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Starkregen überfordert urbane Systeme - TU Graz bietet Lösungsansätze

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Starkregen-Ereignisse wurden in den vergangenen 40 Jahren intensiver
©Georg Moritz, APA, dpa, Themenbild
Urbane Wasserabflusssysteme sind nicht auf Starkregen ausgelegt. Niederschlag kann auf Plätzen und Dächern nicht versickern und rinnt in Kanäle, die schnell am Rande ihres Fassungsvermögens sind. Die Folge: Keller und Straßen werden überschwemmt. Mit gezielten Maßnahmen kann das Risiko gemindert werden. Forschende der TU Graz zeigen, dass in der Landeshauptstadt ein Rückhalte- und Versickerungspotenzial von rund einer halben Million Kubikmetern Wasser erreicht werden könnte.

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"Uns ist bewusst, dass wir nicht die gesamte Stadt umbauen können", sagte Dirk Muschalla vom Institut für Siedlungswissenschaft und Landwirtschaftswasserbau der TU Graz. Gemeinsam mit Albert König von derselben Abteilung leitete er das Untersuchungsteam. Dabei beschränkten sie die Kalkulationen auf öffentliche Flächen und bestehende Bauvorschriften zur Regenrückhaltung auf privatem Grund. Begleitet und finanziert wurden sie vom Land Steiermark Abteilung 16 Verkehr und Landeshochbau, der Stadt Graz Abteilung Grünraum und Gewässer sowie der Holding Graz GmbH Spartenbereich Wasserwirtschaft und Stadtraum.

Sickerfähige Parkplätze oder der Ausbau der Grünflächen neben Straßen zu Retentionsmulden, also Vertiefungen, die Wasser zurückhalten können, sind zwei der von den Forschenden vorgeschlagenen Maßnahmen für den öffentlichen Raum. Ihr Ziel war es, ein Bündel an realisierbaren Handlungsvorschlägen zu definieren, um negativen Folgen durch Niederschlagswasser möglichst effektiv entgegenzuwirken.

Erst heuer veröffentlichte unter anderem die Uni Graz eine Studie, die verdeutlichte, dass Starkregen-Ereignisse in den vergangenen 40 Jahren intensiver wurden. Die Wassermenge innerhalb eines Tages bei Extremwetter stieg um acht Prozent. Dieses österreichische Ergebnis ist nur ein Beispiel für die steigende Gefahr durch Niederschläge. Eine im November 2024 beschlossene EU-Abwasserrichtlinie verlangt daher, dass in städtischen Gebieten mehr Grün- und "Blauflächen" - also Bäche, Teiche, Seen - geschaffen werden. Es sollen also vermehrt naturnahe Elemente, wie begrünte Dächer oder Bäche, in die Gebiete integriert werden.

Eine Möglichkeit, um diese Richtlinie umzusetzen, stellen Baumrigolen dar, welche von dem Grazer Forschungsteam besonders genau untersucht wurden. Rigolen sind unterirdische Pufferspeicher. Diese Versickerungsanlagen rund um Baumwurzeln liegen unter Parkplätzen, Geh- oder Radwegen. Grober Kies und Substrat ermöglichen der Pflanze das ungehinderte Wachsen, wodurch auch der Hitzeinsel-Effekt bekämpft wird. Alleine diese Maßnahme ergab in Graz ein Wasserspeichervolumen von rund 65.000 Kubikmetern. Etwa die doppelte Rückhaltefähigkeit konnten die vorgeschlagenen Methoden für den öffentlichen Raum insgesamt erreichen. "Das Potenzial, eine Stadt wie Graz mit naturnahen Maßnahmen besser gegen Starkregenereignisse zu schützen, ist sehr groß", sagte König.

Bei privaten Neubauprojekten in Graz muss nachgewiesen werden, dass das jeweilige Grundstück die Wassermenge eines bis zu 30-jährigen Regenereignisses - also ein Niederschlag, der in dieser Stärke statistisch gesehen nur alle 30 Jahre auftritt - zurückhalten kann. Da diese Bauvorschriften nur zukünftige Projekte betreffen, würden ihre Auswirkungen erst zukünftig nach und nach sichtbar, so Muschalla. Berechnet wurde ein Wasserrückhaltevolumen von rund 296.000 Kubikmetern Wasser.

Die Grazer Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne) erklärte in der Aussendung zu der Untersuchung: "Das bestärkt uns darin, den bereits eingeschlagenen Weg der Entwicklung von Graz hin zur Schwammstadt konsequent fortzusetzen und unsere europäische Vorreiterrolle in diesem Bereich weiter auszubauen."

22.05.2024, Brandenburg, Potsdam: Eine Radfahrerin und ein Auto fahren im Schritttempo durch die überflutete Zeppelinstraße. Starkregen hat am späten Nachmittag in Potsdam die Kreuzung Zeppelinstraße/Geschwister-Scholl-Straße unter Wasser gesetzt. Foto: Georg Moritz/dpa +++ dpa-Bildfunk +++.

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