von
Während bei einzelnen Erkrankungen - so etwa bei der Influenza - die Nachfrage nach Impfungen deutlich gestiegen ist, lässt die Moral bei anderen Erkrankungen nach wie vor zu wünschen übrig. Und, wie Wiedermann-Schmidt bei einer Pressekonferenz sagte, das Problem liegt vor allem auch darin, die Botschaft an die Bevölkerung zu bringen, denn das Problem sei: "Impfen ist nicht mehr in."
Die Expertin wies darauf hin, dass die Influenza-Welle bereits angesprungen ist und dass sich eine Mutation des Typs H3N2 durchgesetzt habe, die ein bisschen Sorgen bereite. Die Impfung schützt demzufolge nicht so gut vor einer Infektion, wohl aber vor schweren Krankheitsverläufen und minimiert das Risiko für schwere Folgeerkrankungen der Influenza. Unter anderem ist die Gefahr von Herzmuskelentzündungen und Gehirnentzündungen für Patienten, die eine Grippe durchgemacht haben, deutlich höher als bei Gesunden.
Bei Covid ist der Gipfel der Expertin zufolge bereits deutlich überschritten. Bei RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus) hat die Welle Wiedermann-Schmidt zufolge noch nicht eingesetzt, sie erwartet diese aber Ende Dezember oder im Jänner. Auch dagegen gibt es eine Impfung, was vor allem den besonders gefährdeten Säuglingen und Kleinkindern Schutz bietet.
Ein Beispiel für Krankheiten, denen die Chance geboten wird, wieder aufzutreten, sind die Masern: Es habe heuer zwar weniger Fälle gegeben als 2024, aber immerhin 35 Patientinnen und Patienten seien hospitalisiert worden. "Dass es sich um eine leichte Kinderkrankheit handelt, ist sicher die falsche Assoziation", sagte Wiedermann-Schmidt. In der USA und Kanada habe man auch gesehen, was geschehe, wenn die Durchimpfungsrate sinkt - die nordamerikanischen Staaten wurden von einer regelrechten Masernwelle überrollt.
Pertussis oder Keuchhusten tritt ebenfalls wieder verstärkt auf. Wiedermann-Schmidt machte darauf aufmerksam, dass die Auffrischung alle fünf Jahre besonders wichtig sei und es auch einen einfachen Pertussis-Impfstoff gebe. Es sei unter anderem dann zielführend, diesen zu verabreichen, wenn der Schutz gegen die anderen in der Kombi-Impfung abgedeckten Krankheiten wie Tetanus und Diphtherie noch ausreichend vorhanden ist.
Bei der Diphtherie wurden vor allem in afrikanischen Staaten - unter anderem Algerien, Nigeria, Südafrika und Tschad - große Ausbrüche registriert. Aufgrund der regen Migrationsbewegung aus diesen Ländern nach Europa könne das auch hier zu Problemen führen. Hepatitis-A-Erkrankungen sind hierzulande und in benachbarten Staaten wie Tschechien, der Slowakei und Ungarn ein zunehmendes Problem, sagte Wiedermann-Schmidt. Vor allem bei Erwachsenen, Obdachlosen, homosexuellen Männern und Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern traten Fälle auf. "Ich denke, dass wir die Impfprogramme adaptieren müssen", sagte sie. Derzeit sei die Hepatitis-A-Impfung eine reine Reise-Impfung.
Generell seien ständige Anpassungen des Impfplanes sehr sinnvoll. Wiedermann-Schmidt nannte drei Punkte: Erstens gehe es um die Überwachung der Infektionen, zum Beispiel auch durch das Abwassermonitoring. Zweitens sei der elektronische Impfpass sehr wichtig, dieser biete einen Überblick, wer wogegen geimpft ist. Und drittens gehe es um die Kommunikation: "Wie bringen wir die Message an die Bevölkerung?"
Wiedermann-Schmidt, Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferates der Österreichischen Ärztekammer und Gerhard Kobinger, Zweiter Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer, machten darauf aufmerksam, dass es auch Impferfolgsgeschichten gebe, wie die Gratisprogramme gegen Pneumokokken und Herpes Zoster (Gürtelrose) für Über-60-Jährige zeigen würden. Die Experten räumten ein, dass es Engpässe gibt, was vor allem an der Verteilung liegen dürfte. Denn laut Einträgen in den Impfpässen wurden bisher erst 25 Prozent der vorhandenen Vakzine für die Gürtelrose verimpft, "und wir müssen schon wieder nachbestellen", wie Kobinger sagte.
Er erklärte das so, dass manche einen Vorrat für ein Jahr bestellt hätten, andere nur sehr kleine Stückzahlen. Kobinger plädierte für eine Verteilung über die Apotheken: "Wir machen das seit Jahren." Schmitzberger räumte ein, dass gerade die Impfstoffe gegen Herpes Zoster deutlich länger haltbar sind, das von Kobinger gebrachte Argument des drohenden Verwurfs für diese Impfstoffe nicht gelte. Wichtig sei, dass man von dem "mühseligen First-Come-First-Serve-Prinzip" (wer zuerst bestellt, wird zuerst beliefert, Anm.) wegkomme.
Kobinger attestierte aber grundsätzlich: "Die Durchimpfungsraten in Österreich sind nach wie vor deutlich verbesserungswürdig." Er sprach von 15.000 Keuchhustenfällen und kritisierte in dem Zusammenhang Impf-Skeptiker: "Wenn Sie sehen, wie sich Babys und Kleinkinder die Seele aus dem Leib husten und verzweifelt nach Luft ringen, und dann noch immer sagen, Impfen ist nicht das Wahre, dann haben Sie etwas nicht verstanden."
Schmitzberger machte auch darauf aufmerksam, dass die kostenfreie Impfung gegen HPV mit Jahresmitte 2026 ausläuft. Wer sich zur Gänze gratis gegen das Humane Papilloma Virus (HPV) impfen lassen will, muss sich die erste Teilinjektion noch vor Jahresende holen, damit auch die zweite Teilimpfung - vorgesehen sechs Monate nach der ersten - gratis bleibt.
(Service: Österreichischer Impftag am 17. Jänner 2026, Tagung und Fachausstellung von 8.00 bis 17.15 Uhr im Austria Center Vienna, 1220 Wien. Weitere Infos und Anmeldung unter www.impftag.at)
