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Studie: Vereine könnten Ausgleichsflächen für Bauprojekte sammeln

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Vorgaben der Renaturierungsverordnung könnten so erfüllt werden
©SCHNEIDER, APA, HARALD SCHNEIDER
Die Suche nach einer geeigneten Ausgleichsfläche für Bauprojekte ist oft mühsam. Pools mit Vorratsflächen in den Ländern, wie sie neu in der Novelle des UVP-Gesetzes angeführt werden, würden dies erleichtern. Ein Verein könnte sie organisieren, so die Vorständin für Umweltrecht an der Johannes Kepler Uni Linz, Erika Wagner, und die wissenschaftliche Assistentin Daniela Ecker. Mit Hilfe gesammelter Ausgleichsflächen könnte man Vorgaben der Renaturierungsverordnung erfüllen.

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Von Oberösterreichs Umweltlandesrat Stefan Kaineder (Grüne) hatten die Wissenschafterinnen den Auftrag erhalten, eine Lösung für die Organisation derartiger Flächenpools zu finden, die ohne ein neues Landesgesetz auskommt. Eine allgemeine Grundlage sei 2017 im Landesnaturschutzgesetz durch eine Ausgleichsflächenverordnung geschaffen worden, sagen sie. So müssen ökologische Vorratsflächen im oberösterreichischen Landesnaturschutzbuch enthalten sein, um bereits vor dem Eingriff in die Natur die "faktische und rechtliche Verfügbarkeit über Grundflächen" zu gewährleisten.

Eine solche Vorratsfläche ist etwa bei Eitzing im Innviertel entstanden. Über den oberösterreichischen Landesentwicklungsfonds wurde der Kretschbach renaturiert, Feuchtbiotope und Pufferflächen angelegt. Darauf kann als Ausgleichsfläche zurückgegriffen werden, allerdings gilt dies nur für Dienststellen des Amtes der Landesregierung.

Für den anstehenden Bau des dritten Teilabschnitts der Umfahrung Mattighofen-Munderfing etwa hat das Land 12.000 Quadratmeter Ausgleichsfläche aus Mitteln des oberösterreichischen Landschaftsentwicklungsfonds erworben. In Moosdorf wurde so die regulierte und begradigte Strecke des Saurüsselgrabens auf rund 200 Meter Länge "durch Neugestaltung des Gewässerbetts mit pendelndem bzw. leicht mäandrierendem Verlauf renaturiert. Begleitet wird der neue natürliche Gewässerverlauf von Gruppen aus standortgerechten Gehölzen", beschreibt Stefan Reifeltshammer von der Abteilung Naturschutz. Zudem wurden zwei Teiche als Lebensraum für Amphibien angelegt. "Die ökologische Pflege und Bewirtschaftung obliegt nun der Gemeinde Moosdorf."

Nachdem die Bevorratung ökologischer Ausgleichsflächen nur "dem landesinternen Kompensationsbedarf dient", war es nun Aufgabe von Wagner und Ecker, ein Modell zu entwickeln, damit auch Private auf einen Pool zurückgreifen können. Ihr unbürokratischer, pragmatischer Ansatz: Die Gründung eines Vereins nach privatem Recht. Als Mitglieder kommen Projektanten von Bauvorhaben und das Land Oberösterreich in Frage. Die Finanzierung erfolgt eben durch jene Unternehmen, die Ausgleich leisten müssen, sie haben die Kosten zu tragen. Im September soll es einen Runden Tisch mit den Stakeholdern geben.

Drei Aufgabenfelder definierte die Umweltrechtsprofessorin für den Verein: Akquise und Einbringung von geeigneten Liegenschaften, Aufwertung zu Ausgleichsflächen und deren Verwaltung. Im Auftrag von Projektanten oder eigeninitiativ könnte der Verein zuerst Flächen sammeln - durch Ankauf oder Pacht, was in einer Satzung festgelegt werden müsste. Dann entscheidet er, wie diese ökologisch aufzuwerten sind, danach werden sie in den Vorratspool aufgenommen.

Kommt es so weit, dass ein Areal tatsächlich als Ausgleichsfläche für ein Bauvorhaben herangezogen wird, sollte der Verein diese auch verwalten, erläutert Wagner das Vorgehen. Für Projektanten ist das Angebot in "gesammelter, transparenter Form" abrufbar, sie profitieren von der besseren Verfügbarkeit von geeigneten Ausgleichsflächen, dies vereinfacht und beschleunigt die Suche. Außerdem würden Pools eine strategische Planung ermöglichen und die ökologische Vernetzung fördern. "Durch eine gebündelte Bewirtschaftung und die Sicherstellung, dass die Bewirtschaftungsmaßnahmen langfristig durchgeführt werden, wird die Natur besser geschützt", sagt Ecker.

"Es braucht eine Plattform, einen Broker, der die verschiedenen Spieler zusammenbringt", meint auch Oberösterreichs Umweltanwalt Martin Donat ganz allgemein. Er sieht vor allem ein Problem darin, die Flächen zu pflegen. In Oberösterreich seien etwa "die am meisten gefährdeten Flächen die Wiesenflächen, da niemand da ist, der sie mäht", sagt er. "Es hilft mir die beste Ökomaßnahme nichts, wenn sie nachher versumpert." Daher brauche es Pflegeverbände, die gebe es in Österreich aber nur ansatzweise. Der Verein würde, laut Vorstellung der Wissenschafterinnen, dies tun.

Aber sie sehen noch einen weiteren Vorteil: Die Renaturierungsverordnung sieht vor, dass alle Mitgliedsländer ein Mehr an ökologisch besseren Flächen zu schaffen haben. Mit Hilfe der gesammelten Ausgleichsflächen könnte man zugleich die Ziele der EU-Verordnung erfüllen. Der Verein soll "sozusagen auch das schon im Blick haben", denn die Renaturierungspläne, die 2026 das erste Mal vorliegen müssen, sollten "ein grobes Konzept zur Etablierung von neuen Flächen, die einen guten ökologischen Zustand haben, beinhalten", führt Wagner aus.

++ THEMENBILD ++ Die Gesellschaft für Österreichisches Deutsch in Graz hat wieder mit Unterstützung der APA – Austria Presse Agentur,die Wörter des Jahres gewählt. Wort des Jahres wurde 2024 "Renaturierung".

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