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"Die Sedimentablagerungen in den Höhlen kamen mir seltsam vor, da sie keinerlei organische Rückstände enthielten - was in einem gemäßigten Regenwaldgebiet, wie auf der Prince-of-Wales-Insel auftretend, höchst unwahrscheinlich ist", schilderte Paul Wilcox, Geologe an der Universität Innsbruck, den Beginn seiner Entdeckung. Um das Alter der Ablagerungen zu bestimmen, griff das Team rund um Wilcox zur OSL. Dabei wird gemessen, wann die im Sediment enthaltenen Quarzkörner zuletzt dem Sonnenlicht ausgesetzt waren - so lässt sich das Ablagerungsalter rekonstruieren.
"Obwohl der Fundort in einer Kalksteinregion liegt, haben wir gerade ausreichend Quarzreste gefunden, dass der Einsatz von OSL möglich war", erklärte Michael Meyer, Leiter des entsprechenden Labors an der Uni Innsbruck. Die Datierung habe jedenfalls ergeben, dass die Sedimente zwischen 20.000 und 17.000 Jahre alt sind.
Diese Zeitspanne fällt mit einer Phase einsetzender Klimaerwärmung zusammen - und gibt Hinweise auf sogenannte "Siku-Ereignisse". Dabei handelt es sich um massive Schmelzwasserfluten im Nordostpazifik, die laut Wilcox "eine Voraussetzung für die im Nordatlantik beobachteten Verschiebungen waren". In der Fachwelt war bisher vor allem von ähnlichen Ereignissen im Nordatlantik die Rede - sogenannte Heinrich-Ereignisse -, die das Klima weltweit beeinflussten.
Die Funde stammen vom Rand des Kordilleren-Eisschilds, einem riesigen Gletscherkomplex, der während der letzten Eiszeit weite Teile Westkanadas und Alaskas bedeckte. Dessen Abschmelzen hatte entscheidenden Einfluss auf den Meeresspiegel und die globale Klimadynamik. "Der Großteil der Sedimente, welche damals im Schmelzwasser transportiert wurden, landete im Meer. Unser Fund ist der erste Nachweis landbasierter Schmelzwasserablagerungen aus diesen Gletschermassen", erklärte Wilcox. Das mache den Fund nicht nur geologisch bedeutsam - sondern sei auch für das Verständnis von Klimaveränderungen besonders relevant.
In den Sedimenten konnten darüber hinaus auch Pollen nachgewiesen werden. "Dies beweist indirekt, dass es während der größten Ausdehnung des Eisschildes möglicherweise eisfreie biologische Refugien gegeben hat, in denen Pflanzen auch unter extremen klimatischen Bedingungen überleben konnten", sagte indes Daniela Festi von Geosphere Austria, die die Pollen analysierte. "In gewisser Weise fungierte die Höhle als eine Art Zeitkapsel, welche die Sedimente über Jahrtausende hinweg konservierte", ergänzte Meyer.
Die Erkenntnisse der Forscher wurden im Fachjournal "Nature Geoscience" veröffentlicht und fließen nun in aktuelle Klimamodelle ein. Sie sollen helfen, mögliche Entwicklungen im Zuge der globalen Erwärmung besser einzuschätzen. Das Team plant indes bereits weitere Expeditionen, um zusätzliche Höhlen in Alaska zu untersuchen. Ziel sei es, die Dynamik des damaligen Eisschild-Rückzugs noch besser zu verstehen - und daraus Erkenntnisse für die Klimazukunft zu gewinnen.
ANCHORAGE (ALASKA) - USA: FOTO: APA/APA/J. Honkonen
INNSBRUCK - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/J. Honkonen
INNSBRUCK - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/J. Honkonen