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Nach Angaben der Fed vom Mittwoch hat sich das Wirtschaftswachstum im ersten Halbjahr abgeschwächt, während die Unsicherheit über die wirtschaftlichen Aussichten nach wie vor groß ist. Ersteres könnte ein erstes Zeichen dafür sein, dass die Fed im September tatsächlich erstmals seit Dezember 2024 den Leitzins senken wird.
Beim Zinsentscheid am Mittwoch fiel auf, dass sich im Gegensatz zu der vorherigen Sitzung nicht alle Mitglieder des Zentralbankrats zu einer Beibehaltung des Leitzinses durchringen konnten. Mit Michelle Bowman und Christopher Waller sprachen sich zwei von elf anwesenden Vertretern für eine Senkung um 0,25 Prozentpunkte aus. Abweichler bei Zinsentscheidungen kommen bei der Fed eher selten vor. Waller wird eine Nähe zu Trump nachgesagt. Der US-Präsident soll ihn neben Finanzminister Scott Bessent als Nachfolger von Powell in Betracht ziehen. Adriana Kugler war nicht anwesend. Die übrigen neun Mitglieder befürworteten hingegen die Entscheidung.
Damit stemmt sich US-Notenbank-Chef Jerome Powell weiter gegen Trump, dem die aktuelle Leitzinsspanne zu hoch ist. Weil er aber nicht das bekommt, was er verlangt, hat Trump den Fed-Chef in den vergangenen Monaten immer wieder verbal attackiert und unter anderem als "Dummkopf", "Schwachkopf" und "dummen Kerl" beschimpft. Auch am Mittwoch polterte Trump nur wenige Minuten vor der Bekanntgabe des neuen Leitzinses wieder gegen ihn.
Trump will einen niedrigeren Leitzins, um die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten anzukurbeln. Zudem fällt es Regierungen bei niedrigem Zins leichter, sich zu verschulden: Laut einer Einschätzung des Haushaltsamts des US-Kongresses wird sich das Defizit durch Trumps neues Steuergesetz innerhalb der nächsten zehn Jahre um rund 3,3 Billionen Dollar (etwa 2,9 Billionen Euro) erhöhen.
Powell warnte indes vor politischer Einflussnahme auf die Fed. "Es wäre natürlich eine große Versuchung, die Zinssätze zu nutzen, um Wahlen zu beeinflussen", sagte Powell am Mittwoch, ohne Trump namentlich zu nennen. "Politische Faktoren" dürften keine Rolle bei der Festlegung des Leitzinses spielen, betonte der Fed-Chef.
Powell verteidigte in einer Pressekonferenz die Entscheidung der Notenbank, den Leitzins das fünfte Mal in Folge unverändert zu lassen. Es gebe noch "viele Unsicherheiten" durch Trumps Zollpolitik. So sei etwa die Inflation immer noch über der angestrebten Marke von zwei Prozent.
Für Powell überwiegen hingegen andere Argumente: Angesichts bestehender Inflationsrisiken infolge Trumps Zollpolitik setzt er auf eine umsichtige Geldpolitik und zögert mit Zinssenkungen. Zuletzt zeigten sich zudem Wirtschaft und Arbeitsmarkt in den USA robust, was ebenfalls kein Grund für einen niedrigeren Leitzins ist.
Unter Trumps Führung haben die USA gegen eine Vielzahl von Ländern Zölle angedroht oder bereits etabliert - mit Folgen für die US-Bevölkerung: Erst am Dienstag hatte sich der Internationale Währungsfonds (IWF) über teils gestiegene Importpreise in dem Land besorgt. Dies deute darauf, dass Unternehmen damit beginnen, höhere Kosten auf ihre Preise umzulegen. Am Ende bedeute dies, dass die Zölle von Importeuren, Einzelhändlern und letztlich von den Kunden getragen werden.
Trump drohte bereits mehrmals mit der Entlassung Powells. Die Hürden dafür sind aber hoch: Dafür ist ein "wichtiger Grund" nötig. Juristisch ist die Frage, ob ein US-Präsident einen Notenbank-Chef entlassen kann, nicht vollständig geklärt. Die Amtszeit von Powell endet im kommenden Mai. Doch anders als Trump es gerne nahelegt, entscheidet Powell als Chef nicht alleine über den Leitzins - das macht der Zentralbankrat.
Zuletzt war sich Trump nicht zu schade, neue Argumente für eine Entlassung Powells zu finden oder auch zusammenzureimen: Bei einem Rundgang in der Notenbank hielt Trump ihm angebliche neue Zahlen zu den steigenden Kosten der Renovierungsarbeiten der Federal Reserve in Höhe von 3,1 Mrd. Dollar vor. Powell schüttelte sichtbar den Kopf. Beim Sichten eines Schreibens, das Trump ihm aushändigte, stellte der Fed-Chef fest: "Das ist ein Gebäude, das bereits gebaut wurde. Es wurde vor fünf Jahren fertiggestellt." Später stimmte Trump dann aber neue Töne an: Eine Entlassung sei "ein großer Schritt, und ich halte ihn einfach nicht für notwendig", sagte er.