René Benko
©APA/Barbara GindlDas Urteil gegen René Benko ist gesprochen: 24 Monate Haft, unbedingt. Investigativjournalist Sebastian Reinhart analysiert, was das Urteil über das System Benko verrät – und warum die juristische Aufarbeitung erst begonnen hat.
Nun sitze ich wieder im Zug – diesmal zurück nach Wien. Zwei intensive, turbulente Tage liegen hinter mir. Gespräche und Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus dem In- und Ausland, Interviews, Einschätzungen, kurze Momente des Durchatmens zwischen den Verhandlungstagen. Und jetzt liegt es vor, das Urteil gegen René Benko: 24 Monate Haft, unbedingt. Die Zeit in U-Haft wird ihm angerechnet.
Das Gericht begründete sein Urteil klar und schlüssig. Und der heutige Tag hat vor allem eines gezeigt: wie das System Benko tatsächlich funktioniert hat.
Reine Befehlsempfänger
In den Zeugenbefragungen von „Unterschriften-August“ Marcus Mühlberger und dem „Mann der Zahlen“ Manuel Pirolt wurde erstmals auch vor großem Medienpublikum deutlich, wer im weitverzweigten Signa-Geflecht und dem Schattenreich dahinter das eigentliche Sagen hatte: Für News-Leser wenig überraschend. Es war René Benko selbst.
Auch wenn der Punkt rund um die Mietvorauszahlung – für den Beobachter wenig überraschend – letztlich in einem Freispruch mündete, zeigte sich das System dahinter in aller Klarheit: Zwei Topmanager, reduziert auf das, was Benko von ihnen wollte – ihre Unterschriften. Egal, ob es um Mietverträge oder millionenschwere Kreditverträge ging.
Wachsende Nervosität
Und noch etwas hat dieser Prozess gezeigt: mit welchen Mitteln mittlerweile seine Verteidiger agieren. Gemeint ist dabei nicht Benkos Anwalt Norbert Wess, sondern ein weiterer, von Benko beauftragter Wiener Innenstadtanwalt – mit einem fragwürdigen postalischen Versuch der Kontaktaufnahme zum als Zeugen geladenen Insolvenzverwalter und einer jüngst eingebrachten Strafanzeige gegen einen Schlüsselzeugen. Ein deutliches Zeichen wachsender Nervosität – und der weiter dünner werdenden Luft rund um den einstigen Signa-Herrscher.
Benko selbst hat das Urteil gefasst aufgenommen. An seinem Alltag wird sich vorerst wenig ändern – zumindest bis zur nächsten Haftprüfung. Eine Überstellung zurück nach Wien gilt als wahrscheinlich. Und der nächste Prozess steht bereits vor der Tür. Noch prüft das Oberlandesgericht einen Einspruch gegen die nächste Anklage – ein weiteres Verfahren, erneut wegen eines mutmaßlichen Krida-Delikts, dürfte folgen.
Die wirklich großen Brocken kommen noch
Doch die wirklich großen Brocken – die Millionenverschiebungen rund um die Liechtensteiner und österreichischen Privatstiftungen – stehen erst bevor. Das heutige Urteil ist dennoch ein erster Fingerzeig: dass der Rechtsstaat auch bei vergleichsweise kleinen Summen im großen Signa-Komplex – hier geht es um exakt 300.000 Euro – konsequent handelt und spürbar hart urteilt. Aus generalpräventiven Gründen, wie die Richterin betonte. Denn 300.000 Euro sind für den Durchschnittsbürger eine unvorstellbare Summe. Und nur weil in der Causa Signa mit ganz anderen Beträgen jongliert wurde, darf man das eben nicht aus dem Blick verlieren.
Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Die Sachverhalte in diesem Fall waren durch Konto-Bewegungen und beschlagnahmte Kommunikation einfach nachvollziehbar – noch kein komplexes Firmengeflecht, noch keine verschachtelten Treuhandkonstrukte, noch keine Dutzenden Zeugen. Doch der Prozess hat gezeigt, in welche Richtung die juristische Aufarbeitung gehen wird. Und dass diese gerade erst begonnen hat.
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