Das Geheimnis
der Power-Paare

Sieben Paare erzählen, wie sie Beruf und Familie vereinen

Wenn Paare gleichwertig nebeneinander Karriere machen, wenn mit der Geburt des ersten Kindes nicht einer im Schatten des anderen verschwindet -dann ist das in erster Linie eine Frage der Beziehungsphilosophie. Aber auch Power Couples zahlen ihren Preis

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Beziehungen - Das Geheimnis
der Power-Paare

Die Kerns, Proll und Bloéb, Stöger und Kriegler, Raich und Raich -sie gelten als Role Models für moderne Powerpaare: beide erfolgreich, beide glücklich mit dem, was sie tun. Und dann bringen die meisten von ihnen auch noch die Kindererziehung mit unter einen Hut.

Was machen diese Paare anders als der gefühlte Rest der Bevölkerung? Wo jede zweite erwerbstätige Frau in Teilzeit arbeitet. Bei den 25-bis 49-jährigen Frauen mit Kindern unter 15 Jahren sogar mehr als zwei Drittel. Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg meint: "Die wichtigste Karriereentscheidung, die eine Frau trifft, ist, ob sie einen Lebenspartner haben möchte und wer dieser Partner ist."

»Die wichtigste Karriereentscheidung, die eine Frau trifft, ist, ob sie einen Lebenspartner haben möchte und wer dieser Partner ist.«

Was sie meint, ist, dass eine erfolgreiche Frau einen Gleichgesinnten braucht. Einen, der bereit ist, am gleichen Strang zu ziehen, beruflich und privat. "Die meisten Berufe sind so fordernd, dass Frauen daheim am Küchentisch einen Unterstützer brauchen, keinen Pascha und erst recht keinen Gegner", sagt die Karrieretrainerin Sigrid Meuselbach. Die Weiche, ob ein Paar gemeinsam Karriere macht, ob sich beide trotz Kindern gleichberechtigt verwirklichen können, wird also am Standesamt gestellt.

Klingt einfach, ist es aber nicht. Denn laut einer Spectra-Studie denken 54 Prozent der Österreicher, dass Frauen Haushalt und Kindererziehung übernehmen und die Männer das Geld verdienen sollten -und ein Drittel findet, Frauen sollten sich auch dann um die Kinder kümmern, wenn sie mehr verdienen. Frei nach dem Motto: Hinter einem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau. Wer nicht hinter, sondern neben dem Mann stehen und ebenso erfolgreich sein will, braucht einen Partner, der das genau so will. Und der bereit ist, den Preis dafür zu zahlen. Vor allem dann, wenn Kinder im Spiel sind.

Der Preis des Erfolgs

Bei den Kerns ist dieser Preis die knappe gemeinsame Zeit. Beim Schauspielerehepaar Nina Proll und Gregor Bloéb wiederum ist es die Bereitschaft, ihre Kleinfamilie für Fremde, nämlich für die wechselnden Aupairmädchen, zu öffnen. Für Marlies und Benni Raich war es wichtig, die aktive Karriere gemeinsam zu beenden, sodass man sich weiter auf Augenhöhe begegnen kann. Neben prominenten Power Couples, die genügend Geld verdienen, um sich immerhin auf ein Netz aus Kinderfrau, Putzhilfe und Aupair verlassen zu können, haben wir auch ganz "normale" erfolgreiche Paare und Familien nach ihrem Geheimrezept gefragt. Das Ergebnis: Es funktioniert dann, wenn beide gleichermaßen bereit sind, immer wieder zurückzustecken, auch einmal dem anderen beruflich den Vortritt zu lassen und Freizeit oder Sozialleben einzuschränken.

»Wir wissen, dass wir aktuell beziehungstechnisch etwas zurückstecken müssen, zumindest solange die Kinder klein sind«

"Wir wissen, dass wir aktuell beziehungstechnisch etwas zurückstecken müssen, zumindest solange die Kinder klein sind", sagt etwa die selbstständige Psychotherapeutin Nicola Tutsch, die gerade ihr drittes Kind erwartet und deren Mann ein vielbeschäftiger Barkeeper ist. Und manchmal geht sich eben nicht alles gleichzeitig aus: Werner Etzelstorfer, ein international tätiger Produktmanager, kündigte etwa unlängst seinen Job, um seine Frau bei der Unternehmensgründung zu unterstützen und sich um die Söhne zu kümmern. Manchmal ist der Preis eben auch ein zwischenzeitlicher Rollentausch.

Benni & Marlies

Gemeinsamer Tempowechsel

Gemeinsam Gas geben, gemeinsam zurückschalten: "Unser größter Vorteil war, dass wir blindes Verständnis für den Job des anderen mitbrachten", sagt Marlies Raich. In der aktiven Zeit habe man sich gegenseitig motiviert, das war fast ein Automatismus. Wichtig aber sei, dass man nach Karriereende bewusst einen gemeinsamen Tempowechsel vollzogen habe. Beide sind jetzt mehr zu Hause, das knapp zweijährige Söhnchen Josef steht im Mittelpunkt, demnächst stellt sich erneut Nachwuchs ein. Glück, das ist für die Raichs eine synchronisierte Lebensgeschwindigkeit.

Ulli & Peter

Die Kraft der simplen Rituale

Peter Stöger gehört zu den erfolgreichsten Österreichern, die je einen deutschen Bundesligaverein trainierten. Ulli Kriegler, seit knapp zwei Jahrzehnten an seiner Seite, ist eine beliebte Kabarettistin und Moderatorin. "Mir ist sein Job genauso wichtig wie ihm meiner. Wirklich zufrieden sind wir nur, wenn es uns beiden beruflich gut geht", sagt Ulli. Auch wenn der Weg dorthin nicht immer ganz einfach sei. "Kommunizieren, zuhören, Anteil nehmen -es klingt so banal, aber das ist das Wichtigste." Und dann ist da noch, gerade wenn die gemeinsame Zeit knapp ist, die Kraft der Rituale. "Zusammen frühstücken, zusammen fernsehen, zusammen in unserer Badehütte abtauchen -alles keine großen Dinge, aber sie halten uns beieinander."

Ben & Nicola

Wünsche des anderen respektieren

Nicola Tutsch ist selbstständige Psychotherapeutin, ihr Mann Barkeeper in einem Wiener Szenelokal. Sie arbeitet nachmittags, er nachts. Vormittags schläft er, um zu Mittag die Kinder zu übernehmen. Zeit mit den beiden Töchtern ist dem Paar mindestens so wichtig wie die Selbstverwirklichung. Was auf der Strecke bleibt, ist die Zeit zu zweit und für sich selbst -zumindest solange die Kinder klein sind. Die Beziehung funktioniert trotzdem, Baby Nummer drei ist unterwegs: "Wir haben viel Verständnis füreinander und respektieren die Wünsche des anderen."

Werner & Karin

Die Drittellösung als Patentrezept

Werner Gröbl trennte sich von seinem steirischen Möbelimperium, um beruflich neue Wege zu gehen. Als er seine nunmehrige Frau Karin kennenlernte, beschloss das Paar, ein gemeinsames Projekt aus dem Boden zu stampfen: einen Wohnpark am Grazer Stadtrand mit 280 Einheiten und eigener Infrastruktur. "Oft arbeiten wir 14 Stunden pro Tag und mehr", sagt Gröbl. Sobald das Projekt abgeschlossen ist, wollen sie zu ihrer "Drittelphilosophie" zurückkehren: "Ein Drittel der Lebensenergie fließt in den Job, ein Drittel in Partnerschaft und Familie -und ein Drittel in die eigene Person." Sie macht die Rettungshundeausbildung, er sammelt Schellacks.

Nina & Gregor

Die Bereitschaft zur familiären Erweiterung

Nina Proll und Gregor Bloéb sind viel gebuchte Schauspieler, pendeln zwischen Tirol, Wien und der Welt, haben zwei Buben im Volksschulalter -und führen eine glückliche Beziehung. "Es liegt daran, dass mein Mann keine großen Ansprüche hat", sagt Nina Proll. "Wenn seine primären Bedürfnisse befriedigt sind, ist er glücklich. Umgekehrt bin ich glücklich, wenn ich so sein kann, wie ich bin, und trotzdem geliebt werde. Oder vielleicht genau deshalb." Wichtig sei aber auch, die wechselnden Aupairmädchen, die auf die Kids aufpassen, zum Teil der Familie zu machen. "Wir wissen, dass wir ihnen echt vertrauen können." Das federe viel Druck ab.

Robert & Sandra

Balance in der Beziehung

Sie Juristin, er Betriebswirt, und beide sind Führungskräfte in Banken. Um Fulltime- Job, Sport und die Betreuung des zweijährigen Adam unter einen Hut zu bringen, müssen sie klare Prioritäten setzen. Was geht, wird outgesourct. Sie gönnen sich eine Putzfrau, Handwerker und eine liebevolle Nanny. Gesportelt wird auf dem Weg zur Arbeit - zehn bzw. 15 Kilometer im Lauftempo. Zeit zu zweit bleibt momentan nur am Abend, wenn Adam gegen 21 Uhr einschläft, und das Sozialleben ist "auf ein Minimum" reduziert. "Uns ist eine Balance in der Beziehung wichtig. Beide sollen sich verwirklichen können, keiner zu kurz kommen. Unser Rezept: Priorisieren und Effizienz." Demnächst kommt das zweite Kind.

Petra & Werner

Die Karriere als Wechselspiel

Petra Etzelstorfer hat sich vor Kurzem mit grossekleinewunder, einem Beratungs-und Dienstleistungsunternehmen rund um Familie und Babys erste Jahre, selbstständig gemacht. Um diesen Traum zu verwirklichen, musste die Betriebswirtin umschulen. Eine "taffe" Zeit sei das gewesen, Raum für Zweisamkeit gab es da kaum. Beiden ist es wichtig, neben dem Beruf auch viel Zeit mit den Kindern zu verbringen. Neben zwei Karrieren ging sich das irgendwann nicht mehr aus. Daher hat Werner vor Kurzem gekündigt, um momentan Petra den beruflichen Vortritt zu lassen. "Wir haben eine absolut gleichwertige Partnerschaft. Es ist ein Wechselspiel, bei dem jeder einmal dran ist."