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Lang wirksames Präventionsmedikament gegen Influenza

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++ ARCHIVBILD ++ Vorbeugung soll effizienter werden
©APA, dpa, Philip Dulian
Bei jährlichen Influenza-Wellen und oft geringer Beteiligung an Impfungen ist wohl jedes zusätzlich wirksame Mittel recht, um Erkrankungen zu verhindern. Vor wenigen Tagen hat der US-Pharmakonzern MSD bekanntgegeben, das kalifornische Biotech-Unternehmen Cidara für bis zu 7,9 Mrd. Euro zu kaufen. Es geht um die bisher erfolgreiche Entwicklung eines lang wirksamen Influenza-Präventionsmittels, das keine Vakzine ist.

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Der Clou, der dem Pharma-Riesen Merck, Sharp und Dohme die Milliardensumme wert ist, steckt in "CD388". Es handelt sich dabei um eine neue Form eines Arzneimittels gegen eine Viruserkrankung. Die Wissenschafter haben den alten Anti-Influenza-Wirkstoff Zanamivir mit der "Schwanzregion" von humanen Antikörpern verbunden. Auf einem solchen Antikörperfragment steckt eine Vielzahl von Zanamivir-Partikeln. Während der biotechnologisch hergestellte Antikörperteil (Fc-Region) vor allem eine lange Halbwertszeit im Körper vermitteln soll, entfaltet der Zanamivir-Wirkstoff seinen Effekt gegen Influenza A- und Influenza B-Viren.

"CD388" ist ein neues, vielfach wirksames Konjugat aus Zanamivir, das stabil an einen Fc-Teil eines humanen Immunglobulins mit einer langen Halbwertszeit zur Verhinderung der Influenza gekoppelt ist", hieß es in einem Studienbericht in "Clinical Infectious Diseases" im Oktober dieses Jahres (https://doi.org/10.1093/cid/ciaf465). In der Studie war das Prinzip für die Wirkung des Medikaments an einigen Dutzend gesunden Probanden getestet worden, die später künstlich (Nasenspray) einer Influenza-Infektion ausgesetzt wurden (A/H3N2).

Der antivirale Wirkstoff Zanamivir ist an sich alt. Er gehört zu den sogenannten Neuraminidasehemmern. Sie wurden um die Jahrtausendwende auf den Markt gebracht und sollten sowohl zur Vorbeugung als auch zur Behandlung der Influenza eingesetzt wird. Neuraminidase-Hemmer blockieren das Enzym Neuraminidase auf der Oberfläche der Viren und verhindern ihre Freisetzung aus infizierten Zellen. Zanamivir wurde als Trockenpulver zum Inhalieren formuliert, das zweite derartige Medikament mit dem Wirkstoff Oseltamivir gab es in Tablettenform. Beide Medikamente sollten so früh wie möglich, bei den ersten Anzeichen einer Grippe, angewendet werden. Ein Effekt trat vor allem mit einer etwas verkürzten Krankheitsdauer bei Verwendung als Therapeutikum ein. Es gab aber auch starke Zweifel an der Wirksamkeit.

Das neue Prinzip mit dem Konjugat des Antikörper-Fragments mit dem synthetischen Wirkstoff zielt hingegen auf die Prävention der Influenza ab. Dazu gibt es bisher vielversprechende Informationen aus einer Placebo-kontrollierten Studie der Phase II. Dabei wurde die einmalige Injektion von 150 Milligramm, 300 Milligramm, 450 Milligramm des Wirkstoffes oder ein Placebo in Gruppen von jeweils etwas weniger als 1.200 Probanden untersucht. Die Teilnehmer an der Studie bekamen das Medikament oder das Placebo vor Beginn der Influenza-Saison und wurden 24 Wochen lang überwacht. Etwaige Influenza-Erkrankungen wurden per Labor und laut den klinischen Symptomen diagnostiziert.

In der höchsten Dosis von "CD388" zeigte sich eine Wirksamkeit gegen bestätigte Influenza von 76,1 Prozent, mit der mittleren Dosis eine Wirksamkeit von 61,3 Prozent, in der niedrigsten Dosis eine von 57,7 Prozent - alles im Vergleich zu der Placebogruppe. Ganz ähnlich sahen die Ergebnisse für sekundäre Kriterien wie festgestellte Körpertemperaturerhöhung auf mehr als 37,8 oder mehr als 37,2 Grad Celsius aus.

"Ergebnisse wie diese sind beispiellos bei der Influenza und unterstützen unser Vertrauen in das Potenzial von 'CD388', einen robusten, einmal pro Saison möglichen Schutz gegen Influenza A und B zu bieten", sagte Jeffrey Stein, Geschäftsführer des US-Biotech-Unternehmens laut einer Presseausendung anlässlich der Bekanntgabe der Studienergebnisse Ende Juni dieses Jahres. "Als langwirksames antivirales Medikament wurde 'CD388' entwickelt, um einmal pro Saison Schutz gegen alle Influenza-Stämme bei allen Menschen zu bieten, unabhängig vom Immunstatus. Diese Resultate stärken unsere Überzeugung, dass 'CD388' eine bemerkenswerte Gelegenheit für einen breiten Grippeschutz bietet."

Mittlerweile laufen zu dem Projekt bereits große Wirksamkeitsstudien der Phase III, die für eine allfällige Zulassung des potenziellen Medikaments notwendig sind. Rund 340 Millionen US-Dollar an Unterstützung kamen dafür vom US-Gesundheitsministerium, speziell über das sogenannte BARDA-Programm für biomedizinische Forschung. Die US-Gesundheitsbehörden sind im vergangenen Jahr mit dem Amtsantritt von Donald Trump und unter Gesundheitsminister Robert Francis Kennedy als deklariertem Impfgegner auf einen impfskeptischen Kurs eingeschwenkt. "CD388" ist ein anderes Wirkprinzip. Ursprünglich hatte es zur Substanz-Palette des US-Pharmakonzerns Johnson & Johnson (Janssen-Cilag) gehört. Dort hatte man aber die Forschung zu Antiinfektiva und Impfstoffen im April 2024 drastisch zurückgeschraubt.

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