sowie der "Schwindliche" (kann in verschiedensten Situationen verwendet werden). Wird der Linienrichter mit "Outwachler" tituliert, muss das noch nichts heißen. Wird dem Wort ein lautes "heast!" vor- bzw. hintan gestellt, bedeutet dies, dass die Fans mit den Entscheidungen des assistierenden Unparteiischen an der Seitenlinie alles andere als einverstanden sind.

Hösche und Wien-Dominanz
Wer hat schon mal Hösche gespielt? Jeder. Nur: Wer weiß, was es bedeutet? "Hösche kommt aus dem Mittelhochdeutschen und heißt so viel wie Ärgernis, Hohn oder Spott." Und zwar für jenen, der in der Mitte steht und dem Ball hinterher japst, den sich mindestens zwei Gegner zuspielen. Und "für die Galerie spielen?" Glauninger ist in seinem Element: "Galerie ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für die Unterwelt. Viele haben früher eben für die Galerie gespielt, um einen gut dotierten Vertrag zu bekommen. In der Kabine sind dann die Geldkoffer geöffnet worden. Fußball ist immer schon auch von eher weniger seriösen Menschen finanziert worden."

Der Fußballer-Jargon ist geprägt von seiner Wien-Dominanz. Denn die Vereine der Bundeshauptstadt beherrschten bis in die 60er Jahre die österreichische Szene nach Belieben. Da waren die Klubs daheim, die großen Stadien, die Fans, das Geld, der Ruhm. Darum klingen Kreationen wie "Bock", "Zangler", "Hoizg'schnitzta", "Klettn", "Türl", "Öfa", "au' rauchn", "Fettn", "Gurkerl", "Scheiberlg'spüh",
"Ferschler" und "Nudelpartie" in der Donaumetropole immer noch am authentischsten. Apropos Nudelpartie: Verursacher einer solchen sind meist mehrere "O'grosln", also menschliche Nachfahren der Stachelbeere.
(APA/red)

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