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Seit Dienstag kann Meta personenbezogene Daten aus öffentlichen Profilen von erwachsenen europäischen Facebook- und Instagram-Nutzern zum Training von Künstlicher Intelligenz (KI), etwa der Software Meta AI, verwenden, sofern diese nicht aktiv widersprochen haben. Argumentiert wird das mit einem "berechtigten Interesse" an der Verwendung der Daten. Kritiker sehen einen Verstoß gegen europäisches Datenschutzrecht, Meta weist die Vorwürfe zurück.
Die NGO None Of Your Business (noyb, "Geht Dich Nichts An") des österreichischen Datenschutzaktivisten Max Schrems hat bereits im Vorfeld eine Unterlassungsaufforderung in Form eines Abmahnschreibens an Meta geschickt und droht mit einer Europäischen Verbandsklage. Von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (NRW) wiederum wurde beim Oberlandesgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen die Nutzung der Userdaten für die KI-Schulung beantragt.
Das hat nun entschieden, dass Meta die Daten aus öffentlich gestellten Nutzerprofilen verwenden darf. Nach vorläufiger Prüfung liege weder ein Verstoß gegen Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGV) noch gegen den Digital Markets Act (DMA) vor, heißt es in einer Presseaussendung des Gerichts. Diese Einschätzung stimme auch mit der aufsichtsrechtlichen Bewertung durch die für Meta zuständige irische Datenschutzbehörde überein.
Das Unternehmen verfolge einen legitimen Zweck, der nicht durch andere Mittel, die weniger einschneidend wären, erreicht werden könnte. Außerdem würden die verwendeten Daten keine Namen, E-Mail-Adressen oder die Postanschrift einzelner Nutzer enthalten. "Meta sagt angeblich, dass sie Maßnahmen getroffen hätten, um zu vermeiden, dass sensible personenbezogene Daten verarbeitet werden. Aber Details weiß natürlich niemand, der den Maschinenraum von Facebook nicht kennt", so Forgó. Er verweist auf politische Überzeugungen oder sexuelle Orientierung - Informationen, die auf Facebook häufig vorkommen.
Meta hatte die Pläne verteidigt: "Dieses Training ist in der Branche üblich und entscheidend dafür, dass unsere modernen KI-Produkte und -Modelle die deutsche Kultur, Sprache und Geschichte zunehmend besser verstehen und wiedergeben." Außerdem habe man den Menschen in der EU eine Möglichkeit gegeben, gegen die Nutzung ihrer Informationen für diese Zwecke Einspruch zu erheben, und sie über dieses Recht per E-Mail und In-App-Benachrichtigungen informiert.
Anstelle eines Opt-outs, wie bis gestern, Montag, möglich, im Einzelfall um Einwilligung fragen zu müssen, ist laut Forgó auch angesichts der Geschwindigkeit, mit der sich die Technologie entwickle, und des disruptiven Marktes nur schwer umsetzbar. Datenschützer Schrems hatte den Konzern aufgefordert, Betroffene um ihre Einwilligung zu bitten. "Es gibt unzählige andere Firmen, bei denen wahrscheinlich genau das Gleiche passiert. Die sind allerdings weniger deutlich im Schaufenster wie Facebook", ist Forgó überzeugt.
Auch nach Ablauf der Frist sei ein Widerspruch möglich. Ob die Daten, wenn der Widerspruch berechtigt ist, dann aber auch tatsächlich gelöscht würden oder überhaupt gelöscht werden könnten, sei unklar. Sind die Daten bereits in den KI-Systemen, dürfte es schwierig sein, sie wieder zu entfernen, so der Rechtswissenschafter. Einerseits sei kaum nachvollziehbar, wo welche Daten vorhanden sind oder waren, andererseits wisse man nicht, was KI-Modelle auf Grundlage welcher Daten machen. Letztendlich werde wohl der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden, ob ein "berechtigtes Interesse" anzunehmen sei. Das könnte aber noch Jahre dauern, so Forgó.
In Wien findet übrigens derzeit eine internationale "Digital Humanism"-Konferenz statt. Noch bis Mittwoch werden unter dem Motto "Shaping our digital future" die gesellschaftlichen Auswirkungen digitaler Technologien diskutiert. Thema ist unter anderem wie algorithmische Systeme demokratische Prozesse beeinflussen.
SCHWERIN - DEUTSCHLAND: ++ ARCHIVBILD ++ (ARCHIVBILD VOM 16.5.2024) - FOTO: APA/APA/dpa/Jens Büttner