Das Bitcoin-Netzwerk verursacht rund 98 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr. Was hinter dem hohen Energiebedarf der Kryptowährung steckt.
Bitcoin und die Umwelt: Zwischen Digitalisierung und Energiebedarf
Bitcoin gilt als Pionier unter den Kryptowährungen – unabhängig, dezentral und technisch innovativ. Gleichzeitig steht das Netzwerk zunehmend in der Kritik: Der Energieverbrauch ist hoch, der CO₂-Ausstoß entsprechend beachtlich. Nach aktuellen Schätzungen des Krypto-Analyseportals Digiconomist verursacht das Bitcoin-System jährlich rund 98 Millionen Tonnen CO₂ – das ist mehr als doppelt so viel wie die gesamten Emissionen der Schweiz (ca. 41 Millionen Tonnen pro Jahr).
Diese Zahlen werfen Fragen auf: Warum benötigt das Bitcoin-Netzwerk so viel Energie – und wie lässt sich dieser Verbrauch einordnen?
Eine Transaktion mit großer Wirkung
Besonders deutlich wird der Energieaufwand bei einzelnen Transaktionen: Eine Bitcoin-Überweisung verursacht derzeit im Durchschnitt so viel CO₂ wie rund 1,4 Millionen Visa-Zahlungen oder das Streamen von etwa 105.000 Stunden YouTube-Videos.
Ursache für diese Differenz ist die zugrundeliegende Technologie. Während klassische Zahlungssysteme zentral verwaltet und optimiert werden, basiert Bitcoin auf einer dezentralen Infrastruktur, die vollständig ohne zentrale Kontrollinstanz auskommt. Die Sicherheit des Systems wird durch die sogenannte Blockchain gewährleistet – eine kontinuierlich wachsende Kette von Datensätzen, die von vielen Teilnehmern unabhängig überprüft wird.
Mining: Energieaufwand durch Rechenleistung
Kern des hohen Energieverbrauchs ist das sogenannte "Mining", also das Verarbeiten und Validieren von Transaktionen. Dabei kommt das Verfahren "Proof of Work" zum Einsatz: Rechner weltweit lösen komplexe mathematische Aufgaben, um neue Blöcke zur Blockchain hinzuzufügen. Nur derjenige, der die Aufgabe zuerst löst, erhält die Belohnung in Form von Bitcoins – alle anderen Teilnehmer haben in diesem Durchlauf Energie verbraucht, ohne dafür kompensiert zu werden.
Diese Konkurrenzsituation führt zu einem hohen Stromverbrauch, da Miner ihre Chancen durch leistungsstarke Hardware und kontinuierlichen Betrieb maximieren wollen. Der Energiebedarf ist daher systemimmanent – und steigt mit der Beliebtheit der Währung.
Herkunft des Stroms als entscheidender Faktor
Wie stark sich das Mining auf das Klima auswirkt, hängt stark von der Art der verwendeten Energiequellen ab. In Regionen, in denen Strom überwiegend aus fossilen Brennstoffen wie Kohle gewonnen wird, ist der CO₂-Ausstoß besonders hoch. In einigen Ländern – etwa in Teilen Chinas oder Kasachstans – wurde Bitcoin-Mining deshalb zeitweise eingeschränkt oder verboten.
Andere Länder mit günstigem und nachhaltigem Strom, etwa Island oder Kanada, versuchen hingegen gezielt, Mining-Aktivitäten anzuziehen. Der globale Charakter des Bitcoin-Netzwerks macht eine allgemeine Regulierung allerdings schwierig.
Technische Alternativen: Proof of Stake als Beispiel
Einige Kryptowährungen setzen bereits auf alternative Mechanismen. Besonders bekannt ist das "Proof of Stake"-Verfahren, bei dem nicht mehr Rechenleistung, sondern der Besitz von Kryptowährung die Grundlage für die Validierung von Transaktionen bildet. Der Energiebedarf ist dadurch deutlich geringer. Ethereum, die zweitgrößte Kryptowährung nach Bitcoin, hat diesen Schritt 2022 vollzogen.
Bei Bitcoin hingegen wird eine solche Umstellung derzeit nicht konkret verfolgt. Technische und politische Hürden sowie die dezentrale Struktur des Netzwerks machen einen Konsens unter den Beteiligten schwierig.
Einordnung und Ausblick
Im weltweiten Vergleich ist der CO₂-Fußabdruck von Bitcoin zwar bedeutend, macht aber im Verhältnis zu anderen Industrien nur einen kleinen Teil aus. Dennoch zeigt das Beispiel, wie digitale Innovationen neue Herausforderungen für Umwelt- und Energiepolitik mit sich bringen können.
Für Anlegerinnen und Anleger wie auch für politische Entscheidungsträger wird es künftig wichtiger, nicht nur wirtschaftliche, sondern auch ökologische Aspekte digitaler Technologien zu berücksichtigen – sei es durch Transparenz, Regulierung oder technische Weiterentwicklungen.