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Wissenschafts-Büchernews: Enns-Porträt, Weinkultur und Astrofotos

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Abtrennung des Flusslaufs und der neu gegrabene Durchstich
©Heinz Wiesbauer, APA
Ein Landschaftsökologe porträtiert die Enns, ein Journalist wandelt auf den kulturhistorischen Spuren des Weinbaus in Mitteleuropa, und ein Salzburger Astrofotograf präsentiert einen neuen Bildband - eine Sammlung an Neuerscheinungen zum Jahresende.

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Nach seinen Büchern über Ybbs, Traisen, Salzach, Traun, Schwarza und Leitha widmet sich der Landschaftsökologe Heinz Wiesbauer in einem neuen Flussporträt der Enns und begibt sich auf reich bebilderten 284 Seiten auf eine "Zeitreise am Wasser". Diese hat einige Überraschungen zu bieten und zeigt, wie stark der Mensch mit seinen Bemühungen, den 254 Kilometer langen Donauzufluss zu zähmen und zu nutzen, diesen verändert hat, und mit ihm die umgebende Landschaft, Flora und Fauna.

Ursprünglich mündete der Oberlauf der Enns im Pongau in die Salzach. Erst als während der Eiszeit das Geschiebe den Weg versperrte, änderte sich der Flusslauf und die Enns entwässerte in östliche Richtung. Anfang des 19. Jahrhunderts wollte man diese Verbindung zwischen oberer Enns und Salzach über einen Kanal wieder herstellen, um Holz zur Saline in Hallein und anderen Bergbaubetrieben zu bringen, doch die napoleonischen Kriege vereitelten diese Pläne, wie Wiesbauer gegenüber der APA erklärte.

Fasziniert ist der Autor von einer wasserbaulichen Überraschung, die seine Recherchen zutage gefördert hat: Bereits im 18. Jahrhundert gab es umfangreiche Rückbaumaßnahmen der Enns. Diese und ihr Nebenfluss Zauch waren 1760 bereits stark reguliert und eingeengt, wodurch bei Hochwasser viel Geschiebe nach Altenmarkt gelangte und den Ortskern mehrmals verwüstete. Von der Salzburger Hofkammer entsandte Wasserbauer suchten die Ursachen und arbeiteten ein Sanierungskonzept aus. Dieses sah u.a. vor, Verbauungen zu beseitigen und dem Fluss wieder mehr Raum zu geben - ein Rückbau "in einer Radikalität, die man heute nicht finden würde", so Wiesbauer.

Doch solche Maßnahmen blieben die Ausnahme - im Laufe der Zeit wurde der Fluss immer mehr reguliert. So wurde das steirische Ennstal trockengelegt. 40 Durchstiche verkürzten den mäandernden Fluss um 20 Kilometer, mit der Eintiefung der Flusssohle erfolgte eine großräumige Entwässerung. Die Folge: Von ursprünglich 1500 Hektar Moorgebieten im steirischen Ennstal sind nur mehr wenige Restflächen vorhanden, rund 2000 Hektar Streu- und Feuchtwiesen in stark gedüngte Fettwiesen umgewandelt. Regulierungen und Kraftwerke haben nicht nur die Vielfalt der Strukturen der Flusslandschaft, sondern damit auch Flora und Fauna stark verändert. Deshalb bemühen sich mehrere Projekte um verbesserte Lebensbedingungen für die Tier- und Pflanzenwelt, die Wiesbauer ebenfalls in dem Buch vorstellt.

(Service: Heinz Wiesbauer: "Die Enns - Eine Zeitreise am Wasser", Verlag Bibliothek der Provinz, 284 S., 28 Euro, ISBN: 978-3-99126-390-6)

Nachdem er sich in seinem vor zwei Jahren erschienenen Buch auf die Fährte des "Wissenschaftlers, Rebenzüchters, Nationalsozialisten Friedrich Zweigelt" geheftet hat, macht sich der deutsche FAZ-Journalist und Lehrbeauftragte für Geschichte des Weinbaus und Weinhandels an der Hochschule Geisenheim, Daniel Deckers in seinem neuen, wieder im Böhlau Verlag erschienenen Werk erneut auf Spurensuche - diesmal über die Kulturgeschichte des Weins und Weinbaus in Mitteleuropa. Ausgehend von sechs Essays, die der Autor für das Weinmagazin "Fine" geschrieben hat, betrachtet er in dem Buch in erweiterter Form die Entwicklung des Weinbaus von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart.

Rund um die Zäsur, die nicht nur der Untergang der Habsburgermonarchie, sondern auch die Teilung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg auch für die Weinkultur in Mitteleuropa bedeutet hat, spannt Deckers den Bogen der wechselvollen Geschichte des Weinbaus von Nordböhmen über Südmähren, die Kleinen Karpaten und Wien, das Burgenland, die österreichische und slowenische Steiermark bis nach Südtirol und ins Trentino. Für ihn haben trotz der noch immer sichtbaren Spuren, die die Katastrophen des 20. Jahrhunderts in der Weinkultur hinterlassen haben, "viele Entwicklungen in den weinbaulich geprägten Grenzregionen Mitteleuropas das Potential, den Traum eines geeinten Europas zumindest im Medium des Weins Wirklichkeit werden zu lassen".

(Service: Daniel Deckers: "Wein und Weinbau in Mitteleuropa", Böhlau Verlag, 451 S., 47 Euro, ISBN: 978-3-205-22228-6)

In seinem ersten Bildband "Kosmos.Licht.Farben" lädt der Salzburger Astrofotograf und Autor Franz Rettenbacher den Betrachter zu einer fotografischen Reise durch die Tiefen des Universums. In hochauflösenden Bildern hat er das oft Millionen Jahre alte Licht von Galaxien, Nebeln und Sternhaufen eingefangen. Rettenbacher gibt auch Einblick in die Prozesse der Astrofotografie und erklärt leicht verständlich astronomische und historische Zusammenhänge. Über QR-Codes bekommt man mit dem Bildband zudem Zugang zu vertonten Videos, die der Autor aus seinen Aufnahmen erstellt hat.

(Service: Franz Rettenbacher: "Kosmos.Licht.Farben", Innsalz Verlag, 248 S., 39 Euro, ISBN: 978-3-903496-43-9)

ENNS - ÖSTERREICH: FOTO: APA/Heinz Wiesbauer

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